Bands:

Bullet for my Valentine + Lacuna Coil, Bleeding Through, Black Tide

Location: Rhein-Main Halle Wiesbaden

Datum:

28.11.2008

 

Die Waliser Bullet for my Valentine sind mittlerweile dem Wiesbadener Schlachthof entwachsen. Aus diesem Grund findet das Konzert des Vierers in diesem Jahr und als erste mir bekannte Metalveranstaltung in den Rhein-Main Hallen statt, die für gewöhnlich Tagungsstätte bzw. Messehalle sind. Um die Einlasszeit klärt ein kurzer Blick auf die Menschentraube vor der Halle allerdings alle Fragen, denn dieses Tourpaket wollen nicht wenige sehen. Am Ende werden es wohl geschätzte 3.000 Leute sein, die sich in der großzügig geschnittenen, übersichtlichen Halle versammeln.

Beste Voraussetzungen also für die blutjungen BLACK TIDE, bei denen der Mob vor der Bühne bereits beachtlich ist. Das Miami-Quartett wird zwar offen empfangen, kann seinen bisherigen Vorschusslorbeeren und den Lobeshymnen auf ihr Debüt „Light from Above“ nicht wirklich gerecht werden. Nicht dass die Jungs handwerklich nichts drauf hätten, es fehlt einfach der gewisse Kick und das gewisse Etwas, das den Schalter im Kopf des Zuschauers an diesem Tag umlegt. Und wer ist eigentlich der bärtige Kollege hinter den Kesseln, der geschätzte 15 Jahre älter ist als der Rest der Truppe? Die Antwort: Derek von Bleeding Through, der seinen Landsleuten aushilft, nachdem Steven Spence die Tour vorzeitig krankheitsbedingt abgebrochen hat. Allerdings reißt auch der es nicht raus. Verhaltener Beginn. Doch damit ist schon mit den folgenden BLEEDING THROUGH Schluss! Diese Truppe hat richtig Power und rennt beim von mir als eher poppig eingeschätzten, sehr jungen Publikum trotz jeder Menge Heavyness und Testosteron unerwartet offene Türen ein. Vorturner Brendan Schieppati ist ständig in Bewegung und fegt wie ein Wiesel auf Koks von der Bühne auf den Boxenturm vor selbiger, von dort ins Publikum und wieder zurück, sodass die Sache für das Sixpak aus Orange County schon nach den ersten zwei Songs – darunter das mächtige Titelstück der aktuellen Scheibe „Declaration“ – geritzt ist. Ab sofort brennt nichts mehr an und man kann sich sicher sein Wiesbaden im Sturm genommen zu haben. Die Breakdowns kommen fett, die Moshparts werden dankend angenommen, die Hände sind auf Zurufen bis zur Hallenmitte in der Luft. Währenddessen treibt die Batterie gnadenlos an, die Saitenfraktion post im großen Stil und Keyboarderin Marta Peterson wirft hinter ihrem Instrument ein ums andere mal den Haarrotor an oder schreit die Textzeilen mit diabolischem Blick mit, während sie mit ihren epischen Klangflächen einen willkommenen Kontrastpunkt bietet. Als Brendan augenzwinkernd einem der Sicherheitsleute von hinten aufmunternd auf die Schultern klopft und den Mob auffordert „den Burschen hier vorne endlich mal anständig etwas zu tun zu geben“, wird auch diesem Wunsch von einer Armada an Crowdsurfern nachgekommen. Die Überraschungssieger des Tages!

Danach können LACUNA COIL eigentlich nur noch verlieren, obwohl die Mailänder für gewöhnlich weiß Gott keine üble Liveband sind. Bei minimalem optischem Aufwand (Backdrop etc. fehlen komplett), zumindest aber mit stimmiger Lichtshow ist schon nach dem eröffnenden Doppelpack „To the Edge“ und „Fragments of Faith“ klar, dass der Fokus des Sets auf dem nach wie vor aktuellen „Karmacode“ liegt. Des weiteren wird klar, dass man an diesem Abend gegen Bleeding Through im Clash der Supportacts klar den Kürzeren zieht. Denn so richtig laut wird es auch beim großartigen „Swamped“ nicht, obwohl Cristina Scabbia jede Textzeile inbrünstig auf die Bretter bringt und stimmlich auch einen relativ guten Tag zu haben scheint, selbst wenn ihr markantes Stimmchen hier und da mal bei lang gezogenen Tönen etwas weg bricht. Erst die Coverversion von „Enjoy the Silence“ überwindet die gewisse Zurückhaltung der (nur vereinzelt eigenen) Fans, die zwar zum großen Teil noch nicht oder gerade erst auf der Welt waren als Dave Gahan diese Nummer einst schrieb, dafür aber trotzdem textsicher bei der Sache sind. Das sind auch Cristina - die klar im Zentrum der Aufmerksamkeit steht - und Andrea Ferro, wohingegen die Instrumentalmannschaft für mein Dafürhalten zu statisch und abgeklärt wirkt. Der Sound ist auch bei Band Nr. 3 unerwartet gut, allerdings kann man nicht leugnen, dass man bei den Italienern zum ersten Mal im Verlauf des Abends deutlich den irritierenden Hall der Räumlichkeiten wahrnimmt. Nichtsdestotrotz eine gute Show, aber leider das falsche Publikum. Könnte es sein, dass die Lacuna Coil Klientel, zu der auch ich mich zähle, größtenteils älteren Semesters als an diesem Abend ist?

