Bands:

Oomph! + Tanzwut, Qntal, Der Fluch, Staubkind

Location:

Capitol Hannover

Datum:

22. Oktober 2010

Tour:

Autumn Ball 2010

 

Nachdem sich in den vergangenen Jahren der Christmas Ball nicht nur etabliert hat, sondern zu einem derartigen Erfolg geworden ist, das er regelmäßig ausverkauft ist und seit letztem Jahr auch in mehreren Locations in Deutschland stattfindet, wollten die Veranstalter das „Ball-Konzept“ auch auf andere Zeiten jenseits der Open-Air-Festivals im Sommer ausweiten. Der für diesen April geplante „Spring Ball“ für den unter anderem De/Vision und Klangstabil angekündigt waren, wurde leider kurzfristig abgesagt, erlebt aber vielleicht, wenn die Gespräche und Planungen positiv verlaufen, im nächsten Jahr seine nachträgliche Premiere. Am 22.Oktober feierte im hannoverschen Capitol mit dem „Autumn Ball“ aber zumindest der Herbstball seine Premiere. Glücklicherweise nicht ausverkauft und voller Menschenmassen wie der letztjährige Christmas Ball an gleicher Stelle, war die Besucheranzahl für die Premiere aber dennoch okay. Man fühlte sich nicht wie in einer Sardinenbüchse, es waren aber dennoch genügend Leute vor Ort, die für ein stimmungsvolles Festival sorgten.


Staubkind

Eröffnet wurde das Festival mit den Berlinern STAUBKIND. Die Band um Sänger und Mastermind Louis Manke, der vielen auch als Gitarrist bei Terminal Choice bekannt sein dürfte, spielte ein tolles Set mit vielen Hits aus den ersten beiden Alben „Traumfänger“ und „Zu weit“. Von „Kein Engel schweigt“ über „Keine Sonne“, „Mein Herz“ und das leider immer aktuelle „Schlaflied“ war einiges vertreten, was die Fans gern hören und Louis schaffte es mühelos auch zu einem so frühen Zeitpunkt das Publikum zum mitgehen zu animieren. Aber wie es bei Festivals nun einmal üblich ist, sind die Spielzeiten vor allem der ersten Bands leider nicht allzu lang und so war der Staubkind-Auftritt viel zu schnell vorbei. Bleibt zu hoffen, dass er im Herbst nächsten Jahres, wenn er mit dem dritten Album, welches bis dahin fertig sein soll, auf Tour geht, auch wieder in Hannover Station macht. Nach Staubkind gab es eine kurze Umbauphase, bei der Louis noch zweimal über die Bühne huschte und dabei von den Fans enthusiastisch begrüßt wurde. Die zweite Band des Abends hat dann schon Klassiker-Status. DER FLUCH gründete sich 1981 als Nebenprojekt der deutschen Punkband Oberste Heeresleitung (OHL)  und veröffentlichte 1982 wahre Klassiker der deutschen Horror Punk Szene, ehe es 12 Jahre lang still um sie wurde und sie erst 1994 mit härterem Stil wieder auf der Bildfläche erschienen. Mit Texten, die an die alten Horrorfilme anlehnten und viel Wucht zeigten sie auf dem Autumn Ball, dass sie noch längst nicht zum alten Eisen gehörten.
 

Die nächste Umbauphase dauerte etwas länger. Etwas viel länger. Etwas sehr viel länger. Und als es dann nach gefühlten zwei Stunden Wartezeit endlich soweit war und die Mittelalter-Elektroniker von QNTAL anfingen, hörte man leider nur allzu deutlich, dass die technischen Probleme, welche die Umbauphase so in die Länge zogen, keineswegs behoben waren. So hatte beispielsweise Michael Popps E-Gitarre zunächst keinen Saft und der Sound klang allgemein recht breiig, was gerade bei den feinen und fragilen Klanggemälden von Qntal nicht gerade hilfreich war. Sängerin Syrah machte gute Miene zum bösen Spiel und zog das Programm durch, während Popp sich zwischenzeitlich weiter um die Technik kümmerte. Normalerweise ist ein Qntal-Live-Konzert ja ein Genuss, aber hier wurde es vor allem in der Anfangsphase zur Qual, gerade wenn man weiß, wie genial die Stücke mit vernünftigem Sound klingen. Glücklicherweise wurde es aber im Verlauf des Auftritts besser. Eine interessante Neuerung ist die Violinistin Sarah Mariko, die Syrah auch beim Gesang unterstützt und gut ins Live-Gefüge der Band passt. Neben Klassikern wie dem „Palästinalied“ und „Maiden in the Moor“ spielten sie auch „Entre Moi et mon ami“ und beendeten den viel zu kurzen Auftritt mit „Veni Veni“.


