Bands:

Alter Bridge + Logan
Location: Schlachthof Wiesbaden

Datum:

23.11.2008

 

Na guck, der Schneemann kann laufen und sprechen! Ach nee, ist doch nur ein weiteres armes Schwein, das sich bei mächtigem und nicht alltäglichem Schneetreiben in und um die hessische Landeshauptstadt seinen Weg zum altehrwürdigen Schlachthof gebahnt hat. Entsprechend heiß begehrt sind bei den mit der weißen Pracht großzügig gepuderten Besuchern des abendlichen Konzertes auch die Plätze in der angrenzenden 60/40 Bar. Da wird es zur Öffnung der Tore hin immer voller, so dass der Laden dauerhaft voll besetzt ist und die meisten Anwesenden ohne Sitzplatz verbleiben müssen. Was zur Vorbereitung auf den eigentlichen Anlass des Besuches gar nicht mal schlecht ist, denn der Schlachthof platzt an diesem Sonntagabend mal wieder fast aus allen Nähten.

Fast ausverkauft dürfte das Haus sein und dicht gedrängt stehen die Anhänger der US-Rocker bis weit hinter das Mischpult. So haben auch die Schotten LOGAN schon über Tausend Nasen vor der Bühne, die sich an dem Quintett aus Glasgow erfreuen können. Musikalisch passen Kenny Collins und seine Kollegen perfekt zum Headliner, da sie in eine annähernd identische Sparte schlagen, auch wenn die guten Songs hier und da nicht ganz so filigran ausgearbeitet sind wie die Stücke der heutigen Hauptattraktion. Aber auch so kommt die sympathische Band gut an, deren Frontmann sich auch mal augenzwinkernd über seine englischen Nachbarn äußert, um dann schnellstens wieder klein bei zu geben, als ihm klar wird, dass sein Sound- und sein Merchmann ja auch Queens-Kinder sind. Vom Songmaterial könnte man Logan übrigens ohne Zweifel auch für Mucker aus Übersee halten, denn ihr Mix aus Post-Grunge und modernem US-Hardrock atmet den Spirit von Soundgarden, gemäßigten Disturbed und garnieren ihn mit einer Winzigkeit Puddle of Mudd und einer großen Portion – Überraschung – Alter Bridge. Das mag sich zusammengeklaut anhören, ist aber in Realität sehr gut gemacht und funktioniert ausgezeichnet, was Tracks wie „Lost & Found“ und „Stand to Reason“ zeigen. Zum finalen Song springt Fronter Kenny dann noch einmal in den Fotograben, um ein Bad in der Menge zu nehmen und hat spätestens jetzt einige Herzen für seine Band erobern können.

Selbige fliegen nach der Umbaupause den vier Jungs von ALTER BRIDGE praktisch von selbst zu. Mit nur zwei Alben hat man sich bereits zum Megaseller entwickelt, was natürlich für die Creed-Fraktion innerhalb der Band absolut keine neue Situation ist. Vom Mainstream-Radio und „Musik“-Fernsehen – zumindest hierzulande – quasi komplett ignoriert haben Front-Charismatiker Myles Kennedy und Co. bereits unzählige Hits geschrieben, die an diesem Abend allesamt vorgetragen werden. Nein, geizen muss diese Truppe beim besten Willen nicht und so werden überaus verschwenderisch Perlen wie „Brand New Start“, „One Day Remains“, „Buried Alive“ und „Open your Eyes“, die seinerzeit erste Single der Band, vor die S...äh... Zuschauer geworfen. Diese lassen sich vom ersten Song an mitreißen und ersetzen ein ums andere mal den breit grinsend verstummenden Myles, der sich einem 1.500 Kehlen starken Chor gegenüber sieht, der unter anderem aus „Broken Wings“ eine einzige fünfminütige Gänsehaut zaubert. Trotz ihres unbestrittenen handwerklichen Könnens verzichten die Instrumentalisten, allen voran der bereits mit einem Grammy bedachte Mark Tremonti, auf sinnlose Füller-Sololäufe, sodass man sich gute eineinhalb Stunden an der Spielfreude der Musiker berauschen kann, die zwar ohne Backdrop, dafür aber mit schicker Lightshow angereist sind. Stimmung und Spannungskurve kennen während dieser Zeit nur den Weg nach oben, womit wir unterm Strich bei einem meiner persönlichen Konzerthighlights des nicht gerade ruhigen Jahres 2008 angelangt wären. Wer jetzt noch draußen unter gefühlten 50 cm Neuschnee das Glück hat sein Fahrzeug wieder zu finden, freischaufeln zu können und im Schne(e)ckentempo heimwärts zu fahren UND dort noch heil ankommt, der würde sich wohlmöglich postwendend noch einmal für diesen beschwerlichen Weg entscheiden, wenn er wüsste, dass ihm als Belohnung eine außerordentlich gute Darbietung winkt. Trotzdem wäre ich nicht traurig, wenn die Jungs das nächste Mal wieder im Frühjahr oder Sommer zu uns kommen würden.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Setlist Alter Bridge:

Come to Life
Find the Real
Before Tomorrow comes
Brand new Start
White Knuckles
Buried Alive
One Day Remains
Watch Over You (akustisch)
Ties that Bind
Blackbird
In Loving Memory
Metalingus
Open Your Eyes
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Broken Wings
Mud Bone
Rise Today

 

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