Heaven Shall Burn + Deathrite
Zoom Frankfurt
20.09.2016
„Wanderer“ Club Tour 2016



Manche Dinge machen die Saalfelder Heaven Shall Burn einfach anders als andere Bands. Obwohl sie sich seit Jahren zunehmender Beliebtheit erfreuen und ihre Slots auf den zurückliegenden Open Airs dies genauso dokumentieren wie die dabei präsentierte Bühnenproduktion, tun die Thüringer vor allem das, worauf sie gerade Lust haben. Daher bucht man auf dem vorläufigen Höhepunkt der eigenen Beliebtheit nicht etwa eine groß angelegte Arenatour, sondern geht in die genau entgegengesetzte Richtung. Zum Release von „Wanderer“ wollen die fünf Freunde lieber mit ihren Die-Hard-Fans auf Tuchfühlung gehen und präsentieren sich mehr als ohnehin schon als Band zum Anfassen. Heißt im Klartext: Für ihre Verhältnisse winzige Clubs, keine Fotogräben, niedrige Decken, keine Effekte und ein Bad im gemeinsamen Schweiß.


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Zum Anschwitzen dürfen DEATHRITE einige Songs in den bereits bestens gefüllten Club ballern. Dass die Death Metaller 20 Minuten zu früh auf die Bühne gehen ist kein Faktor, denn der ursprünglich anberaumte Start um 21:00 wäre für unter der Woche ohnehin nicht im Interesse der meisten Besucher gewesen. Entsprechend ist auch niemand traurig, dass HEAVEN SHALL BURN etwas früher als geplant auf der Bühne stehen. Nachdem man sich den kurzen Weg durch die wartenden Fans vom Backstageraum auf die Bühne gebahnt hat, liefern die Helden des Abends mit „Endzeit“ direkt den ersten amtlichen Abriss ab. „Ossi Power!“ ruft da ein euphorisierter Mosher in die erste Ansage, was Ober-Charmeur Marcus Bischoff souverän mit „davon kriegst du hier genug“ pariert. Überhaupt: Der Frontmann ist genau wie seine Mitstreiter bestens aufgelegt und lässt sich auch von einem kleinen Unfall im Eifer des Gefechts nicht davon abhalten, weiter Vollgas zu geben. Nach einem Schlag aufs Knie verzieht der Sänger zwar für ein paar Minuten das Gesicht und humpelt ein wenig über die Bühne, aber nur Minuten später ist der Schmerz vergessen - Profi bleibt Profi. Und zur Not kann man ja auch die Anhänger den Gesang übernehmen lassen, wovon der hauptberufliche Krankenpfleger auch angesichts der räumlichen Nähe zum Publikum gerne und häufig Gebrauch macht. Und in Hessen hat man seine Hausaufgaben gemacht und kann nicht nur die Hits wie das mächtige „Godiva“, „Combat“ und die famose Coverversion „Black Tears“ im Schlaf mitbrüllen. Noch dazu gibt die Mainmetropole unentwegt Vollgas, der Pit kühlt nur zwischen den Songs kurz ab, während sich immer und immer wieder ein amtlicher Circlepit in dem kleinen Club auftut und den einen oder anderen Headbanger kurz verschluckt und danach patschnass wieder ausspuckt. Auch zu den frischen Großartigkeiten wie „Downshifter“ und „Bring the War Home“ vom gerade erschienenen „Wanderer“ fliegen die Körper durch das Zoom, dessen niedrige Decke so manchen Crowdsurfer verdächtig nah an den Lüftungsschächten und anderen Teilen der Deckenkonstruktion vorbei segeln lässt. Schonen tut sich trotzdem niemand, wobei sicherheitshalber mehrfach darauf hingewiesen wird, trotz Abrissfaktor 100 Rücksicht auf die anderen Besucher zu nehmen, was die Frankfurter dank ihrer guten Kinderschule auch gerne umsetzen. Und trotzdem geht an diesem Abend scheinbar alles, was die Band ein ums andere Mal breit grinsend dastehen lässt. Bei so viel gegenseitiger Wertschätzung bleibt sogar noch Zeit für ein bisschen Höflichkeit: So geht etwa ein Crowdsurfer, der gerade zum Ende eines Songs auf die Bühne fliegt, flott in Deckung, um nicht der nächsten Ansage im Weg zu stehen, was selbst die abgezockten Profis von HSB überrascht. An anderer Stelle kommt Sänger Bischoff der Bitte eines Fans aus der ersten Reihe nach und bringt dessen Brille mal eben neben dem Drumriser in Sicherheit, damit der junge Mann weiterhin Vollgas geben kann. So gibt das längst durchnässte Zoom eine nachdrückliche Bewerbung um den Höhepunkt dieser an Intensität nur schwer zu toppenden Clubtour ab, die an jedem Abend mit dem Klassiker „The Weapon they fear“ und der launigen Blind Guardian-Coverversion „Valhalla“ (wo nehmen die Leute eigentlich nach 90 Minuten noch diese Kraftreserven her?!) endet. Vom „neugeborenen“ „Wanderer“ hätte es vielleicht die eine oder andere Nummer mehr sein dürfen („Passage of the Crane“, „A River of Crimson“), aber wir wollen nicht zwanghaft einen Makel an dieser Machtdemonstration finden. Bassist Eric Bischoff feierte in der Mainmetropole übrigens seinen Geburtstag samt Ständchen vom kompletten Club. Man kann seinen Ehrentag schlechter zubringen.

Markus Rutten - www.sounds2move.de 



Setlist Heaven Shall Burn:

Awoken (Intro)
Endzeit
Voice of the Voiceless
Bring the War Home
Counterweight
Combat
Land of the Uprising Ones
Downshifter
To Inherit the Guilt
Hunters will be hunted
Die Stürme rufen dich
The only Truth
The Fire
Godiva
Black Tears (Edge of Sanity-Cover)
Trespassing the Shores of your World

Thy shall not pass
The Weapon they fear
Valhalla (Blind Guardian-Cover)