Kyle Gass Band

Kulturkeller Fulda

11.08.2015

European Summer Tour 2015

 

 

Für die einen ist er ein kleiner, leicht rundlicher Mann mit Halbglatze, der nicht all zu eitel ist, wenn es um sein Äußeres geht. Für andere - die Erleuchteten - ist er eine fast schon überlebensgroße Ikone des Rock. Die Rede ist von Kyle Gass, den Rockerinnen und Rockern vor allem als die eine Hälfte der überirdischen Tenacious D bekannt. Ein Typ wie er würde auf den ersten Blick kaum für Hysterie sorgen, schon gar nicht wenn er eine Adidas-Jogginghose und ein einfaches, schwarzes T-Shirt trägt. Eigentlich, denn tatsächlich spielt er nicht nur bei The D an der Seite von Jack Black groß auf, sondern auch noch in der Rock-Supergroup Kyle Gass Band, deren Debüt seit ein paar Monaten auch in Europa erhältlich ist und das die fünf Rock-Götter nun bereits zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit auf deutsche Bühnen spült. Dabei ist man sich seiner Sache scheinbar so sicher, dass man sogar einen Abstecher ins ansonsten in vielen Fällen schmerzlich ignorierte, und dabei doch eigentlich so schöne Fulda wagt. Ein vermeintliches Risiko, das sich schnell entkräften lässt, denn die Barockstadt hat ordentlich Bock auf KG und seine Jungs und füllt den Kulturkeller trotz des warmen Sommerwetters zu drei Vierteln.

 


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Natürlich ist ein Großteil der überwiegend eher jüngeren Fans gekommen, um Spaßvogel Kyle leibhaftig und aus ungeahnter Nähe erleben zu können. Dafür sprechen allein schon die unzähligen Shirts seiner Hauptband, die heute stolz aufgetragen werden. Aber auch die Kyle Gass Band muss sich keinesfalls verstecken, was dieser Abend noch unterstreichen wird. Auf etwaige Vorturner wird jedenfalls verzichtet, die erste und einzige Attraktion des Abends ist THE KYLE GASS BAND und die schlappt mit etwas Verspätung auf die Bühne des schon gut gefüllten, aber auch relativ schweißtreibenden Kulturkellers. Mit etwas Verzögerung kommt dann auch der Mainman des Abends hinter dem Vorhang hervor, und in den vorderen Reihen kann man die Begeisterung in den Gesichtern wie in einem offenen Buch lesen: Er ist es wirklich. Hier bei uns. Starallüren? Wenn, dann gespielte, aber ansonsten ist Kyle Gass ein "Rockstar" zum Anfassen, der noch während des ersten Songs erst mal großzügig die ihm gereichten Hände abklatscht und sich auch für die eine oder andere Ghettofaust nicht zu schade ist. Dazu setzt es ein souverän vorgetragenes "Manchild", das die Band nicht nur inhaltlich zusammenfasst, sondern abgesehen davon auch ein ziemlich guter Song ist. Fulda jedenfalls hat direkt Spaß und schmunzelt bei Kyles Feststellung "I love a good Keller" und hat direkt seinerseits ein paar schmissige Kommentare parat als gefragt wird, ob es bis dahin irgendwelche Fragen gibt. Bei der nach seinem Stylisten muss KG sogar selbst lachen und rettet sich nach ein paar flotten Kommentaren erst einmal in "Gettin' the Band back together" und unternimmt dazu einen großzügigen Spaziergang durch den kompletten Club, um auch die hinteren Reihen mit seiner Leibhaftigkeit zu erleuchten. Soviel zu den klaren Vorzügen eines kleinen Clubs mit niedriger Bühne. Das Tempo bleibt im Anschluss erst mal hoch, die trotz wenig Bewegungsraum bestens gelaunte Band wirft sich verbal die Bälle zu und so bücken sich Musiker und Fans abwechselnd weg - um einen dummen Kommentar ist hier scheinbar niemand verlegen. Eine kleine Auszeit von den cool rockenden Großtaten darf es dann trotzdem sein, also wird mit "Tremendous" und "Bro Ho", der von Gitarrist Mike "Sasquatch" Bray vorgetragenen Liebeserklärung an den einzig wahren Typ Frau, erst mal in den Relax-Modus geschaltet. Da ahnt noch niemand, dass vor allem der Puls von Leadgitarrist John "Kones" Konesky kurze Zeit später in die Höhe schnellen wird. Während "Ram-Dam-Bunction" gibt nämlich seine Monitorbox zeitweise den Geist auf, was nicht nur zu Lasten des Sounds geht, sondern auch für unfreiwillig hektisches Treiben sorgt. Bis zu "Questionable" wird die Sache leider nicht besser, sondern sogar noch schlimmer, bis das Teil komplett seinen Geist aufgibt und Kones kurzzeitig durchaus gewillt scheint, seine Axt in bester Rock ´n´ Roll-Manier einfach durch die Membran zu feuern. Nur gut, dass wenige Minuten zuvor der große Auftritt von Drummer Tim Spier, der sich durchaus wacker als Sänger geschlagen und unter anderem den Theme-Song vom "Prince of Bel Air" zum Besten gegeben hat, für derart gute Stimmung gesorgt hat, dass der Kyle Gass Band auch dieser dicke Technik-Bock nicht die Laune verhageln kann. Wird halt improvisiert und als einige Kommentare später (Mike zu Kones: "Nimm doch meine Gitarre, wenn ich nicht dabei bin, fällt das eh keinem auf - ich bin nur Deko!") immer noch kein Land in Sicht ist, greift Kyle in eine Trickkiste, die eigentlich per se verboten ist bei KGB: Er stimmt einen Tenacious D Song an! Um nicht mit seinem Vorsatz keinen The D Song zu singen brechen zu müssen, lässt er einfach die Fans "Fuck her gently" intonieren und belässt es selbst beim nötigen akustischen Unterbau. Dachte man die Feierlaune des Publikums könnte nicht mehr getoppt werden, kommt es für die Kyle-Maniacs im Anschluss sogar noch besser. Monitorbox? Immer noch im Arsch. Was nun? Kyle: "Ach scheiß drauf, ich habe ein schlechtes Gewissen!" Spricht's und stimmt mit Mike gemeinsam den The D-Klassiker "Tribute" (mit an die aktuelle Situation angepasste Textpassagen) an, diesmal übernehmen die beiden den Gesang auch noch selbst, und für das Volk im Kulturkeller fallen mir nichts, dir nichts Weihnachten und Ostern auf einen Tag. Weltpremiere! Jetzt gibt es endgültig kein Halten mehr, beschissenes Equipment hat wohl noch nie für solche Jubelstürme gesorgt.

