Bands:

Mercenary + Suidakra, Deadlock
Location: Festhalle Sundhausen

Datum:

26.01.2008

 

Premiere für das Bloody Sunset Fest in Thüringen. Erstmals lud man in das beschauliche Sundhausen, um mit sechs Bands, darunter zur Hälfte unbekannte Newcomer und zur anderen Hälfte etablierte Formationen, den sonst so trüben Januar aufzuhellen. Doch wer zur angegebenen Zeit an der mit reichlich (oder übertrieben vielen) Werbebannern behängten Halle ankam, der konnte erst einmal Trübsalblasen. Denn nicht nur der Einlass verschob sich für die in der Kälte teilweise im T-Shirt (selbst schuld...) ausharrenden Fans, sondern auch der generelle Festivalbeginn verzögerte sich mehr und mehr. Am Ende kam man auf amtliche 2 Stunden (!) Verspätung (so lang mussten die Besucher natürlich nicht auf die Öffnung der Türen warten), was leider dennoch nicht dazu führte, sich ab diesem Zeitpunkt massiv zu sputen. Ruhige Change-Overs, ausgiebige Soundchecks... in der Ruhe liegt die Kraft. Zumindest in Sundhausen. Auch hätte man zum Beispiel die mit für ihre Verhältnisse generell mit zu viel Spielzeit ausgestatteten Demobands in erster Instanz kürzen können, um dem eigentlichen Zeitplan wieder etwas näher zu kommen, wobei das gute Herz der Veranstalter am Ende den Sieg für die Underground’ler davon trug. Schöne Geste, wird in diesem harten Geschäft aber wohl eher die Ausnahme bleiben. Und wo ich Miesepeter den Finger sowieso schon mal in der Wunde habe: Bei einer Veranstaltungslänge von um die acht Stunden sollte man den brav Ausharrenden definitiv auch etwas zu beißen anbieten. Aber Pustekuchen, nicht mal Brezeln oder ähnliches waren zu erwerben. Einzig ein winziger Stand, der in der hintersten Hallenecke versteckt war, bot „Vegan-Burger“ an. Der geneigte Fleischfresser stelle sich in etwa folgendes vor: Ein weiches bis schwammiges Brötchen, eine streichkäseartige, absolut geschmacksneutrale Masse als Butterersatz, dazu ein trockenes Salatblättchen und Etwas (Tofu?!), das von Optik und Struktur annähernd an Hühnchen erinnert, dabei aber weder ein Geschmacksfeuerwerk abfackelt, noch ansatzweise für Sättigung sorgt und natürlich eiskalt serviert wird – dafür aber immerhin preiswert ist. Die Sache war wirklich gut gemeint von den Jungs und für die Straight-Edge-Klientel sicher auch eine feine Sache. Aber an diesem Abend fühlte man sich als Allesfresser ein wenig verlassen. Übrigens ebenso wie die dänischen Headliner von Mercenary, die erst zur Geisterstunde gegen 1:30 auf die Bretter konnten, aber dazu später mehr.

Da wir uns nach den ersten Minuten der rumpeligen, blutjungen ersten Band des Abends – MAY THE SILENE FAIL - mit den Mercenary-Jungs zwecks Vorstellung des neuen Drehers „Architect of Lies“ vorerst abseilten, muss auf jegliche Impressionen an dieser Stelle verzichtet werden. Für eine Einschätzung reichten dann erst wieder die miterlebten 25 Minuten von Band Nummer 3, die den Namen ZERO DEGREE trug. Und selbst wenn auch diese Truppe noch sehr jung ist – ein gewisses Maß an Eigenständigkeit darf es dann doch sein. Hier werden fast schon unverschämt ganze Gitarrenläufe und Harmonien bei Dark Tranquillity und anderen Melodic Deathern geklaut. Vor allem In Flames scheinen es den Lokalmatadoren angetan zu haben, denn hätte man nicht auch noch „Episode 666“ gecovert und dies auch so angekündigt, man hätte das Sextett auch für eine IF-Coverband halten können. Heldenandacht in allen Ehren, aber so reicht es noch nicht für höhere Aufgaben. Denn dafür sollte man auch den Mut zur eigenen Identität besitzen. Eben eine solche haben DEADLOCK sich nicht zuletzt mit ihren beiden letzten Alben geschaffen und so kommt es nicht von ungefähr, dass das Sextett an diesem Tagen der einsame Spitzenreiter in Sachen Merchverkauf blieb. Dies auch deshalb, weil man mit dem aktuellen Album „Wolves“ nicht nur euphorische Reaktionen von der Fachpresse einheimsen konnte, sondern auch weil mit dem äußerst gelungenen Longplayer viele neue Anhänger rekrutiert werden konnten. So setzte sich dann auch die Setlist des Abends mit Ausnahme von „Awakened by Sirens“ (von „Earth.Revolt“) ausschließlich aus aktuellem Material zusammen, was berechtigterweise keinen Zuschauer stören sollte. Dabei hatte die Truppe mit dem speziellen Humor Sundhausen schon nach der ersten Dreier-Salve, darunter auch die beiden Gassenhauer „We shall all bleed“ und „Code of Honor“, in seinen bürgerlichen Grundfesten erschüttert. Das „frisch geduschte“ Gesangsduo Johannes Prem / Sabine Weniger hatte den Fisch schnell am Haken und konnte sich ein ums anderere Mal sogar über einige äußerst textsichere Enthusiasten in der ersten Reihe freuen und gleichzeitig für den größten „Besucherverkehr“ vor der Bühne an diesem Abend sorgen. Zum Abschluss der etwa 45-minütigen Show noch schnell ein „Gute Nacht, wir sind Neaera“ raus gehauen und ab in den wohlverdienten Feierabend. Auf diesem Niveau durfte es weitergehen.

