Bands:

Volbeat + Entombed, The Kandidate

Location:

Arena Chemnitz

Datum:

13.11.2010

Tour:

“Beyond Hell, Above Heaven”-Tour 2010

 

Es gibt wirklich noch Tickets an der Abendkasse. Das ist ungewöhnlich. Nicht nur, weil praktisch die komplette Tour von Dänemarks Exportschlager Volbeat seit Wochen ausverkauft ist, sondern auch, weil man vor der Chemnitzer Messehalle verwundert feststellen muss, dass einige Fans direkt mal per Reisebus zu diesem Konzert gepilgert sind. Zusätzlich zu der Blechlawine an normalen PKWs, die ebenfalls um einen 4 Euro teuren Parkplatz buhlen. Richtig was los also in der Stadt, die von 1953 bis 1990 Karl-Marx-Stadt hieß.

Ein gewisser sozialistischer Industriecharme zeichnet auch die eigentliche Veranstaltungshalle aus, die im Gegensatz zum modernen Eingangsbereich nicht nur stockfinster ist, sondern– sorry Chemnitz – auch stockhässlich. Auf Wohlfühlambiente muss heute also verzichtet werden, egal, hätte zum bulligen Hardcore der Kopenhagener Opener THE KANDIDATE mit Jacob Bredahl (Ex-Hatesphere, Last Mile) am Gesang ohnehin nicht gepasst. Dreißig Minuten Zeit wurden eingeräumt und für einen auf dem Papier ziemlich unpassenden Vorturner machen die Jungs ihre Sache gut und ziehen dadurch wenigstens die vorderen Reihen auf ihre Seite. ENTOMBED sind hingegen schon deutlich länger im Geschäft und den Metallern unter den Anwesenden natürlich ein Begriff. Old School Death Metal scheint fast noch weniger zum Headliner des Abends zu passen, kommt dafür aber überraschend gut an. Als letztlich „der Hit“ „Left Hand Path“ zum Zuge kommt, den wenigstens ein paar Anwesende zu kennen scheinen, ist aber Schicht im Schacht für die engagierten Nordlichter.

In der Umbaupause muss danach nur ein großes, den Bühnenaufbau verdeckendes Banner mit dem Bandlogo hochgezogen werden, um zum ersten mal Jubel aufbranden zu lassen. Circa 7.000 Fans wollen heute Abend natürlich vor allem VOLBEAT sehen und dieser Wunsch wird erhört, als zu „The Mirror and the Ripper“ das vordere Stofftuch fällt und den Blick auf die Bühne mitsamt 3D-Aufbau, Rampen und mehreren Ebenen freigibt. Sofort sind die ersten Hundert Hörnerpaare in der Luft und mindestens genauso viele Kamerahandys. Auch die ersten Tänzer werfen sich sogleich mutig in Posen, darunter auch die Ballermann-Fraktion, die seit ein paar Jahren neben Dorfdisco und Houseparty auch Metalfestivals wie Wacken für sich entdeckt zu haben scheint. Die Vollsuff-Spreu trennt sich im Verlauf des Abends dann allerdings spätestens beim überraschend im Set vertretenen „Evelyn“ (mit LG Petrov als Gastgrunter) vom Riffliebhaber-Weizen. Mit dem markigen Death-Gegrunze ist die Ed Hardy-Fraktion nämlich sichtlich überfordert und verliert sich augenblicklich in Ratlosigkeit. Metaller und Rocker werden da natürlich erst richtig warm, selbst wenn die Veranstalter das irgendwie mit allen Mitteln zu verhindern versuchen. Wie man auf die Idee kommen kann an einem späten Novemberabend und bei Temperaturen am Gefrierpunkt die seitlichen Hallentüren sperrangelweit auf zu reißen, obwohl die Besucher nur in (teilweise längst durch geschwitzten) T-Shirts da stehen, bleibt nämlich ein Geheimnis der Chemnitzer Verantwortlichen. Gleiches gilt für die teils unterschämten Wartezeiten am Gestensaftausschank. Oder sollte der zugige Frost nur den Durst der Besucher zügeln? Zum Glück sind Volbeat eine Bühnenmacht, der derartige Unzulänglichkeiten nicht in die Suppe spucken können. Stattdessen gibt’s tosenden Applaus für die Ankündigung „Sad Man’s Tongue“ heute neben dem obligatorischen Johnny Cash auch Sangeshalbgott Ronnie James Dio zu widmen. Mit standesgemäßem „Let’s get ready to Rumble“ („A Warrior’s Call“) startet nach über einer Stunde der erste Zugabenteil, der auch mit der Misfits-Coverversion „Angelfuck“ aufwartet, bevor abermals das Bühnenlicht erlischt und der Kopenhagen-Vierer zum finalen Anschlag auf die Nackenmuskeln und Stimmbänder ansetzt. Wer zum jetzigen Zeitpunkt noch Schmankerl wie „Fallen“, „Thanks“ und „The Human Instrument“ zücken kann, hat eindeutig ein beeindruckendes Arsenal an Hits. Danach ist aber endgültig Schluss und Volbeat verabschieden sich bestens gelaunt von ihren Anhängern. Was bleibt ist die Gewissheit, dass Michael Poulsen und seine Mannschaft endgültig in der Liga der Großen angekommen sind, sowohl in Sachen Spektakel und Show, als auch beim Zuschauerzuspruch. Rein musikalisch wussten wir das allerdings schon länger, siehe Setlist weiter unten. 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Setlist Volbeat:

The Mirror and the Ripper
Maybellene I Hofteholder
Hallelujah Goat
16 Dollars
Heaven nor Hell
Guitar Gangsters & Cadillac Blood
Soulweeper
Who they are
Evelyn (ft. LG Petrov / Entombed)
Mary Ann’s Place
Sad Man’s Tongue
We
I only wanna be with you (Dusty Springfield Cover)
Pool of Booze, Booze, Booza
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A Warrior’s Call
Still Counting
The Garden’s Tale
Angelfuck (Misfits Cover)
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Fallen
Thanks
The Human Instrument