Bands:

Within Temptation
Location: Sportpaleis Antwerpen (B)

Datum:

13.11.2012
Tour: „Elements“ (DVD-Show)

 

15 Jahre WITHIN TEMPTATION, da darf schon mal gefeiert werden – auch und gerade, wenn man eine weltweite Fanbase hinter sich weiß und darüber hinaus dafür bekannt ist, gerne auch mal in Sachen Bühnenshow das eine oder andere Schippchen mehr zu investieren als andere. Weil man unmittelbar vor der Show noch die letzten Restkarten für das Konzert in der riesigen Arena an den Mann bzw. die Frau bringen konnte, darf man auch das standesgemäße „Ausverkauft“-Schild an den Ticketschalter hängen. Währenddessen schlängeln sich im Inneren Fans aus aller Herren Länder durch die Lobby (geht man nach den zahlreichen Flaggen an Wellenbrechern und um die Schultern von Besuchern, dann ist von Finnland, über Spanien, Tschechien, die USA, Australien, Russland, Irland und Ungarn gefühlt der halbe Globus vertreten), sodass die Szenerie an einen menschliche Ameisenstaat erinnert. Einzig an den beiden großen Merch-Ständen bewegt sich wenig, was ganz sicher nicht am Desinteresse der Käufer liegt. Vielmehr sind die speziell für diesen Anlass angefertigten T-Shirts, Girlies und Hoodies dermaßen beliebt, dass die fleißigen Verkäuferinnen gar nicht hinterher kommen, alle Wünsche sofort zu erfüllen und ein paar heiß begehrte Größen zudem noch vor Showbeginn bereits vergriffen sind. Bei den wenigen übrig gebliebenen Event-Postern geht es noch schneller, denn die sind alle schon wenige Minuten nach Türöffnung unters Volk gebracht.


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In Anbetracht der Tatsache, dass dieses Konzert mitten in einer Arbeitswoche stattfindet, ist es durchaus bemerkenswert, wie viele Fans aus nah und fern den Weg in die belgische Metropole auf sich genommen haben und nun zu mehreren Tausend sehnsüchtig darauf warten, dass das Licht im Saal erlischt. Erwartung und Spannung liegen in der Luft und bereits als die Musiker des Il Novecento Orchestra einige Minuten vor Showbeginn ihre Plätze einnehmen, brandet die erste Jubelwelle auf. Richtig laut wird es allerdings erst, als gegen 20:45 ein längerer Introfilm startet, der ein wenig an die „Alien“-Filme erinnert und vom – natürlich live gespielten - „The Silent Force“-Intro begleitet wird. Dieses liegt noch in den letzten Zügen, als ein schüchternes Kind die Bühne betritt und nach wenigen Schritten stehen bleibt, während sich von der Hallendecke ein gewaltiger, dreieckiger Zylinder (das Symbol der „Elements“ Show) absenkt und das kleine Mädchen in dessen Mitte verschwindet. Als Within Temptation daraufhin mit dem unwiderstehlichen „Iron“ direkt in die Vollen gehen, steigt der Dreieckszylinder wieder nach oben und gibt den Blick auf Sängerin Sharon den Adel frei, die an diesem Tag noch das eine oder andere mal ihr Outfit wechseln soll. Die Gitarrenfraktion aus Ruud Jolie und Stefan Helleblad ist da bereits auf Betriebstemperatur und nutzt die volle Breite der Bühne, während die Fronfrau nach kurzer Zeit zum ersten Mal von dem langen Laufsteg Gebrauch macht, der die Protagonisten bis in die Hallenmitte führt, wo der Steg sich noch einmal fast bis an den Rand des Innenraumes in beide Richtungen aufgabelt. Schnell weiter zum nicht weniger schnittigen „In the Middle of the Night“ und der Single „Faster“, bevor mit „Fire and Ice“ die erste Ballade gezündet und der eröffnende „The Unforgiving“-Block abgeschlossen wird. Zwischendurch kommt auch der Zylinder noch einmal von der Hallendecke geschwebt, diesmal allerdings mit einem blinden Passagier, nämlich dem ins zweite Glied gerutschten Gitarristen Robert Westerholt, der oben auf der Konstruktion stehend in die Saiten haut. Das nennt man mal einen Auftritt der gehobenen Klasse. Damit ist das Pulver natürlich längst nicht verschossen, weder in Sachen Show, noch in Sachen Hits. Heute soll schließlich geklotzt und nicht gekleckert werden, schließlich laufen natürlich zig Kameras mit, um diesen Auftritt für die Nachwelt festzuhalten. Umso bitterer ist es, wenn zwischendurch – monatelanges Planen und Vorbereiten hin oder her – doch mal was in die Hose geht. So ist auch ein Vollprofi wie Sharon den Adel nicht vor bösen Textpatzern gefeit („Our Solemn Hour“), während die Pyrotechnik beim Finale des Hauptteils in Form von „Mother Earth“ ziemlich ins Klo greift und das angedachte Timing völlig verkackt. Schwamm drüber, alles menschlich und dazwischen ist schließlich auch verdammt vieles richtig gut gelaufen: Da sorgt die hydraulische Lichtkonstruktion für eine eindrucksvolle Atmosphäre, Flammensäulen heizen den ersten Reihen ein, drei kindliche Ballerinas tänzeln leichtfüßig über die Laufstege, es werden allerlei aufblasbare Accessoires in die Show integriert (Engelsflügel, Bäume, Diskokugeln) und inmitten des Orchesters wird plötzlich ein Flügel samt Keyboarder Martijn Spierenburg aus dem Bühnenboden gezaubert.

