Bands:

Papa Roach + Life of Agony, Audrey Horne

Location: Schlachthof Wiesbaden

Datum:

10.08.2010

 

Mittwochabend, Hessen hat noch Ferien. Eigentlich eine gute Voraussetzung für einen richtig gut gefüllten Schlachthof. Und in der Tat ist das Konzert gut besucht, wenngleich es beim letzten Gastspiel von Jacoby Shaddix und Co. im Oktober, also vor nicht all zu langer Zeit, noch kuscheliger war.

Gleich die erste Band des Abends, die Norweger AUDREY HORNE, können sich über ordentliches Interesse freuen. Mehrere Hundert Rocker zieht es aus dem verlockenden, angrenzenden Biergarten ins Innere der Halle. Gute Entscheidung, denn wer jetzt lieber draußen bleibt, verpasst die Überraschung des Abends. Denn die Skandinavier, bei denen u.a. Mitglieder von Enslaved mitmischen, starten zwar als Außenseiter, ziehen aber mit fortschreitender Spieldauer immer mehr Zuschauer auf ihre Seite. Dafür verantwortlich ist nicht nur die engagierte Darbietung oder der sympathische und agile  Frontmann Toschie (heute ganz in weiß), sondern vor allem ein Wurf überaus hochkarätiger Songs, die einerseits zwar richtig cool sind, einen andererseits aber keineswegs kalt lassen. Zur ungefähren Orientierung sollen an dieser Stelle Alice in Chains, Alter Bridge und eingängige Mastodon dienen. Der Schwerpunkt liegt auf dem aktuellen selbstbetitelten Album, „Bridges and Anchors“ von selbigem wird auch live teilweise unter Zuhilfenahme eines Megafons ins Szene gesetzt. Am Ende sind nicht nur dem verzückten Schreiberling die zugestandenen 30 Minuten Spielzeit deutlich zu wenig, auch die bereits fest in weiblicher Hand befindliche erste Reihe wäre über ein paar weitere Blicke auf den freigelegten, durchtrainierten Oberkörper von Gitarrist Ice Dale sicher nicht unglücklich gewesen.

 


Entertainment-Weltmeister: Jacoby Shaddix

Weniger Zustimmung – zumindest aus den ersten Reihen - erhalten danach die Co-Headliner LIFE OF AGONY. Die haben zwar ungleich mehr eigene Fans in der Halle als Audrey Horne zuvor, allerdings ist zwischen ihnen und den treuen Anhängern nicht nur der Bühnengraben, sondern auch ein Block Fans des heutigen Hauptacts, die keine großen Anstalten machen, auch das alteingesessene Gespann um Keith Caputo zu feiern. Hinzu kommt, dass zwar mit recht bekannten, allerdings auch für uneingeweihte Ohren erst einmal recht sperrigen Songs losgelegt wird. Wer nicht auf einen Hybriden aus Metal, Grunge und Crossover fliegt, verliebt sich auch nicht im Handumdrehen in diesen Sound. Wenn man dann auch noch von den eigenwilligen Bühnengebaren des leicht kautzigen Caputo überrascht wird, der sich zuweilen wie von epileptischen Anfällen geschüttelt über die Bretter wirft, muss man die Eindrücke erst einmal sacken lassen. Natürlich kennen die älteren Semester all das aus dem FF, sodass es ab dem Hit „River Runs Red“ langsam aber stetig aufwärts geht mit der Stimmung und der Temperatur. Die Musiker denken mit, verteilen fleißig Wasserflaschen und sammeln weitere Punkte bei den Wiesbadenern. Überschwänglich oder gar euphorisch wird es zwar bis zum finalen „Underground“ nicht mehr, aber zumindest der eigene Anhang kommt voll auf seine Kosten.

Wer jetzt auch noch PAPA ROACH sehen will (also quasi alle), braucht erst einmal Geduld. Überflüssige 40 Minuten Umbauzeit, wofür weiß nur der liebe Gott. Zudem zeigt sich schnell, dass Frontmann Jacoby Shaddix zwar den Sympathen und Aktivposten gibt wie eh und je, er stimmlich heute aber angeschlagen ins Rennen geht. Das hat Licht und Schatten bei der Gesangsleistung zur Folge, wovon manch einer aber vielleicht nicht einmal etwas mitbekommt, denn wenn der Sänger mal irgendwo aussetzt, singt sofort die halbe Halle aus voller Kehle weiter. Leider hat das Quartett sein Set nicht nur inhaltlich im Vergleich zur letzten Europa-Visite im letzten Herbst zu Gunsten des Debüts „Infest“ umgestellt, sondern auch die generelle Spielzeit empfindlich gekürzt. So kommen am Ende gerade einmal 70 Minuten zusammen und damit eine halbe Stunde weniger Programm als zuletzt an gleicher Stelle. Schade auch, dass es hauptsächlich „Metamorphosis“-Hits wie „Had Enough“, „Change or Die“ und „March out of the Darkness“ erwischt hat, selbst wenn es im Gegenzug mit „Kick in the Teeth“ einen brandneuen und bis dato unveröffentlichten Song vom kommenden Live-Album „Time for Annihilation“ auf die Ohren gibt. Sich über eine Papa Roach Setlist zu echauffieren ist natürlich meckern auf höchstem Niveau, aber ganz subjektiv war letzten Oktober alles etwas runder (vgl. Setlist im Live-Review Tilburg 2009). Das riesige Backdrop und die exzellente Lichtshow sollte man zukünftig aber auf jeden Fall beibehalten, macht sich nämlich sehr gut und gibt ein imposantes Bild ab. Der nächste Europaabstecher ist übrigens bereits gebucht, gegen Jahresende lassen sich Papa Roach ein weiteres mal, dann als Co-Headliner der „Taste of Chaos“-Tour in unseren Breitengraden sehen. Hoffentlich bis dahin wieder topfrisch, selbst wenn Papa Roach sogar mit angeschlagenem Frontmann noch viele Bands in Sachen Entertainment locker in die Tasche stecken.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 


Hyperaktiv: Toschie und Audrey Horne




Setlist Audrey Horne:

Charon
Circus
Bridges and Anchors
Threshold
Blaze of Ashes
 

Setlist Life of Agony:

Lost at 22
Weeds
I Regret
This Time
River Runs Red
Method of Groove
Other Side of the River
Bad Seed
Through and Through
Love to let you down
Underground

  

Setlist Papa Roach:

Getting away with Murder
To be loved
Born with nothing, die with everything
Lifeline
Broken Home
Kick in the Teeth
(neuer Song)
Scars
Crash
I almost told you that I love you
Take Me
Blood Brothers
Time is running out
Hollywood Whore
Forever
Between Angels and Insects
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Last Resort