Bands:

Devin Townsend Project + Aeon Zen
Location: Colos Saal Aschaffenburg

Datum:

23.03.2011

 

Was für ein Glück, dass Devin Townsend seine Auszeit, die er sich nach seinem fast gänzlich im Alleingang aufgenommenen Album "Ziltoid, The Omniscient" genommen hatte, jetzt nicht nur hinsichtlich seiner Studioaktivitäten beendet hat, sondern auch wieder live auftritt. Dabei hat man aber durchaus den Eindruck, dass dem Kanadier die Pause geholfen hat, sein neues Ich zu finden. Wohin seine Entwicklung gehen könnte, deutete sich freilich schon anhand der Bedingungen an, unter welchen er Pause begann: Mit der Auflösung seiner brillanten Krawallkapelle Strapping Young Lad, für deren Musik er sich selbst als nicht mehr wütend genug empfand, und die mit ihrem letzten Album "The New Black" in der Tat eine gewisse selbstironische Distanz zu ihrem bisherigen Wirken aufgebaut hatte (was dem enormen Unterhaltungswert der Platte indes keinen Abbruch tat) sowie mit erwähntem "Ziltoid"-Album, das von humorvoller Selbstreflexion geprägt war und zu diesem Zeitpunkt gut und gerne das letzte Werk des Meisters hätte bleiben können. Dem war dann aber doch nicht so: Townsend meldete sich 2009 mit dem DEVIN TOWNSEND PROJECT zurück, welches bisher zwei Alben, das verhältnismäßig entspannte "Ki" und den poppig-mitreißenden Happy-Metal-Brocken "Addicted" veröffentlicht hat.

Die Rückschlüsse. die dies auf den "neuen" Devin erlaubte, erwiesen sich am 23.03.2011 in Aschaffenburg für mich persönlich als wahr: Der Gitarrist und Sänger wirkte ausgeglichen, freundlich, scherzte viel und schien vor Allem auch richtig Spaß daran zu haben, auf der Bühne zu stehen. Die Vorfreude auf seine Fans zeigte sich auch darin, dass er für die Umbaupause nach dem Auftritt der Vorband AEON ZEN ein Programm zusammen gestellt hatte, in dem er in der Rolle des Aliens Ziltoid die Songs der Pausenberieselung anmoderierte. Dass die Auswahl der Lieder für ein Metal-Konzert ziemlich ungewöhnlich war (unter Anderem Bee Gees, Abba und Katey Perry) entspricht dabei sowohl der Vorliebe des Kanadiers für eingängigen Pop als auch seinem speziellen Humor. Letzterer wurde dann zum Beginn der Show auf die Spitze getrieben: In einem Intro-Video widmete sich Ziltoid den Konzertbesuchern höchstpersönlich, heizte diesen erst mit einer kleinen Tanzeinlage ein und verkündete dann, dass wir alle in der Halle die Ehre hätten, seine sexuellen Sklaven zu werden. Im Übrigen seien 75% der Konzertbesucher schwul und die anderen 25% hässlich. Nach dieser geschmackvollen Einleitung ging es dann aber endgültig los. Die während der ersten zwei Lieder noch etwas verhaltenen Publikumsreaktionen schlugen spätestens bei "Kingdom" in eine sehr gute Stimmung um, in der man zu spüren glaubte, wie viel Achtung jeder Einzelne im Saal dem musikalischen Chamäleon Townsend entgegen bringt. Dieser hatte musikalische Unterstützung durch drei Mitstreiter seiner ehemaligen Devin Townsend Band: Drummer Ryan Van Poederooyen (welcher einen exzellenten Job machte!), Basser Beav (in der Devin Townsend Band noch zweiter Gitarrist) und Dave Young an der zweiten Gitarre (bisher eher als Keyboarder tätig gewesen). Einen Tastenmann hatte man hingegen nicht mitgebracht, so dass neben diversen Gesangspassagen und Klangeffekten auch sämtliche Synthies vom Band (bzw. der Festplatte) kamen. Dass bei dieser durch die Einspieler und den Clicktrack eingeengten Spielweise dennoch immer richtige Liveatmosphäre herrschte und die Performance nicht statisch rüber kam, grenzt an ein Wunder, ist aber Fakt. Lediglich der Umstand, dass der Sound dann und wann etwas zu undifferenziert war, störte den positiven Eindruck der Darbietung etwas. Nach einer mit Hits wie "Life", "Bad Devil" (bei dem Devin in den Zuschauerbereich sprang, um dort für Stimmung zu sorgen) und "Earth Day" gespickten Setlist sowie zwei weiteren Auftritten von Ziltoid setzte das wunderbare "Deep Peace" den Schlusspunkt des regulären Showteils. Während des Bombastfinales nach dem herrlichen Gitarrensolo verkündeten die Videobildschirme die neue Botschaft des Herrn Townsend: LOVE. Als Zugabe gab es dann aber noch einmal etwas ganz Besonderes: Für "Bend It Like Bender" holte Devin einen Haufen Fans auf die Bühne, denen er aufgab zu diesem Song "wie Idioten zu tanzen". Und wer könnte dem Sympathen einen solchen Wunsch schon abschlagen?

Manchmal mag man aus musikalischer Sicht den wütenden, frustrierten, sich ewig benachteiligt fühlenden Devin Townsend, der sich auf "City" nicht nur die eigene Last von den Schultern schrie sondern dabei auch dem Zuhörer seine Katharsis erleichterte, vermissen. Dieser Abend in Aschaffenburg hat aber eines klar gemacht: Im Moment würde dies einfach nicht zum Künstler passen. Und der zufriedene, freundliche, zutiefst humorvolle Townsend ist im Ergebnis ebenso unterhaltsam, wie der angepisste. Daher sollte kein Fan die nächste Gelegenheit verpassen, das Devin Townsend Project live zu sehen, um mit dessen Mastermind sein neues Leben gebührend zu feiern.

Florian Gothe – www.sounds2move.de