Bands:

Blessed By A Broken Heart + I Am Ghost, Devil’s Gift
Location: Underground Köln

Datum:

29.11.08

 

Einmal groß über den eigenen Schatten springen. Die Glamcorer Blessed By A Broken Heart luden ins kuschelige Underground, samt Support aus eher zerrissenen Gefilden. Entsprechend sah das Publikum aus: Fragwürdige Topffrisuren, eine Menge Kajal und äußerst pubertäres Auftreten leiteten in einen Abend, der schlimmste Befürchtungen aufkommen ließ. Dass diese unberechtigt waren, ja, dass ausgerechnet Bands von diesem Schlage in Sachen Sympathie auszugleichen wussten, war dann doch fern jeglicher Erwartungen.

Mit dezenter Verspätung betrat man die Ehrenfelder-Location, und schnell kam nur eine Frage auf: War man hier richtig? Keine Gitarren, keine Drums, lediglich eine Dame am Keyboard. DEVIL’S GIFT luden oder besser gesagt lud zu melancholischen, eher poppigen Balladen - und bot damit ein interessantes Kontrast-Programm zum restlichen Tourtrott. Zwischen Trauer und Schmerz hob sie ferner nicht ungern eine Flasche Hochprozentiges und beschimpfte den nicht erschienenen Rest ihrer Band. Also doch, das sollte - nach eigenen Aussagen - Metal sein. Doch irgendwie schwer vorstellbar, dass zwischen all dem gefühlvollen Klavier und tragenden, zärtlichen Gesang noch Riffs Platz finden. Beurteilbar ist jedoch nur das Gesehene; und das wusste mitzureißen.

Überraschend kurz dieses Mal die Umbaupausen. In der Tat, das ist man vom Underground nicht gewöhnt. Doch nicht mal fünf Minuten zogen ins Land, bis das nächste Kollektiv - I AM GHOST aus Orange Country - die Bretter zum Beben brachte. Und während die meisten zu Devil's Gift nur gemütlich ein Bier genossen, schwungen hier die ersten bereits von Anfang an das Tanzbein. I Am Ghost spielen recht schnörkellosen, einfachen Emocore, den man nur gelegentlich Ähnlichkeiten zum restlichen Einheitsbrei des Genres anmerkt - sofern das jemand aus meiner Position beurteilen vermag. Spaß machte es jedenfalls auch den nicht Vertrauten, und gerade das sympathische Auftreten der Band (welches auch nicht durch das gewagte äußerliche des Quintetts gestört werden konnte) machte so einiges wett. Im späteren Verlauf des Sets konnte die Stimmung nur gesteigert werden, und auch erste Stagediver fanden ihren Weg in die Meute - auch wenn nicht jeder genau da landete, wo er es eigentlich geplant hatte.

Und auch BLESSED BY A BROKEN HEART, die eigentlichen Headliner des Abends, ließen nicht lange auf sich warten. Schrille Frisuren, zerrissene, enge Hosen, bunte Sonnenbrillen - diese Herren sind wohl zwei Dekaden in der Zeit stehen geblieben. Und ihr Outfit versprach nicht zu viel: Viel Bewegung, viel Posing, quietschende Gitarren, virtuose Soli und legendär anmutende Sprünge und Aktionen ließen Nostalgiker sabbernd in die 80er zurückblicken. Doch das müssen sie gar nicht, denn all dies bekamen sie an diesem Abend. Und während das Material auf Platte noch eher fragwürdig wirkt, so ist es hier einfach pure Party und Stimmung. Highlight aber vor allem Sänger Tony Gambino, der sich viel traute - und dafür vom Publikum groß gefeiert wurde. Er hangelte sich an der Beleuchtung an der Decke, er kletterte auf größte Boxen; und er sprang nicht selten. Auch Blondy Tyler Hoare bestach durch Sympathie, und gab seinen Bass sogar gegen Ende einen Roadie, um sich völlig aufs Singen zu konzentrieren. Jener gab sich übrigens sehr leidenschaftlich seinen Job hin, trat also im passenden Outfit auf, sprang wie wild auf der Bühne herum oder versorgte Publikum und Band mit Wasser. So etwas gibt es selten! Mit der Zugabe steigerte sich dieses Bild noch einmal ins Unermessliche: Es flogen Kisten, es regnete Glitzer, es schwebten die Diver. Beim letzten Song wurde dann sogar ganz traditionell noch mal ganz die Bühne auseinander genommen - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Meute wurde auf die Bühne gerufen, und sie kam. Drummer Frank "Da Bird" konnte sich sein Grinsen nicht verkneifen, als das Publikum ihm sein halbes Drumset auseinander nahm und er aufpassen musste, wo er mit seinen Sticks hinschlägt. Überhaupt: Da muss es später Ärger mit den Betreibern der Location gegeben haben. Doch das kann der begeisterten Meute egal sein.

Was bleibt ist ein Abend, der jegliche Erwartungen und Klischees brach (oder wie bei BBABH vollkommen erfüllte...) und die Moral hinterließ, man solle nicht alle über einen Kamm scheren. Denn trotz tonnenschweren Haarspray-Frisuren bewiesen sämtliche Bands ein erstaunliches Maß an Sympathie und Spielfreude. Dies bestätigte sich dann auch noch, als man einige Mannen von I Am Ghost später noch auf der Bühne den Gig genießen oder am Merch-Stand als Verkäufer sah. Tony Gambino ging sogar noch weiter und beworb das Merch seiner Band mit einigen schwungvollen Hüftbewegungen. Daumen hoch!

Olivier Haas - www.sounds2move.de

 

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