Alter Bridge + Halestorm

Schlachthof Wiesbaden

05.11.2013

"Fortress"-Tour 2013

 

 

 


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Das Wetter ist schlecht. Richtig schlecht. Draußen zieht es wie Hechtsuppe, es regnet unerbittlich und jahreszeitbedingt ist es schon frühzeitig stockdunkel. Kurz gesagt: Eigentlich das richtige Wetter, um zu Hause zu bleiben und ordentlich Trübsal zu blasen. Vor dem Wiesbadener Schlachthof, der seit geraumer Zeit in neuem Glanz erstrahlt und dabei eine tolle Figur macht, ist trotzdem viel los, und die Stimmung ist entgegen der Witterung bestens. Der Grund ist so simpel wie einleuchtend, denn ALTER BRIDGE sind nicht nur erstmals nach ein paar Jahren wieder hierzulande als Headliner unterwegs, sie haben sogar eine Sahneschnitte von einem neuen Album dabei und noch dazu einen Leckerbissen von Supportband.
 

Die Rede ist natürlich von HALESTORM, die in diesem Jahr ganz nebenbei und völlig überraschend nicht nur einen Grammy gewonnen, sondern dadurch auch in keiner Weise etwas von ihrer jugendlichen Leichtigkeit und Spielfreude eingebüßt haben. Das Quartett - durch die Bank Kategorie nette(r) Rocker(in) von nebenan - war in diesem Jahr knapp 300 Tage auf Achse und präsentiert sich vor prächtig gefüllten Reihen dementsprechend tight. Eine Qualität ist neben famosem Rockwerk wie "I miss the Misery", "Rock Show" und "I get off" sicherlich, dass die Amis auch bei der gefühlt 200. Show des Jahres immer noch richtig Bock haben, dem Publikum in den Hintern zu treten. Schlagzeuger Arejay setzt dem ganzen sicherlich die Krone auf, wenn er sich etwa während des Spielens mit seinem Schlagzeugtechniker munter die Sticks hin und her wirft, er sein Instrument wie einen Berg erklimmt oder während des kurzen Drumsolos mal flott "Last Resort" von Papa Roach angezockt wird. Keine Frage: Der Kerl ist für die Bühne gemacht, aber das gilt auch für seine Schwester und Sängerin Lzzy. Die ist mittlerweile nicht nur Kolumnistin für das "Revolver Magazine", Aushängeschild ihres Gitarrenausrüsters und gefragter Gast auf diversen Longplayern namhafter Kollegen, sondern vor allem eine sympathische Rampensau mit beeindruckender Bandbreite in der Stimme. Das dokumentieren auch diverse Coverversionen, etwa ganz aktuell "Dissident Aggressor" (Judas Priest) von der frisch veröffentlichten Cover-EP, das auch auf der laufenden Tour ins Set gerutscht ist. Ebenfalls gemeistert wurden bisher so unterschiedliche Interpreten wie Guns ´n´ Roses, Alicia Keys, AC/DC, Dio, Lady Gaga und Temple of the Dog. Doch das sind alles nur Spaßprojekte neben den eigenen großartigen Songs, die im Endeffekt nur eine Prognose zulassen: Der Weg dieser Band kann erst einmal nur weiter nach oben gehen und ist längst nicht zu Ende. Einziger Wehrmutstropfen bleibt an diesem Abend der etwas matschige Sound.