Nach der nächsten Umbauphase, die nicht ganz so lang war, aber dennoch irgendwie ZU lang, brachten TANZWUT den Saal zum Kochen. Sänger Teufel, der sich mit Tanzwut ja unlängst von Corvus Corax getrennt hat und mit Teufel auch ein Solo-Projekt am Laufen hat, war voller Energie und Spielfreude und so sprang der Funken auch sofort auf die Fans über. Von „Ihr Wolltet Spass“ über „Meer“, „Labyrinth der Sinne“, Seelenverkäufer“, „Wieder am Riff“ bis zum „Vulkan“ heizte Teufel dem Publikum ein. Dass es in der Band neben ihm und dem gerade nach der Trennung von Corvus in die Band zurückgekehrtem Ardor kaum bekannte Gesichter auf der Bühne gab, störte nicht weiter, so gut zog Teufel die Aufmerksamkeit auf sich. Aber auch dieser Auftritt ging vorbei wie ein Sturm und es wurde Zeit für die letzte Umbauphase, nachdem Teufel sich am Ende nicht sicher war, ob er noch ein Stück spielen durfte oder nicht, was das Publikum etwas verwirrt und teilweise auch verärgert zurückließ.
 


Tanzwut

Aber der Auftritt des Headliners OOMPH!, für die dieser Auftritt das letzte Konzert in diesem Jahr sein sollte, riss alle vorhergehenden Pannen und Verärgerungen wieder raus. Sänger Dero wirbelte über die Bühne, als würde er Kilometergeld bekommen und ließ sich auch die eine oder andere Runde als Crowdsurfer nicht nehmen. Überhaupt hatte er die Fans schnell begeistert und im Griff. Sie spielten Hit auf Hit, wobei die besonderen Kracher wie „Augen auf!“ und „Gott ist ein Popstar“ natürlich wie zu erwarten erst zur Zugabe ausgepackt wurden. Aber auch „Sex hat keine Macht“ in der Akustikversion und „Sandmann“ durften nicht fehlen, ebenso wenig wie „Niemand“, „Das weiße Licht“ und „Revolution!“. Dass Dero am Ende noch ein bzw. zwei „Happy Birthday“-Geburtstagsständchen für ein Mädel im Publikum und Hannovers Szene-Ikone Kai Hawaii mit dem Publikum anstimmte, war dann das Tüpfelchen auf dem i und kurz nach halb drei Uhr morgens (!) war dann der offizielle Teil des ersten Autumn Balls Geschichte.


Oomph!

Fazit: Eine insgesamt schöne Veranstaltung mit hervorragendem Line-Up, welche aber mit technischen Problemen zu kämpfen hatte, die das Festival-Vergnügen ein wenig trübten. Wenn man diese in Zukunft vermeidet, aber weiterhin ein derart hochkarätiges Line-Up zusammenstellen kann, sollte dem nächsten Autumn Ball nichts im Wege stehen. Aber als nächstes steht erstmal am 26. Dezember der nächste Christmas Ball auf dem Programm. Mit Faderhead, Laibach, Agonoize und Project Pitchfork wird das Ganze diesmal sehr elektrolastig. Warum Hannover aber mit And One als Headliner aufwartet, während die Besucher der anderen Veranstaltungsorte (Köln, Würzburg, Berlin) sich an den Fields of the Nephilim erfreuen dürfen, bleibt ein Rätsel.

Steve Palaser – www.sounds2move.de