Halestorm + Nothing More, Wilson

Batschkapp Frankfurt

01.04.2015

Into the Wild Life - European Tour

 

 

 


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Verkehrte Welt bei Halestorm: Ihre erste Europatour zum dritten Album "Into the Wild Life" endet fast genau eine Woche vor dem Veröffentlichungstermin besagter Platte. Man betreibt also gewissermaßen Präventivwerbung, macht die Anhänger scharf auf den neuen Langspieler und präsentiert natürlich auch neues Material. Man geht also einen Schritt weiter als vor fast genau einem Jahr, als man bereits einen Track mit dem Arbeitstitel "Mayhem" ausprobierte - das war noch bevor irgendwelche neue Musik im Studio aufgenommen wurde. Scheinbar hat sich das Stück bewährt, denn es ist nun in genau dieser Version auf dem neuen Album gelandet.

 

Bevor es jedoch weitere Appetithappen gibt, sind erst mal WILSON an der Reihe, die im Sommer ein neues Album an den Start bringen und jetzt schon mal die Gelegenheit nutzen, um in Europa ihre "Fuckery Worldwide Tour" über die Bühne zu bringen. Das klingt ungefähr so durchgeknallt wie die Jungs auch auf die Bretter kommen, nämlich mit verdammt viel Energie, unbändigem Bewegungsdrang und einem rauschebärtigen Sänger, der in Spielmannszug-Uniform und mit umgebundener Basedrum auf die Bühne gestürmt kommt. Es folgen 30 Minuten Vollgas Rock mit der einen oder anderen kleinen Singalong-Einlage und einem Frontmann, der den Namen Rampensau mehr als verdient hat, egal ob er inbrünstig brüllend neben dem Drumkit kauert oder mit den letzten Tönen von "Susan Jane" kurzerhand die Abkürzung von der Bühne mit einem Hechtsprung in die Zuschauer nimmt. Davor hat er unter anderem dem heutigen Headliner den AC/DC-Klassiker "Back in Black" gewidmet (den man während der Tour mal schnell für selbigen geschrieben hat - ist doch klar) und Songs mit so farbenfrohen Titeln wie "College Gangbang" und "Viking Pussies fuck off" intoniert. Noch eben eine kleine Trommeleinlage auf ein paar aufgereihten Bierflaschen und fertig ist der Kreuzzug durch deftigen Heavy Rock mit ordentlicher Metal-Schlagseite.

 

Nicht ganz so sehr auf Party ausgerichtet, aber als nicht weniger sehenswert entpuppen sich NOTHING MORE, deren Darbietung eigentlich über ein normales Rockkonzert deutlich hinausgeht. Zentrum des Bühnenbildes ist eine für eine Clubshow ziemlich monströse Metallkonstruktion Marke Eigenbau, die neben einer großen Drum unter anderem noch Tritte zum Besteigen des Monstrums und einen schwenkbaren Arm mitbringt, an welchem im Laufe des Abends der Bass von Daniel Oliver montiert und dann von allen Bandmitgliedern (teils sogar gleichzeitig) bearbeitet wird. Dabei wird das Ungetüm ebenso wie die Raiser über den Monitorboxen von der Band mehrfach verschoben, wodurch sich der Aufbau immer wieder etwas verändert. Musik gibt es zwischendurch übrigens auch noch, und die bewegt sich irgendwo zwischen Post Rock, Art Rock, Noise und Alternative und wird von vier Jungs produziert, die nicht nur massenweise Effektgeräte mitgebracht haben, sondern die auch genau wissen wie sie ihre komplexen Spielereien zu bedienen haben. Dass Sänger Jonny Hawkins barfuß und Gitarrist Mark Vollelunga nur auf Socken auf der Bühne steht, macht die ganze Nummer nicht weniger skurril. Apropos Hawkins: Der lässt es sich nicht nehmen, auch noch Oberkörper frei durch die Szenerie zu wüten und dabei seine perfekt definierten Muckis zu präsentieren - da schmachtet die holde Weiblichkeit kollektiv, während sich vor ihr Krach-Erruptionen und atmosphärische Momente die Klinke in die Hand geben. Dazu gibt es mächtig groovende Drums (gern auch mal kollektiv vorgetragen) und recht hohen Gesang, der bisweilen in Richtung Screamo ausschlägt. Hut ab vor dieser Energieleistung des Quartetts, das nach 40 Minuten völlig ausgepumpt von der Bühne schleicht.