 

Das ist eben das Schicksal einer Support Band, denn mit dem Erscheinen der Headliner klingt die Sache gleich ganz anders. Der Mann am Pult fährt jetzt das volle Geschütz auf, und auch das Bühnenlicht fällt eine Nummer pompöser aus, als Myles Kennedy, Mark Tremonti, Brian Marshall und Scott Phillips auf die Bretter steigen und nach kurzem Intro direkt die aktuelle Single "Addicted to Pain" anstimmen. Schnell wird klar: Eine große Bühnenshow darf heute niemand erwarten, genau genommen präsentieren ALTER BRIDGE im Gegensatz zu ihrem Support nicht einmal ein Backdrop auf der Bühne. Wen das letztlich interessiert? Kein Schwein, denn die US-Boys sind eine dieser Bands, bei der vor allem ein guter Song im Mittelpunkt steht, und davon hat man bekanntlich reichlich in der Hinterhand. Natürlich müssen ein paar ältere Schätzchen inzwischen außen vor bleiben, schließlich möchte man auch Material vom neuen Machtwerk "Fortress" präsentieren. Trotzdem werden es letztlich nur vier brandneue Songs in 100 Minuten, darunter der - zumindest im Vergleich zum gewaltigen Standard der Band - vielleicht schwächste "Fortress"-Track "The Uninvided". Für richtige Begeisterung kann hingegen "Waters Rising" sorgen, das erste von Gitarrenhexer Mark Tremonti intonierte AB-Stück überhaupt. Der Mann schlägt sich wacker, beschränkt sich abgesehen davon aber wie gewohnt auf coole Posen, Backing Vocals und natürlich eine herausragende Gitarrenarbeit inklusive Sound zum Niederknien. Chef im Ring ist und bleibt auch 2013 Frontmann Myles Kennedy, selbst wenn der sich häufig am Bühnenrand aufhält und nicht in typischer Frontsau-Manier zu jeder Zeit mitten im Scheinwerferlicht stehen muss. Seiner Aura tut das keinen Abbruch, denn die Fans liegen ihren Helden auch in der hessischen Landeshauptstadt zu Füßen, sind gerne zu allerlei Mitsingspielchen bereit und werden dafür mit metallisch angehauchtem Alternative-Rock-Prachtwerk der Marke "I know it hurts", "Broken Wings", "Cry of Achilles" oder aber der überragenden Halbballade "Ghost of Days gone by" entlohnt. Seit ihrer Entstehung ist auch die Gänsehautballade "Watch over you" garantierter Bestandteil jeder Alter Bridge-Show und wird inzwischen nicht nur als herzerweichende Akustikversion serviert, sondern auf dieser Tour bietet sich sogar die Chance, den Schmachtfetzen als Duett darzubieten. Die einzig logische Konsequenz: Abend für Abend teilt sich Myles seinen Hocker im Rampenlicht für ein paar Minuten mit Lzzy Hale, um womöglich DEN Höhepunkt des Abends zu setzen. Was danach kommt, ist nur noch die Kür in Form von "Isolation" und den beiden Zugaben "Slip to the Void" und "Rise Today". Danach verabschiedet tosender Applaus des euphorisierten Publikums die nass geschwitzten Musiker, selbstverständlich in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn Alter Bridge werden sich zur Festivalsaison 2014 zurückmelden, und Halestorm werden ein letztes Mal, dann zum zweiten Mal als Headliner, für ihr noch aktuelles Album "The strange case of" bereits im April einen weiteren Abstecher nach Europa machen. Vor dem Schlachthof hat pünktlich zum Konzertende der Regen aufgehört und der Wind deutlich nachgelassen. Nach so einem Abend hat scheinbar auch der unerbittliche Petrus ein Einsehen.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de 

 

 

 

Setlist Halestorm:

 

Love bites (so do I)

Mz Hyde

It's not you

Freak like me

Rock Show

Familiar Taste of Poison

Drumsolo

Dissident Aggressor (Judas Priest-Cover)

I get off

Here's to us

Miss the Misery

 

 

Setlist Alter Bridge:

 

Addicted to Pain

White Knuckles

Come to Life

Before Tomorrow comes

Cry of Achilles

Ghost of Days gone by

I know it hurts

The Uninvited

Blackbird

Broken Wings

Metalingus

Ties that bind

Waters Rising

Open your Eyes

Watch over you (Akustikversion mit Lzzy Hale)

Isolation

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Slip to the Void

Rise Today

 


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