Bands:

Mercenary + Tri State Corner, Breitenbach u.a.
Location: Rock am Turm Coesfeld

Datum:

05.09.2009

 

Lasst uns auf dem Schulhof eine Bühne hochziehen, eine Hand voll Nachwuchsbands und drei bekanntere Acts holen, die den Laden mal schön in Stücke rocken. Am besten schenken wir auch noch Bier und andere Getränke aus und stürzen und danach in den Pit. Was sich wie die größenwahnsinnige Vision eines angeheiterten Nachwuchsrockers im örtlichen Jugendzentrum anhört, ist in Wirklichkeit ganz und gar nicht so unrealistisch wie man anfangs meinen würde. In Coesfeld im Münsterland spielt sich nämlich jährlich exakt dieses Szenario ab, inzwischen sogar schon zum neunten Mal.

Mitten in einem Wohngebiet und in der Tat direkt auf einem tags zuvor noch von lärmenden Grundschülern besiedelten Schulhof findet das Ganze statt, was anfangs ziemlich befremdlich rüber kommt, sich aber als absolut praktikabel herausstellt. Zumindest am Nachmittag wirkt auch das überwiegend noch sehr junge Publikum (6-18) durchaus passend für den Austragungsort. Während die Staatsmacht bis nach Einbruch der Dunkelheit auf dem nahe gelegenen Parkplatz fleißig Alkoholkontrollen bei den sich dort aufhaltenden Person macht (und ausgerechnet die ältesten im Umkreis von 500 Metern, nämlich Simone, Mercenary-Bassist Rene und mich, anspricht und nach dem Rauschmittelkonsum fragt, während keine 10 Meter weiter die Generation Alkopop verkehrt – sic!), hält man sich auch auf dem Festivalgelände akribisch genau an den Jugendschutz. Alk wird auf dem Gelände an die Minderjährigen nicht ausgeschenkt und wer nicht volljährig ist, muss seinen Ausweis an der Kasse abgeben. Angesichts des noch vorherrschenden Altersschnitts eine nachvollziehbare und richtige Maßnahme. Und auch die Message der Veranstaltung darf als unterstützenswert betrachtet werden, denn man möchte gemeinsam ein Zeichen gegen Intoleranz und Extremismus setzen. Als Spenden-gestütztes Event sind auch die Preise moderat, wenn nicht sogar sehr billig. Von den 5 Euro, die man an der Abendkasse zahlt, werden 4 Euro direkt wieder in Form von 2 Getränken zurückerstattet. Viel preiswerter kann man nicht weg kommen, was die am Ende gut 3.000 Besucher ähnlich sehen.

 

Doch nun endlich ins Getümmel und zu den Geschehnissen auf der Bühne. Dank des starken Regens auf bundesdeutschen Autobahnen und dem Spezialisten, der spontan seinen Pferdeanhänger auf der Autobahn umgeschmissen hat, fallen für uns PANDA APOTHEKE und GENTLE KEYS sprichwörtlich ins Wasser und auch von TRAM bekommen wir nur noch die letzten Töne zu hören. Ein paar fleißige Neufans am Merch-Tisch der Band lassen aber auf eine durchaus sehenswerte Darbietung schließen. Als nächstes müssen BREITENBACH aus Frankfurt ran, die schon auf dem Soundgarden Festival in Friedberg einen guten Eindruck hinterlassen haben und diesen heute bestätigen. Die Spielzeit ist großzügig, der Platz vor der Bühne voll und nur der fiese kalte Wind schmälert den Spaß. Davon haben die Hessen genug, die mit „Beautiful“ und „Don’t come back“ einsteigen und mit heute insgesamt 11 Songs im Gepäck durchaus gut ankommen. Ebenfalls gut angekommen sind TRI STATE CORNER, nämlich schon im Vorjahr. Aufgrund der tollen Reaktionen auf die Mulitkulti-Truppe um Ex-Rage / Sub7even Drummer Christos Efthimiadis wurde das Quintett abermals eingeladen und geht heuer als Co-Headliner auf die Bretter. Dieser Würde wird die Band absolut gerecht und punktet mit Charme und dank Bouzuki (einer griechischen Laute) auch mit einem eigenständigen Sound. Derart exotisch aufgemotzt kommt der Metal / Crossover-Mix des griechisch-polnisch-deutschen Gespanns noch besser, das nach stilvollem „Pulp Fiction“-Intro mit „Remaining Moments“ loslegt. Das Publikum hat sichtlich was für die Jungs übrig und geht von „Oniro Trello“, über „Ela Na This“ bis zum Rausschmeißer „Yesterday’s Tomorrow“ voll mit. Da gönnt sich sogar das Fuchs-Maskottchen einer bekannten Bausparkasse einen Crowdsurf-Trip über die vorderen Reihen. Dass Sänger Lucky die angepunkte letzte Nummer seiner Band als härtestes Stück des Abends ankündigt, kann angesichts dessen, was da im Anschluss kommt jedoch nur ein unfreiwilliger Scherz sein.

