Bands:

Faith No More + Harmful
Location: Jahrhunderthalle Frankfurt

Datum:

22.06.2009
Tour: The Second Coming-Tour 2009

 

HARMFUL haben heute die Ehre für Mike Patton und Co. zu eröffnen, können aber mit ihrem schrammeligen Alternative Rock nur wenige Blumensträuße gewinnen. Die Tatsache, dass Bassist Billy Gould zwischenzeitlich bei den Frankfurtern spielte, dürfte neben dem Lokalmatadorenbonus der einzige Grund gewesen sein, der die Truppe für diesen Slot qualifiziert hat. Diese Liebhaberband scheint mir einfach nicht gemacht für eine Bühne dieser Größe.

Also direkt weiter zum Headliner: FAITH NO MORE sind zurück! Die Band, die nicht nur den Crossover mitbegründet hat, sondern rückblickend auch zu den Favoriten vieler New Metal Acts gezählt haben dürfte. Anlässlich ihrer Reunion, welche die Musiker bisher ausschließlich auf europäische Bühnen bringt, wurden den Helden der 90er nicht nur exzellente Headlinerslots auf großen Festivals zugestanden, sondern auch die Hallenshows des Quintetts locken viele Fans an. So ist die Jahrhunderthalle in Frankfurt zwar nicht ganz ausverkauft, aber dennoch sehr gut gefüllt, als Faith No More vor nichts als langen, roten Vorhängen mit dem beswingten Peaches & Herb-Cover „Reunited“ loslegen. Nach dieser durchaus überraschenden, textlich aber passenden Eröffnung folgt sogleich eine Lehrstunde End-Achtziger-Rock in Form von „From out of Nowhere“. Mike Patton, stilsicher in einen roten Anzug gehüllt, beweist schnell, dass er gesanglich rein gar nichts verlernt hat und noch immer zu den absoluten Lichtgestalten des facettenreichen Rock-Gesangs gezählt werden muss. Die Lässigkeit mit welcher der Einundvierzigjährige von einer auf die andere Sekunde seinen Gesangsstil und die Tonlage komplett verändern kann, ist gleichermaßen beeindruckend wie bemerkenswert. Gleiches gilt für die extrovertierte Bühnenshow des Sängers, der sich zu Beginn zwar noch etwas zurück hält, nach und nach aber immer mehr durchdreht, sich auf der Bühne wälzt, auf der Monitorbox kauert oder per Megafon den Dirigent für mehrere Tausend frenetische Anhänger gibt. Der Fantomas und Pepping Tom-Sänger geht offensichtlich ganz schön am Stock und das gleich in doppelter Hinsicht, denn auf einen ebensolchen stützt sich Patton heute immer wieder und stolziert damit in Dagobert Duck-Manier über die Bühne, während die Gehhilfe hin und wieder auch als Taktgeber für die Fans zweckentfremdet wird. Kein Zweifel: Egal ob dieser Mann nun „King for a Day“, „The Gentle Art of making Enemies“ oder das Commodores-Cover „Easy“ anstimmt, mit einem derartigen Charisma sind nur die wenigsten gesegnet. Außerdem glänzen Faith No More auf ihrer aktuellen Tour nicht nur mit großer Spielfreude und wechselndem Set, sondern auch mit ihrer netten, humorigen Art. Keyboarder Roddy Bottum zum Beispiel verkündet wie überrascht er ist, dass all die Leute immer noch alle Texte können, wohingegen die Musiker selbst eine kleine Auffrischung nötig hatten. Wobei kleine Lücken durchaus entstehen können, wenn man zuvor 12 (!) Jahre nicht mehr live-haftig zu sehen war. Am unkaputtbaren „Midlife Crisis“ kann man sich jedoch mehr als einen Zahn der Zeit ausbeißen – diese Nummer gehört zu denjenigen Songs, die Faith No More einst unsterblich gemacht haben. Schon die ersten Trommelschläge von Mike Bordin genügen heute, um die Jahrhunderthalle in ein regelrechtes Tollhaus zu verwandeln. Der Mob explodiert, springt umher und freut sich wie ein Schnitzel, während die gesamte Halle den Chorus in ohrenbetäubender Lautstärke schmettert. Gegen Ende stellen die Musiker ihren Dienst dann mit einem ungläubigen Grinsen komplett ein und lassen stattdessen einfach den Moment auf sich wirken – Gänsehaut! Da Faith No More Konventionen schon immer schnuppe waren sei an dieser Stelle noch gesagt, dass wir uns hier nicht etwa im letzten Zugabenteil, sondern gerade mal in der Mitte des Sets befinden. Ein paar andere Hits folgen somit sogar erst noch, etwa der Rap Rock-Hit „Epic“ und das vor wenigen Jahren recht dreist von Marilyn Manson für „mOBSCENE“ adaptierte „Be aggressive“, dessen Chorus auf der Bühne nicht von einer Gruppe Cheerleader dargeboten wird, sondern von Tastenmann Bottum, was die Band zwar in ihrem Willen ohne Samples zu arbeiten ehrt, der Nummer aber ein bisschen von ihrem skurrilen Charme nimmt. Dass nach all den Jahren selbst ein 100-Minuten Set für die Fans noch viel zu kurz ist versteht sich von selbst und so muss meiner einer heute ohne „We care a lot“ und das einst von Sentenced famos gecoverte „Digging the Grave“ ins Bett. Als Zugaben werden da lieber nicht ganz so bekannte Songs gewählt, wobei man die Wahl der allerletzten Nummer komplett den Fans überlässt, die auf Zurufen das Finale eines tollen Abends bestimmen dürfen. Überraschend fällt die Wahl auf „Take this Bottle“ vom „King for a Day“-Album, das Mike Patton als Song über einen Cowboy ankündigt und auf seine ganz spezielle Art schwadroniert „Ihr mögt doch Cowboys, oder? In Deutschland gibt es auch Cowboys wie ihr wisst...? Truck Stop!“. Nachdem genau diesen Country-Schlager-Nordlichtern das letzte Liedchen gewidmet wurde, heißt es vorerst Abschied nehmen von Faith No More. Ein neues Album wäre zwar toll, ist aber kein Muss. Nur live dürft ihr euch sehr gerne noch das eine oder andere Mal sehen lassen. Aber bitte nicht erst wieder in 12 Jahren.


Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Setlist Faith No More:

Reunited (Peaches & Herb cover)
From Out of Nowhere
Land of Sunshine
Caffeine
Evidence
Surprise! You're Dead!
Last Cup of Sorrow
Cuckoo for Caca
Easy
Ashes to Ashes
Midlife Crisis
Introduce Yourself
King for a Day
The Gentle Art of Making Enemies
Be Aggressive
Epic
Just a Man
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Chariots Of Fire/Stripsearch
As the Worm Turns
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Take This Bottle

 

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