 

 


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Etwas abgezockter und cooler präsentiert sich ab 22:00 Uhr der Headliner. Auch auf dieser Tour halten HALESTORM ihre Show ziemlich minimalistisch, abermals ohne Intro, zumindest aber mit neuem Backdrop zieht man angeführt von Drummer Arejay Hale in eine 90-minütige Rock ´n´ Roll-Schlacht. Frankfurt steht sofort Gewehr bei Fuß, als es mit eingangs erwähntem "Mayhem" paukenschlagartig losgeht. Die Setlist variiert auf dieser Tour immer ein bisschen, sodass Frankfurt zum Beispiel in den Genuss des Judas Priest-Covers "Dissident Aggressor" kommt (wie schon bei der letzten Tour), wohingegen man leider bei den Balladen "Break in" und "Familiar Taste of Poison" in die Röhre guckt. Auch "I like it heavy" vom zu dem Zeitpunkt noch unbekannte "Into the Wild Life" ist den Hessen nicht vergönnt, dafür zumindest die erste Strophe von "Bad Girl's World", die fließend in "Daughters of Darkness" übergeht. Schnell wird klar: Diese Tour soll auch dazu dienen, auszuloten wie die Setlist zukünftig gestaltet wird, entsprechend experimentiert das Quartett. Die aktuelle Auskopplung "Amen" sitzt natürlich trotzdem schon bombig und kommt auch sehr gut an und wird teils schon fleißig mitgesungen - hier haben beide Seiten scheinbar ihre Hausaufgaben gemacht. Richtig fett wird es auch beim für die Fans bis dahin ebenfalls noch unbekannten "I am the Fire", das durchaus das Potential besitzt, zukünftig eines der Highlights der Show zu werden. Extra für diesen Song hat sich Lzzy ein neues Spielzeug zugelegt, nämlich eine schnieke Doppelgitarre. Verglichen mit der Albumversion spielen Halestorm die Nummer live (noch?) etwas schneller und härter, was der Großartigkeit keinen Abbruch tut. Den verdammt coolen Fleetwood Mac-Song "Gold Dust Woman" gibt es direkt hinterher, bevor die obligatorische Stunde von Schlagzeuger Arejay Hale schlägt: Drum Solo Time! Was bei anderen Bands der Startschuss zur Massenflucht an den Bierstand ist, zählt bei Halestorm zu den kleinen Highlights, denn als geborener Entertainer lässt der Schlagzeuger keine Langeweile aufkommen. Heute wird es sogar besonders spektakulär, denn der Mann feiert Geburtstag und stellt deshalb nicht nur völlig zu Recht fest "This is my Party, I can do whatever the fuck I want!", sondern angesichts so vieler Trommelerprobter im Tourtross holt er sich fast die komplette Musikerschaft samt Schlagwerk auf die Bühne, um ein gemeinsames Drums 'n Percussions-Inferno abzubrennen. Während die Fans noch jubilieren und sich über das Schauspiel amüsieren, wird auf der Bühne das Tempo hoch gehalten und fließend "Love bites" angezählt. Damit ist die Stimmung auf dem Höhepunkt, was danach kommt kann eigentlich nur noch gewinnen und besonders "I miss the Misery" tut genau das. Toppen lässt sich das nur noch mit "Rock Show" und dem Geniestreich "Here's to us", nicht ohne vorher noch ganz offiziell und geordnet ein Ständchen für das Geburtstagskind zu schmettern. Einige Fans hatten ohnehin schon in fast jeder Songpause "Happy Birthday" angestimmt (O-Ton Lzzy: "Wollt ihr das jetzt nach jedem Song machen?!") und dürfen sich jetzt endlich mit der kompletten Halle gemeinsam austoben. Auf expliziten Wunsch des Jubilars übrigens auf Deutsch ("Zum Geburtstag viel Glück") was kurz für hochgezogene Augenbrauen, dann für breites Grinsen bei der Band sorgt. Der Mann des Tages bekommt als besondere Aufmerksamkeit seiner Kollegen noch eine Cremetorte ins Gesicht gedrückt, bevor man den letzten Song samt Gänsehaut serviert und sich artig bei den zahlreich erschienenen Fans bedankt, während die Uhr unaufhörlich gen Mitternacht marschiert.

 

 

Spät ist es geworden für ein Konzert mitten in der Arbeitswoche, gelohnt hat es sich aber trotzdem für alle, auch weil es nicht oft vorkommt, dass gleich zwei eher unbekannte Supports dermaßen abräumen. Apropos abräumen: Am Merch-Stand des Headliners macht sich schon früh am Abend bemerkbar, dass das hier die vorletzte Show der Tour ist, denn die Tourleibchen sind fast nur noch in exotischen Größen zu haben. "Glück" im Unglück: Die optische Offenbarung sind die aktuellen Shirts leider nicht. Dann lieber die Kröten gespart und davon "Into the Wild Life" gekauft - das ist nämlich jeden Cent wert.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de 

 

 

 

 

Setlist Halestorm:

 

Mayhem

Mz. Hyde

I get off

Freak like Me

Amen

Bad Girl's World (erste Strophe) / Daughters of Darkness

Dissident Aggressor (Judas Priest)

I am the Fire

Gold Dust Women (Fleetwood Mac)

Drum Solo

Love bites

It's not you

Apocalyptic

I miss the Misery

---

Rock Show

Here's to us

 

 

Setlist Nothing More:

 

Christ Copyright

Mr. MTV

(Jam)
Jenny

First Punch

If I were

The Matthew Effect

This is the Time (Ballast)

Salem (Burn the Witch)

 

 

Setlist Wilson:

 

Viking Pussies fuck off

If you ever leave me, I will find you

College Gangbang

Back in Black

Better off (strictly Doods)

Snake Eyes

Susan Jane