 


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MERCENARY sind nämlich nicht nur die mit Abstand bekannteste, sondern auch härteste Band im diesjährigen Billing. Witzige Anekdote am Rande: Einer der Veranstalter hatte Sänger Mikkel Sandager beim Urlaub im Süden Europas kennen gelernt und eingeladen doch mal mit seiner Band das Rock am Turm zu zerlegen. Gesagt getan und hier sind Aalborg’s Finest. „Black and Hollow“ ist noch ein verhältnismäßig gemäßigter Einstieg, bevor „Bloodsong“ endgültig klar macht, wo der Frosch die Locken hat. Doch schon jetzt zerschlägt sich jegliche im Vorfeld aufgenommene Ungewissheit, da die Dänen sich nicht wirklich sicher waren, was sie hier erwarten würde. Kein Wunder, man spielt ja nicht alle Tage auf einem Schulhof irgendwo im Münsterland. Doch auch in der vermeintlichen Provinz finden sich offensichtlich genug Headbanger, um dem gebotenen Melodic Death Metal zu huldigen. Auch die zuvor mehr im Hintergrund gebliebenen Kutten- und Metalshirtträger sind inzwischen in Coesfeld angekommen und werfen sich vor der Bühne bereitwillig in den beachtlichen Pit. Da Mercenary zudem auf einige Fans von weiter weg zählen können, die sich diese Samstagabendunterhaltung nicht entgehen lassen wollen, ist die Stimmung ausgelassen und der Applaus zwischen den Songs laut. Besondern gilt es noch die Setlist hervorzuheben: Frei nach dem Motto „Wer uns bisher nicht kannte, wird sowieso keine Ansprüche an die Songauswahl stellen, da schnüren wir doch lieber ein Paket, das vor allem die loyalen Zugereisten bedient“ haben die Sympathen bei der Setlist-Diskussion am frühen Abend viel rares und lange ungehörtes den Zuschlag erteilt. „The Hours that Remain“ etwa kommt erstmals seit fast 2 Jahren wieder zum Zuge, der göttliche „Architect of Lies“-Bonustrack „Death Connection“ erfährt gar seine deutsche Live-Premiere und „World Hate Center“, vor allem aber auch „Firesoul“ (beide von „11 Dreams“) mussten seit geraumer Zeit meist aktuellerem Material weichen. Die Fans sind angesichts dieser Perlen verzückt, die Band gibt wie immer Gas und die neutralen Beobachter lassen sich ebenfalls mitreißen. Gegen Ende hin zollen zwar doch einige, die schon seit dem Nachmittag am Start sind dem langen Tag Tribut und die hinteren Reihen lichten sich zusehends, doch vorne geht es unbeirrt weiter und Mercenary knallen eine wuchtige Nummer nach der nächsten über den Schulhof. Nach 75 Minuten und zwei Stücken als Zugabe ist eigentlich planmäßig Schicht im Schacht, doch der Mob will mehr und fordert vehement einen weiteren Nachschlag. Der ist zwar weder eingerechnet noch anfangs angedacht, doch dann nickt der Veranstalter doch noch eine letzte Ölung ab, sodass der Dressroom (natürlich ein umfunktionierter Klassenraum) und eine heiße Dusche erst noch mal warten müssen. Schnell wird „This Black and Endless Never“ auserkoren und wuchtig runtergezockt, bevor sich zum dritten Mal und jetzt auch endgültig verabschiedet wird. Damit sind dann auch die Fans zufrieden die sich entweder an den Bierstand, zur After-Show Party im nahe gelegenen Club Fabrik oder auf den Nachhauseweg begeben. Fehlte unterm Strich eigentlich nur noch ein bisschen Sonnenschein. Das wäre dann aber auch das einzige an dem es im kommenden Jahr noch etwas zu verbessern gäbe.

Markus Rutten - www.sounds2move.de

  

Setlist Mercenary:

Black and Hollow
Bloodsong
The Hours that Remain
The Endless Fall
Dea
th Connection
World Hate Center
Soul Decision
Isolation
--
Execution Style
Firesoul
--
This Black and Endless Never

 

Setlist Breitenbach:

Beautiful
Don’t come back
Worst Best Craziest
Waiting
One Day
Sail Me
Little Wonders
Changes
Feels Like
One Second away
Tearing Down

 

 

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