Das ist ganz sicher nicht das Problem des heutigen Headliners. Schon das Fallen des Vorhangs und der damit verbundene freie Blick auf den Bühnenaufbau und den Banner der Waliser sorgen für das erste euphorische Aufschreien in der Halle; wohlgemerkt noch während der Umbaupause. Die ersten Mädels hyperventilieren und / oder bekommen spätestens mit Erlöschen des Saallichtes feuchte Höschen. Apropos Mädchen: Das so genannte „schwache Geschlecht“ kann so schwach nicht sein, denn bis auf ganz wenige Ausnahmen gehört die vorderste Reihe jungen weiblichen Fans, die trotz bisweilen heftigem Drücken und Schieben nicht vom Fleck weichen. „Welcome Home“ steht auf einem Fanbanner ein paar Reihen weiter hinten und schon nach wenigen Minuten weiß man, dass die vier Jungs von BULLET FOR MY VALENTINE es hier in der Tat mit einem kleinen Heimspiel zu tun haben. Auf ihrer sehr schicken Bühnenkonstruktion fühlen sich die jungen Megaseller offensichtlich pudelwohl, wobei vor allem Gitarrist Padge (geschmackssicher im Pantera-Leibchen) der ruhende Fels in der Brandung zu sein scheint, der auf zurückhaltend charmante Art seine Finger geübt über das Griffbrett flitzen lässt und seinem Sänger Matt Tuck bereitwillig den Platz an der Sonne überlässt. Dem sollte angesichts der tobenden Kids vor ihm eigentlich die Sonne aus dem Arsch scheinen und in der Tat kann sich der Teenieschwarm hin und wieder ein neckisches Grinsen auch nicht wirklich verkneifen. Jedoch würden vielleicht ein paar mehr Ansagen gut tun, mit denen die Bullets heute doch recht sparsam sind. Die Setlist ist zwar sehr fair auf das erste und das zweite Album aufgeteilt, aber irgendwie hat man das Gefühl, dass „The Poison“ unterm Strich irgendwie zu kurz kommt. Wo ist zum Beispiel „Suffocating under Words of Sorrow“ geblieben? Oder „Room 409“? Mit „Waking the Demon“, „Eye of the Storm“, dem Metallica-Kniefall „Say Goodnight“ (sehr geil!) und dem finalen „Forever and Always“ hat man sich dafür aber immerhin für die stärksten Nummern des Zweitlings „Scream, Aim, Fire“ entschieden, welche die Zielgruppe zwar auch abfeiert, die dafür aber gegen die „alten“ Hits dennoch stimmungstechnisch den kürzeren ziehen. Die Länge des Set ist mit 70 Minuten und angesichts der Tatsache, dass man mit vier Bands reist in Ordnung, auch wenn der Zugabenblock mit nur 2 Nummern recht karg ausfällt und man zum Finale keine Hitsingle mehr serviert. Merchpreise von 30 Euro für ein T-Shirt, an die sich auch die anderen Bands halten müssen, sind nach Ansicht des Autors deutlich überzogen und schmälern vor allem die zusätzlichen Einnahmen der Supports, die wohlmöglich deutlich mehr Leibchen hätten absetzen können, wenn man wenigstens 10 Euro günstiger gewesen wäre. Zumindest aber wurde der Zeitplan sehr genau eingehalten und durch eine straffe Staffelung ist man schon gegen 22:30 raus aus der Halle und kann entweder noch zum Umtrunk in die Innenstadt weiterziehen, oder den Heimweg antreten und erfreulicherweise nicht erst weit nach Mitternacht ins Bett fallen. Mit kleinen Abstrichen ein wirklich gelungener Abend.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Setlist Lacuna Coil:

To The Edge
Fragments of Faith
Swamped
Closer

Enjoy the Silence (Depeche Mode Cover)
Fragile
Heaven’s a Lie
Our Truth

 

Setlist Bullet for my Valentine:

Scream, Aim, Fire
Take it out on me
The Poison
All these Things I Hate (revolve around me)
4 Words (to choke upon)
Hand of Blood
Say Goodnight
Eye of the Storm
Tears don’t fall
Spit you out
Hearts burst into Fire
---
Waking the Demon
Forever and Always

 

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