Band:

Welle:Erdball
Location: C-Club, Berlin

Datum:

09.03.2012
Tour:Der Kalte Krieg

 

„Hallo, hier spricht WELLE:ERDBALL – Symphonie der Zeit“ mit diesen Worten wird die wartende Meute im Berliner C-Club begrüßt. Eine wahre Symphonie sollte es wirklich werden. Vor der Show wurden den Besuchern „Wunschzettel“ ausgehändigt, mit der Bitte, ihre drei Wunschsongs anzukreuzen. Der Grund ist ziemlich simpel, Welle:Erdball haben sich für ihre Fans einmal mehr etwas Besonderes einfallen lassen – abgesehen davon, dass so ziemlich jede Show besonders ist, wenn wir mal ganz ehrlich sind! Der zweite Teil der Show sollte nämlich ein „Wunschkonzert“ werden mit den Songs, die das Publikum gewählt hat.

Mit ihrer eigenen Version des Titelsongs aus James Bond legten Welle:Erdball rund um Sänger Honey los. Die beiden Damen Plastique und Fräulein Venus sind bis dahin lediglich als Schattengestalten zu erkennen, Keyboarder A.L.F. geht für meinen Geschmack leider etwas zu sehr in der Dunkelheit der Bühne und somit im Hintergrund verloren. Nichtsdestotrotz wissen alle Besucher, welche Rolle ihm zu Ehren ist. Die Band präsentiert die neue Scheibe „Der Kalte Krieg“ und bringt den C-Club jetzt schon zum Kochen. Die Setlist wird kaum verändert, sodass der erste Teil so ziemlich dem aktuellen Album der Band gleicht. Allerlei Lichtspielereien untermalen an der richtigen Stelle den richtigen Ausdruck („Feuerwerk“, „Vor all den Jahren“) im richtigen Moment. Mal präsent, mal hinter der Schattenwand sorgen die beiden Damen für die nötigen akustischen Effekte, Sänger Honey präsentiert stellvertretend für die gesamte Band das Können und A.L.F.? A.L.F. ist A.L.F.! Während des von der Band selbst benannten „Schlagerteils“ der Show bringen Welle:Erdball das Publikum zum Schunkeln, zum Jubeln, zum Spaß haben. Einzig und allein „Starfighter F-104“ bricht etwas aus diesem Schlager-Schema aus – mit Papierfliegern vor dem Song und stampfenden Fans währenddessen wird der Menge eingeheizt. Es ist völlig nebensächlich, ob auf Deutsch oder auf Englisch („If you want to sing out, sing out“), jeder freut sich, jeder singt mit, jeder feiert die Band, auf die Berlin (viel zu) lange hat warten müssen.

Einen ersten Abschluss sollte der Abend mit der Welle:Erdball'schen Version von Nicoles „Ein bisschen Frieden“ finden. Plastique, in einem funkelnden roten Paillettenkleid, stellt ihr unbeschreibliches (für meinen Geschmack viel zu wenig präsentiertes) Stimmpotential unter Beweis und bringt auf ihre ganz eigene, hinreißende Art Jung und Alt dazu, diesen Klassiker aus voller Brust mitzusingen. Danach verabschieden sich Welle:Erdball kurz von der Bühne, um die abgegebenen Stimmen auszuwerten und dann das erwähnte Wunschkonzert zu spielen.

Als das Licht erneut gedimmt wird, startet der Abend in die zweite Runde – ja beinahe wie ein zweites Welle:Erdball-Konzert. „Berlin hat gewählt“ - mit diesen Worten beginnen die Ansagen zwischen den Songs. Ich muss zu meiner eigenen Schande eingestehen, dass ich die komplette Reihenfolge nicht mehr ganz im Kopf habe – ich war viel zu sehr damit beschäftigt, diesen für mich unvergesslichen Abend in vollen Zügen zu genießen. Ich hätte nichts anderes akzeptiert, ich hätte die Show wahrscheinlich missmutig verlassen – aber dazu sollte es zum Glück nicht kommen: Natürlich „darf“ Plastique, die an diesem Abend klar den Heimvorteil auf ihrer Seite hatte, ihren Song „Ich bin aus Plastik“ präsentieren. Die Requisiten sind natürlich allesamt mit im Gepäck – sei es jetzt das große Blechfass zu „Arbeit adelt“, die Fahnen mit dem Welle:Erdball-Logo zu „Hoch die Fahnen“ oder eine Attrappe der 8 mm Kamera zu „Super 8“. Alles ist an Ort und Stelle, jeder Song wird so zu etwas Besonderem (es haben wirklich nur noch die großen Luftballons zu „Schweben, Fliegen, Fallen“ gefehlt). Die Band spielt und spielt und spielt, die Setlist scheint kein Ende zu haben und die Kondition der einzelnen Bandmitglieder scheint kaum Schwächen zu zeigen. Unabhängig davon, ob Welle:Erdball nun Brecher mit treibenden Beats wie „23“, „Elektrosmog“ oder „Monoton + Minimal“ in Richtung Publikum feuern, ob mitreißende Nummern wie „Der Telegraph“, „VW Käfer“ oder „Und es geht ab“ auf das Gehör und das Gemüt des Publikums treffen, oder ob ruhigere Töne („Nur tote Frauen sind schön“, „Gib mir mein Gefühl zurück“ oder „Deine Augen“) angeschlagen werden, es wirkt immer authentisch, so ehrlich, so unglaublich mitreißend.

Bei einem fast dreistündigen Konzert verzeiht man auch schon mal den ein oder anderen technischen Patzer. Auch wenn das sich immer steigernde Massebrummen durch ein defektes Kabel und das leider erst verzögerte Eingreifen des Tontechnikers gerade für die Besucher in der ersten Reihe wohl nicht ganz so harmlos war, wie für die, die in den hinteren Reihen standen („Telefonsex“) – aber bei so viel Liebe zu den Fans und so viel, was Welle:Erdball ihren Fans zurück geben, bleibt einem dennoch hauptsächlich das Positive des Abends im Kopf!

Welle:Erdball – einfach immer wieder ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Und auch nach drei Stunden möchte man noch immer mehr... Und doch endet der Abend mit dem Welle:Erdball-typischen „Sie hörten Welle:Erdball“ und Honey, Plastique und Co. verabschieden sich.


Vanessa Vogl - www.sounds2move.de