In Flames + Papa Roach, Wovenwar, While She Sleeps

Jahrhunderthalle Frankfurt

24.10.2014

"Siren Charms" European Tour 2014

 

 

 

 


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Ein Freitagabend im Herbst, perfekte Rahmenbedingungen für einen famosen Konzertabend. Wenn dann auch noch das Programm stimmt - was hier ohne Zweifel der Fall ist -, gibt es keinen Grund zur Klage. Da gibt es nur den kleinen Wermutstropfen, dass die Show nicht wirklich ausverkauft ist und man mit dem Venue eventuell etwas zu hoch gegriffen hat. Wurden auch deshalb Papa Roach etwas verspätet als zusätzlicher Zuschauermagnet verpflichtet? Alles Spekulation und die Wahrheit liegt sowieso auf dem Platz.

 

Oder besser gesagt auf dem Hallenboden und der ist bei den britischen Newcomern WHILE SHE SLEEPS bereits von ein paar Hundertschaften besetzt. Die Engländer entscheiden sich für einen lauten, harten Einstieg und setzen die hymnischeren Höhepunkte erst nach und nach. "This is the Six" kommt ziemlich fett, "Our Courage, our Cancer" punktet und "Seven Hills" weiß ebenfalls zu überzeugen, selbst wenn die melodischen Feinheiten der Albumversion live vom Metalcore-Vorschlaghammer etwas zerschlagen werden. Für einen Opener eine sehr ordentliche Leistung, was auch das Publikum goutiert. Als es mit WOVENWAR weitergeht, merkt man schnell, dass man es hier mit den Überraschungssiegern des Tages zu tun hat. Die 2013 neu gegründete Truppe aus San Diego, die aus der Asche von As I lay Dying emporgestiegen ist, hat mit Shane Blay (Oh, Sleeper) einen sehr guten, sympathischen neuen Sänger gefunden, der in seinem Flanellhemd auch einer Alternative/Post-Grunge Band gut zu Gesicht stehen würde. Bei dem US-Quintett gibt es stattdessen modernen Metal der hymnischen Kategorie, der zu gleichen Teilen hart und ultraeingängig daher kommt. Unter den zwei Dritteln des selbstbetitelten Debüts, die heute zum Zuge kommen, befindet sich nicht eine einzige schwache Nummer, was auch die Frankfurter erkennen und sich so bereitwillig im Sturm erobern lassen. Ein richtig fettes Brett, das uns Nick Hipa und Co. hier präsentieren und ein spielfreudiger Auftritt, an dem es auch mal rein gar nichts zu meckern gibt. Ein perfekter Support für die perfekte Zielgruppe. Nach einer guten halben Stunde hört man in der Umbaupause nicht zu unrecht allenthalben Sätze wie "man waren die geil".

 

Richtig geil auf ihre erste Show dieser Tour sind auch die erst am Nachmittag zum Tross gestoßenen PAPA ROACH, die heute ohne Soundcheck auf die Bühne müssen. Eigentlich kein gutes Vorzeichen, aber wenn man so abgezockt ist wie das Quartett aus Sacramento, kann man darüber nur müde lächeln. Alles andere kann man guten Gewissens in die Hände von Fronter Jacoby Shaddix legen, dem bisher noch jedes Publikum früher oder später aus der Hand gefressen hat. Überzeugungsarbeit ist heute jedoch nicht nötig, denn die Reaktionen lassen eher auf einen Co-Headliner, denn auf eine Supportband schließen. Während sich die Band betont cool durch ein ziemlich old-schooliges Set ballert (wann haben wir eigentlich "Infest" zum letzten mal live zu hören bekommen?!), gibt Shaddix in seiner unnachahmlichen Art den Seelenfänger und springt dermaßen angefixt zwischen Bühne und Graben hin und her, dass man sich fragt wie der Mann es bei dem Fitnessprogramm fertig gebracht hat, sein kaum zu übersehendes Hüftgold anzulegen. Probleme mit der Kondition gibt es offenkundig trotzdem nicht, sonst könnte er kaum aus dem Spurt den Boxenturm am seitlichen Bühnenrand anspringen, was den Stagehands kurzzeitig den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Der Mob in der Jahrhunderthalle transpiriert aus ganz anderen Gründen, etwa wegen des euphorisierenden Klassikers "Blood Brothers", dem Chorus-Monster "Still Swingin'", der Mitsing-Galore "Kick in the Teeth" und dem für Begeisterungsstürme sorgenden "... to be loved" als Höhepunkt, das nur noch vom unvermeidlichen "Last Resort" getoppt wird, welches die komplette Halle aus voller Kehle mitschmettert. Da ist die auf Deutsch süffisant eingeschobene Frage "Is gut, ja?" mehr als nur rhetorischer Natur. Wer so auftrumpft wird zurecht mit Sprechchören verabschiedet.

