Man kann behaupten, dass Bad Salzungen nicht immer das einfachste Pflaster für eine tourende Band ist. Für die Letzte Instanz, die heute den 2. Tag ihrer gerade in Magdeburg angelaufenen Tour absolviert, gibt es hingegen erst einmal keinen Grund zur Klage. Das KW70 ist sehr gut gefüllt, wobei fast schon traditionell das Gothic-Publikum hier die Oberhand hat, was bei einem Crossover-Act wie der Instanz schon seit einigen Jahren nicht mehr selbstverständlich ist.

Genau auf dieses Publikum haben es auch SCHÖNGEIST abgesehen, die als Anheizer mitreisen. Dabei bedient das KW70 direkt wieder eine seiner vom Autor nicht gerade heiß geliebten Macken, nämlich die Tatsache, dass nicht nur erst nach 21:00 Uhr die Türen geöffnet werden, sondern die erste Band auch nicht vor 22:00 Uhr in die Saiten hauen darf. Ich will ehrlich sein: Schöngeist sind keine Band, auf die die Welt händeringend gewartet hat. Die Vorbilder liegen klar auf der Hand: Eisheilig, Eisbrecher und eine Idee Subway to Sally dienen als Referenz, allerdings ohne deren Qualitätsstandard gerecht zu werden. Zudem ist der Sound nicht optimal, die Violine hört man zum Beispiel nur selten, dafür ist der für meinen Geschmack zu holprige Gesang zu laut und es wird zu stark auf Samples vertraut. Der eine oder andere Euphoriker lässt sich zwar dennoch mitreißen und richtig schlecht ist die Band auch nicht, aber der Weisheit letzter Schluss eben auch nicht.

Dagegen ist die LETZTE INSTANZ natürlich ein Garant für Qualität und Kontinuität. Wirkliche Ausfälle hat sich das Septett nämlich noch nie geleistet, bisher hatte noch jedes Album seine herausragenden Momente, wobei vor allem die letzten drei Alben fast schon unverschämt hochklassig sind. Das jüngste Werk „Schuldig“ (übrigens kürzlich in einer Tour-Edition samt kompletter Live-Show auf einer Bonus-CD wiederveröffentlicht) ist da natürlich nicht nur Namensgeber dieser Tour, sondern auch massiv im Marathonset von famosen 130 Minuten vertreten. Dass dabei sogar zuvor ausgelassene Nummern wie das lyrisch wertvolle „Der Garten“ oder das stimmungsvolle „Wann“ zum Einsatz kommen, lässt die Stimmung steigen. Im vorliegenden Fall haben wir es übrigens mit einer Wunsch-Set Tour zu tun, für die man als Fan im Voraus seine Stimme abgeben und so seine Lieblingssongs ins Programm wählen konnte. Es scheint, als läge vielen Fans nach wie vor das metallische „Kalter Glanz“ Album am Herzen, das neben dem Titeltrack auch mit „Ganz oder gar nicht“, „Das schönste Lied der Welt“ und „Mein Todestag“ vertreten ist, leider aber ohne „Gewissen“ und „In meiner Erinnerung“. Rockt natürlich trotzdem und bildet einen schönen Kontrast zum virtuoseren Songmaterial der Neuzeit, etwa den Gänsehautgaranten „Monument der Stille“ und „Wir sind allein“.
Für einen Hauch von Glamour sorgt Drummer Specki mit seinem Glitzerdrumkit, der in weiser Vorahnung der zu erwartenden Temperaturen und zur Freude der weiblichen Zuschauer heute oben ohne auf seinem Schemel Platz genommen hat. Apropos Temperaturen: Auch Sänger Holly läuft schon nach kurzer Zeit ordentlich die Brühe über das glatte Haupt, sodass der Bühnentechniker die Kabel des In-Ear-Monitors sicherheitshalber lieber gleich mit Klebeband fixiert – Pragmatismus vor Ästhetik. Ein Opfer der Hitze wird zudem Geiger Muttis Stolz, der mit einer seiner herrlich unterhaltsamen und zugleich sinnentleerten Ansagen alle Mädels im Publikum zum gemeinsamen spätabendlichen Duschen im Damenklo einlädt. Das klingt aus dem Mund des spitzbübig grinsenden Dresdners übrigens weitaus charmanter als es sich hier unter Umständen liest. Was soll man sonst noch für Worte über diesen Abend verlieren? Es dürfte überflüssig sein, noch für zwei weitere Absätze ein Loblied auf die Instanzler zu singen, denn wer die Band kennt, weiß, dass die Platten genau wie die Konzerte ans Herz und noch viel mehr ins Tanzbein gehen. Viel schöner kann man kaum in den dritten Advent feiern.

Markus Rutten – www.sounds2move.de