Bands:

Chris Cornell + William Elliott Whitmore
Location:

The Fillmore San Francisco, CA (USA)

Datum:

03.05.2011
Tour: "Songbook Tour 2001"

 

Welche Verlockung: Ausnahmesänger Chris Cornell geht auf Tour. Ganz allein. Nur mit seiner Gitarre bewaffnet. Alles akustisch. Nur kleine Clubs und nah am Publikum. Da kommt Freude auf, und überall in den USA rennen die Fans der Grunge-Ikone die Türen ein, alle Konzerte der mehrwöchigen Tour sind schon lange im Voraus restlos ausverkauft. Bevor der Großmeister allerdings sein Notenbuch zückt, darf erst einmal WILLIAM ELLIOTT WHITMORE seine Wandergitarre auspacken und mit weitestgehend ruhigen Eigenkreationen die noch halbvolle Halle auf das einstimmen, was da noch kommen mag. Das gelingt dem zurückhaltenden, aber freundlichen Mr. Whitmore bisweilen recht gut.

Dass CHRIS CORNELL seinen Kollegen etwas später in allen Belangen in die Tasche steckt, liegt nicht allein in der Natur der Sache. Dass Cornell sein großes Charisma auch hinter einem dichten, wild wuchernden Vollbart oder hinter ausgelatschten, schnürsenkellosen Stiefel nicht verstecken kann, spielt hingegen zweifellos eine Rolle. Ebenso die Tatsache, dass der Mann, dem man gar nicht zutrauen mag, ein nobles Restaurant in Paris zu besitzen, auf wunderbar natürliche Art und Weise die alten Rock N Roller-Klischees bedient („Rieche ich hier Weed? Mir gefällt’s bei euch!“, „Eigentlich wollte ich meine anderes Shirt noch eine Woche tragen, aber ich hab’ mir vorhin das halbe Abendessen drüber geschüttet und wollte niemandem noch mehr Gestank zumuten“). Garantiert keinen Einfluss auf das Gelingen des Abends hat die Bühnenproduktion, was ganz banal daher kommt, dass selbige nicht existent ist. Ein paar im Halbkreis aufgereihte Gitarren, ein Mikrofonständer und ein Plattenspieler (!), alles in schwummriges rotes und blaues Licht getaucht und fertig. Somit müssen die Akzente zwangsläufig akustisch gesetzt werden, was für einen Chris Cornell natürlich keine Herausforderung darstellt. Der Ankündigung, auch verborgene Perlen ins Programm zu holen, lässt Cornell gleich in den ersten 20 Minuten Taten folgen und präsentiert mit „Two Drinks Minimum“ („Scream“) und „Sunshower“ („Euphoria Morning“) direkt mal zwei B-Seiten seines ersten, respektive dritten Soloalbums und darüber hinaus den fast 20 Jahre alten Soundtrackbeitrag „Seasons“ (zum Film „Singles“). Ebenso gönnerhaft ist der Maestro aus Seattle heute mit Coverversionen, wobei er es mit selbigen in der zweiten Hälfte des Sets dann doch etwas zu gut meint – besonders vor dem Hintergrund, welche Leckerbissen seine beiden letzten Solowerke noch parat gehabt hätten. Heute beeindruckt der Sänger seine Fans lieber mit gleich vier Songs vom Temple of the Dog Allstar-Album, einigen Audioslave-Großtaten und nicht zuletzt Handverlesenem seiner frisch reformierten Soundgarden. Von letzteren verzücken vor allem „Like Suicide“ und der mit unzähligen Zwischenrufen geforderte Überhit „Black Hole Sun“, der spät kommt, aber dennoch aus hunderten Kehlen mitgeschmettert wird. Gänsehaut, anyone?!

Aber da war doch noch was? Richtig, der bereits erwähnte Plattenspieler war nicht etwa ein bloßes Dekor-Utensil, sondern kam tatsächlich zum Einsatz. So kam nicht nur eine speziell für diese Tour auf Vinyl gepresste, abgespeckte Instrumentalversion von „Scream“ zum Zuge, zu welcher Cornell seinen live-haftigen Gesang beisteuerte. Auch der leider vor knapp drei Jahren verstorbenen Kollegin und Freundin Natasha Shneider wurde Tribut gezollt, indem ihr schwermütiges Pianospiel zu „When I’m down“ nicht schnöde per Sample aus den Boxen gejagt, sondern direkt von den Originalbändern auf Vinyl gezogen und von Chris eigenhändig eingespielt wurde. Eine schöne Geste vor einer überaus geschichtsträchtigen Kulisse übrigens, denn auf den Brettern des legendären Fillmore mit seinen dunkel getäfelten Wänden an denen Unmengen an individuellen, handgearbeiteten Konzertplakaten aus vergangenen Tagen hängen, haben bereits The Who, Willy Nelson, Little Richard, die Foo Fighters, Duran Duran, Coldplay, Fatboy Slim und The White Stripes gestanden – um nur ein paar wenige zu nennen. In die Riege dieser Großen gehört ein Chris Cornell natürlich längst, nicht erst seit diesem bemerkenswerten Gastspiel in San Fancisco, der Stadt, die nicht umsonst als „Die Schöne an der Bucht“ bezeichnet wird.

Markus Rutten – www.sounds2move.de



Mehr als das Poster können wir euch leider nicht zeigen - striktes Kameraverbot.

 

Setlist Chris Cornell:

Be Yourself
Redemption Song (Bob Marley-Cover)
Two Drinks Minimum
Can’t Change Me
Ground Zero
Seasons
Sunshower
A Day in the Life (The Beatles-Cover)
When I’m Down
State Trooper (Bruce Springsteen-Cover)
Hunger Strike
Doesn’t Remind Me
Call me a Dog
All Night Thing
Like a Stone
I Am the Highway
Fell on Black Days
Like Suicide
Billie Jean (Michael Jackson-Cover)
Burden in my Hand
Thank You (Led Zeppelin-Cover)
Man of Golden Words (Mother Love Bone-Cover)
Comfortably Numb (Pink Floyd-Cover)
Say Hello 2 Heaven
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Scream
Black Hole Sun
Imagine (John Lennon-Cover)