 

Nach dieser Band hat es jeder Headliner schwer, aber wir reden immer noch von IN FLAMES, und die haben nicht nur hinsichtlich Shirt-Statistik klar die Menge in der Hand. In der Umbaupause wird die Bühne dann erst mal abgehängt, ein bisschen Dramatik muss schon sein. Als der Vorhang fällt, ist die Halle sofort da und freut sich über den ersten Doppelschlag "In Plain View"/"Everything is gone", der auch die neue Scheibe "Siren Charms" eröffnet. "Fear is my Weakness" vom Vorgänger ist ebenfalls neueren Datums, bevor mit "Trigger" der erste Klassiker serviert wird. Zu diesem Zeitpunkt wirkt Anders Friden noch skandinavisch zurückhaltend, was sich im Verlauf des Abends noch ändern soll. Einen Anteil daran hat wohl auch das ziemlich geile, hymnische "With Eyes wide open", das zwar nach "The chosen Pessimist" das ruhigste Stück im Set ist, die Fans aber trotzdem so begeistert, dass sie den warmen Ohrwurm kurzerhand mit einem fetten Moshpit quittieren. Ab diesem Zeitpunkt ist auch der Sänger komplett aufgetaut, der jetzt immer redseliger wird und sich unter anderem einen Spaß mit den Sitzplatzbesuchern auf dem Rang erlaubt, bei denen er sich nach dem Popcorn-futternden Befinden erkundigt. Zu einem der Highlights des Abends wird zu fortgeschrittener Stunden dann in vielerlei Hinsicht "Only for the Weak": Zum einen holt sich die Band einen jungen Fan auf die Bühne, der dazu verpflichtet wird, mit seinem Smartphone ein Video des Songs zu filmen, um das Spektakel für die Nachwelt festzuhalten. Damit der Rahmen auch stimmt, bekommt das Publikum die klare Anweisung "behave your worst!", was sich der Hesse an sich nicht zwei mal sagen lässt, sodass während des Evergreens dann tatsächlich gesprungen, gepogt, gemosht und gesurft wird, als gäbe es kein Morgen. So etwas nennt man dann wohl aus der Hand fressen. Hoffentlich teilt unser junger Freund seinen Clip alsbald mit dem Rest der Menschheit auf YouTube. Schon genanntes "The chosen Pessimist" direkt im Anschluss zu bringen ist vielleicht eine etwas unglückliche Konstellation und kostet unnötig Schwung, zumindest danach wird aber mächtig aufgetischt und unter anderem mit "The quiet Place" noch einmal richtig Feuer unters Kuppeldach gebracht, das durchgängig von einer beeindruckenden, hydraulischen Lichtshow erleuchtet wird. Wie der Auftakt gehört auch das große Finale der eher jüngeren Bandvergangenheit, und so macht "Take this Life" den Deckel auf diese unterhaltsame Machtdemonstration, bei der sich die Göteborger Publikumslieblinge jegliche Spielchen vor einer möglichen Zugabe einfach mal sparen und ihr Set lieber am Stück runterzocken. Bleibt festzuhalten, dass man eine Halle nicht ausverkaufen muss (wir reden hier immerhin von einer amtlichen 4.800er Kapazität), um sich als Zuschauermagnet zu präsentieren. Außerdem können In Flames all jenen Kritikern verwegen ins Gesicht lachen, die behaupten die Schweden hätten ihre Relevanz längst verloren. Würden einem sonst auch an einem Abend mit mittelguter Form ein paar Tausend Metalheads zujubeln?

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de 


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Setlist While She Sleeps:

 

Death Toll

Dead behind the Eyes

This is the Six

Reunite

Our Courage, Our Cancer

Seven Hills

 

Setlist Wovenwar:

 

Foreword (Intro)

All Rise

Death to Rights

The Mason

Tempest

Profane

Identity

Matter of Time

Prophets

Onward (Outro)

 

Setlist Papa Roach:

 

Getting away with Murder

Between Angels and Insects

Where did the Angels go?

Infest

Blood Brothers

Burn

Broken Home

Kick in the Teeth

Still Swingin'

To be loved

Dead Cell

Last Resort

 

 

Setlist In Flames:

 

In Plain View

Everything's gone

Fear is my Weakness

Trigger

Resin

Where the dead Ships dwell

With Eyes wide open

Paralyzed

Through Oblivion

Ropes

Delight and Angers

Cloud Connected

Only for the Weak

The chosen Pessimist

The quiet Place

Rusted Nails

The Mirror's Truth

Deliver Us

Take this Life