 


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Danach wird das reguläre Set beendet, die Technik streikt immer noch. Ohne Zugabe kommt die Kyle Gass Band heute aber trotzdem nicht lebend aus dem Laden und so tritt Mike dann tatsächlich seine ziemlich coole, türkise Axt an Kones ab und beschränkt sich eben auf die Vocals und ein bisschen Schabernack, während mit mittlerweile seliger Gleichgültigkeit ob der mangelhaften Ausrüstung mit jeder Menge Spielfreude "Gipsy Scroll" gezockt wird. Noch während der Song in den letzten Zügen liegt, entschwindet KG Himself durchs Publikum in Richtung Merch-Stand, wo der nun gar nicht mehr so überlebensgroße Sympath völlig allürenfrei und bis zum letzten Eddingstrich alles signiert, was die Fans ihm vor die Nase halten, er in jede Kamera und jedes Smartphone lächelt und er zudem auch ein paar kurze Worte für jeden übrig hat, der an diesem Sommertag den Kulturkeller dem lockenden Biergarten vorgezogen hat. Auch die anderen Bandmitglieder, die nur wenige Minuten später zwischen den Fans wieder auftauchen, sind bald von Besuchern umringt (Kones entschuldigt sich gefühlt bei jedem Besucher persönlich für die Technikpanne und sein kurzzeitig verdunkeltes Gemüt), signieren und fotografieren was das Zeug hält und geben sich so volksnah wie noch vor wenigen Augenblicken, als auch schon mal ein Bier aus dem Publikum angenommen und mit dem Gönner angestoßen wurde. Umso mehr ärgert man sich da über die Spezialisten, die kurz nach Show-Ende ihre gute Kinderschule vergessen und sich großzügig auf der Bühne bedienen. Ein in einer Pfütze liegendes Pick einzusammeln sollte durchaus noch erlaubt sein, einen Stick von den Toms zu stibitzen oder in den für die Band bereitgestellten Bierkasten auf der Bühne zu langen, ist schon grenzwertig. Aber sich kurzerhand eine der beiden Flöten von Kyle unter den Nagel zu reißen und zu meinen man könne damit auch noch unbehelligt aus dem Laden verschwinden, ist an Dreistigkeit und Unverfrorenheit wohl nur schwer zu überbieten. Mit vereinten Kräften kann der Langfinger zum Glück kurz vor dem Ausgang gestellt werden. Die Band bekommt davon erst mal nichts mit und ist nach wie vor voll und ganz im Meet & Greet-Modus. Wie schon beim "Speaker Gate" lautet das Fazit am Ende: Klippen umschifft, alle zufrieden. Ein bekannter Mann hat mal gesagt: Nur das Genie beherrscht das Chaos. So gesehen ist die Kyle Gass Band vielleicht doch das Kollektiv von Lichtgestalten und großen Persönlichkeiten, als dass es sich selbst gerne augenzwinkernd anpreist.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de

 

  

Setlist:

 

Manchild

Gettin' the Band back together

Dyin' Day

Our Job to Rock

Tremendous

Bro Ho

Hell or High Water

I want you back (The Jackson 5-Cover

Black or White (Michael Jackson-Cover)

The Fresh Prince of Bel Air (Theme-Cover)

Green Eyes Lady (Sugarloaf-Cover)

Ram-Damn-Bunctious

Questionable

Fuck her gently (Tenacious D-Cover)

Tribute (Tenacious D-Cover)

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Gypsy Scroll