Bands: |
Schelmish + Herbstschmerz |
Location: | Musikzentrum Hannover |
Datum: |
21.10.2010 |
Es ist zwar noch
nicht so lange her, seit die Schelme das letzte Mal im hannoverschen
Musikzentrum mit ihrem Rockprogramm auftraten, aber in der Zwischenzeit
ist einiges passiert. Neben der Veröffentlichung von „Die hässlichen
Kinder“ im Oktober letzten Jahres gab es einige Veränderungen in der
Bandbesetzung und im April veröffentlichten sie ein reines
Mittelalter-Album, welches sie aber nur im Eigenvertrieb anbieten
können, da ihr Label kein reines Mittelalterwerk veröffentlichen wollte.
Entsprechend gespannt waren die Fans der Band, wie ein Live-Auftritt in
der neuen Besetzung abgehen würde. Doch zunächst war es an der Vorgruppe
HERBSTSCHMERZ das Publikum anzuheizen. Die
Alternativ-Folk-Rock-Band aus Hannover um Sängerin Dani konnte dabei
ebenfalls mit veränderter Bandbesetzung aufwarten. Neben Ersatz für den
bisherigen Gitarristen Bastian stießen noch zwei weitere Musiker zur
Band, die nun ein Sextett bildet und damit nach eigener Aussage „viel
mehr Möglichkeiten“ hat. Rechtzeitig zum Support-Gig für Schelmish
brachten Herbstschmerz auch eine neue EP mit dem schönen Titel „Es war
einmal…“ heraus, die drei Titel und einen Multimedia-Track enthält. Da
ich die Band vorher leider nicht auf dem Radar hatte, kann ich keinen
Vergleich zu früheren Performances anstellen, doch was man an diesem
Donnerstag im Musikzentrum zu hören bekam, wusste zu gefallen, war
sowohl musikalisch als auch textlich abwechslungsreich und Dani verstand
es auch das Publikum zu animieren. Damit haben sie als Supportband ihre
Sache sehr ordentlich gemacht und als Local Heroes lohnt es sich
durchaus, auch künftig ein Auge auf Herbstschmerz zu haben. |
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Aber egal wie gut eine Supportband ist, die meisten Fans waren wegen des Hauptacts da und nach kurzer Umbauphase traten SCHELMISH unter Applaus auf die Bühne. Die Band, die sich selbst gern mit den Worten „Wir sind fett, hässlich und asozial!“ beschreibt, hat sich zumindest visuell verändert, wenn man sich Fotos aus der Vergangenheit anschaut und wartete mit einigen neuen Gesichtern auf, von denen der bekannteste Neuzugang wohl der Patrick von Corvus Corax/Tanzwut sein dürfte. Der Berliner hört bei Schelmish auf den Namen Okusa der Bullige. Aber neben den insgesamt vier Neuzugängen war der Kern der Band natürlich noch dabei: Die Gründungsmitglieder Dextro, Des Demonia und Rimsbold ebenso wie Publikumsliebling Luzi. Musikalisch haben sie ihren Auftritt in drei Blöcke eingeteilt. Zunächst hauten sie mit ihrem Rock-Programm mächtig auf den Putz, ehe sie im Mittelteil passenderweise ihrer Mittelalter-Leidenschaft frönten und ein paar reine Mittelalter-Stücke spielten, ehe es im letzten Block und der obligatorischen Zugabe mit dem Rock-Programm weiterging. Man könnte fast meinen, es sei eine Art Best-of Programm, denn sie spielten sehr zur Freude der Fans einen Ohrwurm nach dem andern, von „Die hässlichen Kinder“ über „Freigang“, „Der letzte Kuss“, „Marionette“, „Blitz“, „Der Narr“, “Too Late“, Sommer“ bis hin zu „Mente Capti“, wobei mit „Boulevard“ natürlich auch die Abrechnung mit der Presse nicht fehlen durfte, vor der Dextro noch einmal die Hintergrundgeschichte erzählte. Überhaupt war Dextro wie üblich sehr gesprächig zwischen den Songs, was dem Auftritt die gewohnte humorvolle Note gab. Dass er sich gleich bei einem der ersten Stücke im Text verhaspelte und daraufhin auf den Schandfleck musste, den Luzi ihm mit Spucke nur allzu gern auf den Boden markierte, während sämtliche Fans und Bandmitglieder auf ihn zeigten und „Du bist Scheiße!“ riefen, trug ebenfalls dazu bei, dass die meisten Konzertbesucher ein breites Grinsen im Gesicht hatten. Ebenso als Luzi sich live auf der Bühne von Tütensuppe ohne Wasser ernährte und versuchte, sich aufzuplustern. Für solche und ähnliche Einlagen lieben die Fans diese Band.
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Doch nicht nur das Rock-Programm machte Spaß auf der ganzen Linie, auch
der Mittelalterblock war einzigartig, was daran lag, dass die Band unter
anderem mit „1212“ und vor allem mit dem genialen „The Clansmen“ Songs
ausgewählt hatte, die schon auf dem Album genial klingen, live aber noch
eine Spur besser daherkommen. Nach knapp zwei Stunden Spielzeit und
diversen Zugaben endete das Konzert allerdings auf einer etwas
unglücklichen Note. Nachdem Dextro ankündigte, zum Abschluss noch zwei
Songs spielen zu wollen, kam zunächst mit der Liebeserklärung an Des
Demonia vom Album „Mente Capti“ mit dem Titel „Zweiundzwanzig Jahre“ ein
schönes, fröhliches Stück. Als dieses jedoch vorbei war, drehte man der
Band den Ton ab, machte das Licht an und spielte im Hintergrund
irgendwelche Discomusik, was Dextro alles andere als amüsant fand und
seinen Unmut auch offen kundtat. „Wenn wir zu lang gespielt haben, okay,
aber ich lass mir das Wort doch nicht von Discomucke abschneiden!“. Wie
sich später herausstellte, hatte der eigene Techniker der Band das
verpatzt und nicht, wie Dextro und die Fans zunächst vermuteten, der
Club. Entsprechend hat Dextro sich auch für seine Worte entschuldigt.
Trotz dieses Aufregers am Ende, durch den die Fans auf das letzte Stück
„Wir werden Sehen“ verzichten mussten, war es alles in allem wieder
einmal ein genialer Auftritt einer sympathischen Band, die nach wie vor
sowohl im Mittelalter als auch in der Rockwelt zuhause ist und ihre Fans
mit viel Witz in diese Welten mitgerissen hat. Die „Neulinge“ haben sich
nahtlos in die Band eingefügt und man darf gespannt sein, wann es neues
Material gibt. In einem kurzen Gespräch nach Konzertende meinte Dextro
aber, dass der Stress in letzter Zeit nicht weniger geworden ist und er
überlegt, nach der Tour vielleicht ein paar Wochen zu pausieren, um die
Akkus aufzuladen und dann gestärkt ans nächste Album zu gehen. Auch eine
Ruhepause sei den Schelmen gegönnt, auch wenn die Fans sie in der Zeit
sicher vermissen würden.
Steve Palaser – www.sounds2move.de |