Und auf gutem Niveau ging es weiter, wenn auch mit deutlich anderer musikalischer Ausrichtung. SUIDAKRA glänzten mit traditionellerem und schnörkelloserem Melodic Death und den bekannten Folk- bzw. keltischen Einflüssen. Dabei kam überraschend wenig Material vom aktuellen Dreher „Caledonia“ zum Einsatz, wobei die anwesenden Fans sich ohnehin vor allem über die betagteren Stücke freuten. In Sachen Metal-Posing macht den Monheimern niemand etwas vor und auch sonst präsentierte sich die Truppe gefestigt und abgebrüht. Das verbliebene Publikum feierte mit den Jungs, selbst wenn sich die Reihen im Verlauf des Auftrittes schon deutlich gelichtet hatten, Uhrzeit sei dank. Somit wurden die Headliner MERCENARY unfreiwillig zu den Pechvögeln des Abends. Denn die extra für diese eine Show aus Dänemark angereiste Truppe musste ihren erst gegen 1:30 in der Nacht beginnenden Auftritt vor nahezu leerem Haus spielen. Natürlich waren die extra angereisten Anhänger, davon sogar ein unverwüstliches Kerlchen aus dem Heimatland der sechs Herren, geblieben um ihre Helden lauthals zu bejubeln. Aber beim Rest des Publikums war mittlerweile einfach die Luft raus und die meisten der geschätzten 350 Besucher bereits auf dem Heimweg oder gar bereits auf Wolke 7. Von selbiger grüßten dafür Mercenary, die sich trotz widriger Umstände bis ans eigene Limit begaben und Feuer machten, als würde die Halle vor frenetischen Anhängern nur so überlaufen. Sänger Mikkel Sandagar, der vor dem Auftritt nervös hinter der Bühne auf und ab gegangen war, präsentierte sich in allen Belangen in ausgezeichneter Form und trug Hymnen wie „Firesoul“ und „My World is ending“ mit viel Inbrunst und Herzblut vor. Der bullige Basser / Shouter Rene Pedersen  lies sich auch von seinem wummernden Monitor nicht umwerfen und präsentierte im beliebten Ausfallschritt tief stehend was man unter einem Fels in der Brandung versteht. Quasi ausschließlich auf ihre beiden letzten Alben beschränkt knallte die Band einen wuchtigen Hit nach dem nächsten in die weitestgehend verlassene Halle. „Year of the Plague“, „World Hate Center“, „Lost Reality“ – bärenstark! Belohnt wurden der gegen Müdigkeit scheinbar resistente Mob zur Mitte des Sets mit der Livepremiere des brandneuen Stückes “Embrace the Nothing”, für den besagter dänischer Anhänger eine etwa 10-stündige Anfahrt auf sich genommen hatte. Mit dem finalen Paukenschlag in Form von „The Hours that remain“ und „11 Dreams“ verabschiedeten sich die schweißgebadeten Musiker von ihren Fans. Mit „jetzt wird es aber endlich Zeit für ein kaltes Bier“ entschwand ein zufriedener Rene wenige Minuten später vom Bandbereich ins Cateringzelt. Hoffentlich hat er dort wenigstens auch etwas Vernünftiges zwischen die Zähne bekommen. Damit wäre er uns zumindest einen Schritt voraus gewesen.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

  

Setlist Deadlock:

Intro
Dark Cell
We shall all bleed
Code of Honor
Crown of Creation
Awakened by Sirens
Losers’ Ballet
As Words to Bullets
End Begins