Ohrenfeindt + Double Crush Syndrom

22.03.2014

Kulturzentrum Kreuz Fulda

„Auf die Fresse ist umsonst“ –Tour

 

Das Team aus St. Pauli war zu Gast in der Domstadt, nicht weil die Borussia aus Fulda einen unerwarteten Höhenflug oder die St. Paulianer einen extremen Tiefflug zurückgelegt hätten – nein! Das Rock ’n’ Roll–Trio Ohrenfeindt aus dem hohen Norden gab am Samstag, 22. März, ein Gastspiel im Kulturzentrum Kreuz, um dem hiesigen Landvolk ihre Interpretation der Konsumgesellschaft näher zu bringen. Das Motto des aktuellen Albums lautet: „Auf die Fresse ist umsonst“ für den Rest müsst ihr bezahlen! Doch bevor Chris Laut, Andy Rhode und Pierre „Keule“ Blesse die Bühne stürmten, versuchten Double Crush Syndrom das eher leidlich gefüllte Kreuz anzuheizen.
 

Das DOUBLE CRUSH SYNDROM formiert sich aus dem Frontmann Andy Brings (Vocals/ Guitar), Aurora Steffens (Vocals/Bass) und Markus Herzog (Drums) und besteht erst seit Anfang 2013. In einer guten halben Stunde gaben die Drei Lieder ihrer aktuellen Platte „The You Filter“ zum Besten. Der Sound ist eher rau, rotzig, ungezogen und erinnert stark an die seligen Ramones. Mit seiner neuen Band kehrt Leader Andy Brings (ex-Sodom, ex-The Traceelords) wieder zum Englischen und somit zur Muttersprache des Punk zurück, nach seinen zwei letzten deutschsprachigen Platten. Highlights, der mit vollem Einsatz gespielten Show, waren definitiv „Yeah! Pain“ und „Die for Rock ’n’ Roll“, wo beim Publikum durchaus eine Regung zu bestaunen war. Ansonsten wurde die Bühnenshow leider eher mäßig honoriert, was eventuell an der nicht ganz stimmigen Abmischung gelegen haben könnte. Aber selbst mehrere unplanmäßige Gitarrenwechsel konnten Andy, Aurora und Markus nicht von ihrem Plan abbringen, auf der Bühne alles zu geben und mit vollem Einsatz anzutreten. Nach zehn Liedern und unzähligen verteilten Plektren übergaben Double Crush Syndrom die Bühne an Ohrenfeindt.

 

 

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Es wurde dunkel im Kreuz. Ohrenbetäubender Motorensound dröhnte aus den gut zweieinhalb Meter hohen Boxen, bis eine Rammstein-ähnliche Stimme den Vollgas-Rogg ’n’ Roll aus St. Pauli ankündigte. OHRFEINDT ist da! Und sie starteten direkt mit „Auf die Fresse ist umsonst“, dem Aufmacher der aktuellen Platte, voll durch. Chris Laut schmetterte die ersten Vocals in bekannt uriger Manier raus, während er auf seinem 76er Gibson Thunderbird–Bass zupfte. An den Drums stieg Andy Rhode ein. Keule ersetzte an der Stromgeige Thorsten Mewes, der zur selben Zeit in Wilhelmshaven im Pumpwerk mit Die Happy auf der Bühne stand. Die knapp 150 Zuschauer waren vom ersten Ton an begeistert. Haare wurden durchgeschüttelt, Köpfe bis kurz vorm Genickbruch gebangt und mehrere Luftgitarren spielten im Takt. Vom aktuellen Auftakt ging es eher in die Richtung Konzertklassiker, es folgte das „Rock ’n’ Roll Mädchen“ und weiter ging es „Mit Vollgas und Blaulicht“. Durch Keule war viel Aktion auf der Bühne geboten, dieser streute auch das ein oder andere qualitativ extrem hochwertige Solo in die Runde.

 

Nach einer Liebeserklärung an St. Pauli durch die „Rock ’n’ Roll Sexgöttin“ wurde Chris Laut sogar didaktisch und brachte Fulda den Fachbegriff für Faulheit mit dem „Prokrastinationsblues“ näher. Nachdem sichergestellt wurde, dass auch wirklich jeder sein neu erworbenes Wissen um jenes Wort gefestigt hatte, zog das Tempo der Show wieder an. Nach „Kalter Kaffee“ und „Motormädchen“ folgte der Bonustrack des aktuellen Albums „Turboladerliebe“, der nun endlich auch dem Autor bekannt ist – fast zu lang war die Wartezeit. Zwischen den Songs streute Frontmann Laut immer mal wieder Weisheiten seiner 37-jährigen Bühnenerfahrung als Salz in die Suppe. Jene bestand aus circa zwei Dritteln Klassikern und einem Drittel neuer Hits. Auch einige Entstehungsgeschichten der neuen Songs wurden zum Besten gegeben: Ein folgenreiches Szenario spielte sich beispielsweise auf einem Herrenklo in St. Pauli ab. Chris begegnete einem körperlich eingeschränkten ex-Bahner, der ihn mit seinem Willen zum Weitermachen und Feiern so beeindruckte, dass daraus „Jetzt oder nie“ entstand. Mit Hochspannung ging es mit „Strom“ weiter, was immer ein wenig an AC/DCs „High Voltage“ erinnert, vermutlich sogar gewollt. Warum denn nicht Gutes noch ein bisschen besser machen?
 

Zu schnell vergingen die gut zweieinhalb Stunden Konzert, den Abschluss machte eine deftige Zugabe mit vier Liedern. Als letztes spielte Chris „Heim“ allein auf der Akustikklampfe bei einer herzzerreißenden Stimmung. Die Band wurde bejubelt und jeder war zufrieden. Volksnah, wie die Nordlichter halt so sind, traf man sich kurz nach Konzertende zum Plausch bei Astra und Cola am Merchandisestand. Hier wechselte noch das ein oder andere Shirt oder CD zu humanen Preisen den Besitzer, welche auch auf Wunsch noch signiert wurden. Man kann nur sagen: Ein gelungener Abend! Kommt bald wieder!

 

Tobias Höfer - www.sounds2move.de