Bands:

Eisregen + Discord, Fäulnis
Location: Musikzentrum Hannover

Datum:

23.10.2010

 

Das Eisregen-Konzert an diesem Abend im Musikzentrum gehörte zum Random Play – Hannovers Clubkarussell. An dieser Veranstaltung nahmen zehn Clubs in Hannover teil und Besucher brauchten nur ein Ticket für 15€ (AK 18€) zu kaufen, mit dem sie Veranstaltungen aller zehn Clubs besuchen konnten. Ein nettes Konzept mit gutem Werbefaktor für die Clubs. Allerdings hatte sich in den Flyer zur Veranstaltung ein fetter inhaltlicher Fehler eingeschlichen, über den sich sowohl die Bandmitglieder von Eisregen, wie auch die Fans sicher immer noch kringeln vor Lachen. Da wird die Musikrichtung der Band doch tatsächlich mit den Worten „Experimental, Metal und Christlicher Rap“ (!!!) beschrieben. Wenngleich die ersten beiden Begriffe zutreffend sein mögen, könnte christlicher Rap nicht weiter vom Stil der Band entfernt sein. Sollte sich tatsächlich ein ahnungsloser Anhänger Christlicher Rapmusik an diesem Abend ins Musikzentrum verirrt haben und nicht bereits durch die Anwesenheit der zahlreichen Metalheads stutzig geworden sein, so dürfte ihm spätestens beim Bühnenbild, wo links und rechts zwei Banner mit einem gekreuzigten Jesus und dem Schriftzug „Jesus Stinkt!“ hingen, klar geworden sein, dass er hier an diesem Abend keine Christlichen Rapsongs zu hören bekommen wird.

Aber vor dem Eisregen hatten erstmal zwei Vorbands die Aufgabe, die Fans anzuheizen. Den Anfang machten DISCORD aus Celle, die mit ihrem Hardcore-Metal das Publikum beschallten und dabei Stücke ihrer beiden Alben „Energy from Waste“ und „See me scream“ spielten. Nach kurzer Umbauphase konnte man das Dark Metal Projekt FÄULNIS von Sänger und Mastermind „Seuche“ bei einem ihrer letzten Auftritte sehen, bevor sie sich auf unbestimmte Zeit zurückziehen. Doch letztlich waren die meisten Fans nur wegen einer Band hier und das waren EISREGEN aus Thüringen. Und als die Combo um Sänger und Mastermind Michael „Blutkehle“ Roth die Bühne betrat, wurden sie auch gebührend empfangen. Nach einem kurzen Anfang, dem aber gleich wieder die Musik abgedreht wurde, kommentierte Michael dies mit einem scherzhaften „Macht’s gut, Hannover, bis zum nächsten Mal!“ und verließ die Bühne, woraufhin die Fans sich nach kurzer Verwirrung nicht lumpen ließen und vehement „Zugabe!“ forderten… Diese sollten sie auch bekommen. Und wie! Die Setlist war ein einziges „Best of“ aus den verschiedenen Schaffensphasen der Band. Selbst Stücke, die man seit zehn Jahren nicht mehr live gespielt hatte, wie „Schwarze Rose“ vom Album „Leichenlager“ waren dabei, aber auch Tracks vom aktuellen Werk „Schlangensonne“ von dem die Band unter anderem „Kai aus der Kiste“ spielte. Bei vielen von den älteren Stücken zeigte auch das Publikum eine beneidenswerte Textsicherheit. So war die morbid-fiese Ballade „19 Nägel für Sophie“ ein besonderes Highlight. Aber auch zwischen den Songs bewies Blutkehle seinen typischen schwarzen Humor mit Ansagen wie „Man sagt uns ja nach, dass wir völlig humorlos seien. Aber das stimmt gar nicht. Auch wir lachen gern. zum Beispiel wenn wir an einem Unfall mit Schwerverletzten vorbeifahren….“.

Mit „1000 tote Nutten“ von der „Hexenhaus“-EP  und „Das liebe Beil“ sowie „Treibjagd“  vom „Knochenkult“-Album bekamen die Fans weitere Beispiele der tiefgründigen, anklagenden, aber dabei zynisch und morbid-bösen Texte dargeboten. Von den beiden indizierten Alben durfte die Band eigentlich keine Titel spielen, aber das Problem lässt sich ja durch Abänderung der Titel und Texte lösen. So kam sowohl „Meine tote schwedische Freundin“ zum Einsatz wie auch die „Nonnen für die Schweine“ - sehr zur Freude der Fans. Vor dem letzten Stück des Hauptsets brachte Blutkehle noch einen Beutel mit Raritäten auf die Bühne, den ein Fan gewinnen sollte, wenn er eines von zwei Dingen tut. Entweder sich nackt ausziehen, hinsetzen und über Radioaktivität nachdenken oder aber auf die Schultern seines Nachbarn klettern und dort so originell es geht mittanzen. Da sich niemand auszog und über Radioaktivität grübelte, suchte Blutkehle sich einen der zahlreichen Fans, die auf den Schultern ihrer Freunde saßen aus, bat ihn auf die Bühne, übergab ihn den Beutel und erlaubte ihm, bis zum Ende des Konzertes auf der Bühne auf einem eigens hereingebrachten Stuhl sitzen zu bleiben und das Konzert von dort weiterzuverfolgen. Eisregen beendeten den letzten Zugabenblock mit der „Elektro-Hexe“ und „Thüringen“, ehe sie die begeisterten Fans in die Aftershow-Party entließen. Fazit: Ein Eisregen-Konzert ist schon allein wegen Blutkehles Ansagen und den textsicher mitsingenden Fans ein Erlebnis.

Steve Palaser – www.sounds2move.de