Und dann wären da ja auch noch die Gäste, schließlich sollen Freunde und ehemalige Weggefährten an diesem denkwürdigen Abend mitfeiern. Zum Beispiel der ehemalige Schlagzeuger Ivar de Graaf, der gleich zwei mal zum Einsatz kommt, oder aber Roberts Bruder und Delain-Keyboarder Martijn Westerholt, der bei dem Uralt-Brecher „Candles“ in die Tasten haut, während die harschen Grunts einmal mehr von George Oosthoek (Ex-Orphanage) beigesteuert werden. Leider bleibt diese Nummer die einzige Referenz an die Prä-„Mother Earth“ Zeit, als man sich noch dem traditionellen Gothic Metal verschrieben hatte. Die Within Temptation der Gegenwart haben sich längst von diesem Genre verabschiedet, inzwischen sind die Einflüsse so vielseitig und die Scheuklappen so weit unten, dass auch mal mit einem Dancebeat experimentiert werden darf. Das Gute daran: Dabei ist mit „Sinéad“ sogar ein weiterer Hit rum gekommen, der mächtig abgefeiert wird und den Startschuss für einen unerwarteten Discoblock gibt. Es folgen nämlich gleich drei Coverversionen am Stück („Titanium“ von David Guetta, „Sommertime Sadness“ von Lana del Rey und „Grenade“ von Bruno Mars), die nicht nur von Sängerin Sharon im glitzernden Partyoutfit dargeboten werden, sondern für die man sich zusätzlich noch drei professionelle Go-go-Girls auf die Bühne holt. Das ist nett gemeint, kommt in der rockigen Umsetzung nicht schlecht und verblüfft die Fans sichtbar, durch die Gesamtdauer von über 10 Minuten wird der Überraschungseffekt allerdings etwas zu arg strapaziert – hier wäre ein Medley wohl die bessere Wahl gewesen. Zumindest aber wird einem jetzt klar warum die Band in den Wochen vor „Elements“ regelmäßig neue Pop-Coversongs auf ihrer Website veröffentlicht und zur Diskussion gestellt hat.

Allen neuen und alten Hits zum Trotz sind es primär die ruhigeren Momente, die für das Besondere und die Gänsehautmomente sorgen. So hat man etwa zumindest einen kleinen Block aus dem Akustikprogramm der letzten Theatertour mit nach Antwerpen gebracht und punktet auf ganzer Linie mit intensiven wie bezaubernden Versionen der selten gehörten Perlen „Never-Ending Story“, „Say my Name“ und „The Last Dance“ – große Kunst! Da hofft man nur noch mehr, dass sich die Band doch noch dazu entschließt einen Mitschnitt zu besagter Theatertour zu veröffentlichen, wie sie es bei der Vorgängertour (mit komplett anderer Setlist) anno 2009 mit „An Acoustic Night at the Theatre“ bereits getan hat. Den dramatischen Höhepunkt aber setzt eine grandiose Version von „Our Farewell“, die man sich fast bis zum Schluss des Konzertes aufhebt. Eigens für „Elements“ hat man Opersängerin Isabella Scholten nach Belgien geholt, um ihren Beitrag zu einem beeindruckenden wie hochemotionalen Duett zu leisten. Wenige Minuten später, nach dem finalen Schnipselregen zu „Ice Queen“ und dem stimmungsvollen Kehraus mit „Stairway to the Sky“, nimmt man sich dann doch noch die Zeit, um die bis dato etwas vernachlässigte Kommunikation mit dem Publikum nachzuholen und sich mit blumigen Worten an die Gäste auf und vor der Bühne zu richten, die Within Temptation währenddessen mit stehenden Ovationen feiern. Klischee hin oder her, die passenden letzten Worte hat die Band selbst parat: „Danke für 15 tolle Jahre - auf die nächsten 15!“.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

Setlist:

Intro
Iron
In the Middle of the Night
Faster
Fire and Ice
Our Solemn Hour
Stand my Ground
Angels
The Last Dance
Never-Ending Story
Say my Name
Candles
Sinéad
Titanium (David Guetta-Cover)
Summertime Sadness (Lana del Rey-Cover)
Grenade (Bruno Mars-Cover)
The Promise
Memories
Mother Earth
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What have you done
Our Farewell (ft. Isabella Scholten)
Ice Queen
Stairway to the Skies