Bands:

Death Angel + Mercenary, Demolition, Extrema
Location: Turock Essen

Datum:

19.04.2008
Tour: "Killing Season"-Tour

Es ist der Samstag des Pokalendspiels. Die Bayern spielen gegen den BVB und ganz Deutschland hockt vor der Glotze, um das mutmaßliche Schützenfest des FC Hollywood zu sehen. Oder auch nicht, denn das Turock ist an diesem Abend nahezu ausverkauft und schon vor der verspäteten Öffnung der Türen hat sich ein beachtlicher Pulk an Headbangern in der Essener Innenstadt gebildet. Death Angel ziehen noch immer junge und alte Mattenschüttler in die Clubs, das sieht man auf den ersten Blick. Daran werden sicher auch die exzellenten Kritiken des neuen Drehers „Killing Season“ ihren Anteil haben, ebenso wie die Verpflichtung der Melodic Deather Mercenary, die einige zusätzliche Fans mobilisieren können, wie sich später herausstellen soll.

Den Auftakt im noch recht überschaulich gefüllten Turock geben die Italiener EXTREMA, die sich über weitere Strecken mit der Distanziertheit (emotional wie räumlich gesehen) des Publikums abfinden müssen. Schade eigentlich, denn die sympathische Truppe macht ihr Sache gut und der Sepultura-Thrash, gemischt mit Rage Against the Machine-Groove und hier und da dezent an alte Korn erinnernde tiefer gestimmte Gitarren geht schnell in die Beine. Zumindest gegen Ende können sich die engagierten Herren über etwas mehr als Anstandsapplaus freuen. DEMOLITION erfreuen im Anschluss vor allem die Kutten- und Old-School-Thrasher Fraktion, der Extrema wohl nicht krachig und 80er genug waren. Die zweite Band passt vom internationalen Package dieser Tour wohl am besten zum Headliner, wobei die Ösis ihrem Sound auch eine gute Kelle Death beimischen, der die Songs zwar rau, leider aber auch nicht übermäßig eingängig macht. Dem Zielpublikum gefällt’s trotzdem und vor allem Aktivposten Janos Murri an der Gitarre hält mit wilden Posen das Publikum bei Laune, während der optisch an Tom Angelripper erinnernde Frontmann Wolf Süssenbeck eher durch raubeinigen Charme und sein fieses Organ auffällt. Freunde der alten Schule werden im Anschluss sicher die Anschaffung des neuen Drehers „Relict IV“ in Erwägung gezogen haben, welches unter anderem mit „Reborn / Re-Failed“ und „I am Terror“ im Set vertreten ist. Ein anderer Teil des Publikums, darunter auch der Autor, sucht an diesem Abend hingegen nach einer etwas anders gearteten musikalischen Unterhaltung...

Und die folgt auf dem Fuß mit den nimmersatten MERCENARY, die sogleich mit dem „Architect of Lies“-Doppelschlag „New Desire“ und „Bloodsong“ wie die Feuerwehr loslegen. Wie gewohnt wirkt Frontmann Mikkel Sandager wenige Minuten vor Showbeginn angespannt und konzentriert und sieht dabei geradezu grimmig aus. Mit dem Erlöschen des Saallichtes ist der Sänger dann aber voll da, springt, post, singt und schreit als ginge es um sein Leben und versucht sich – wie immer im deutschsprachigen Raum – in etwas holprigen, aber immer sympathischen Ansagen. Sein „Brother in Crime“ – Shouter Rene Pedersen – bietet sich diverse Duelle mit Rhythmusgitarrist Jakob, der an diesem Tag offensichtlich gut gelaunt ist und sich merklich offener als bei manch anderen Shows artikulierte, während am anderen Ende der Bühne Martin Buus gewohnt ekstatisch sein Griffbrett hoch und runter flitzte, um sich ein cooles Riff nach dem nächsten zurecht zu schnitzen. Mit zwar erwartetem, aber überraschend vielzahlig angereistem eigenem Publikum vor der Nase und dem neuen Referenzalbum im Rücken, feuerten die Dänen Melodic Death / Power Metal Perlen („Black and Hollow“, „My Secret Window“ etc.) an der viel zitierten Schnur ins Turock, die von den Anhängern (schwerpunktmäßig der neueren Schule) lautstark abgefeiert werden. Und auch wenn solche Äußerungen aus meinem Mund mittlerweile für manch einen schon nach Floskeln klingen mögen: Die Zuschauer bekamen an diesem Abend wohl eine der stärksten Mercenary-Shows der jüngsten Vergangenheit zu sehen. Derart eingespielt (sieht man mal von einem verpatzten Einsatz von Shouter Rene ab) und spielfreudig empfehlen sich die Nordlichter definitiv für die 2. Headlinertour der Bandgeschichte, vielleicht sogar schon im kommenden Herbst? Derart aufgewärmt brechen bei DEATH ANGEL nach einer für meinen Geschmack etwas zu langen Umbaupause regelrecht die Dämme. Das Pott-Publikum ist heiß auf die Burschen aus der Bay Area und geht mit dem ersten Ton steil, nachdem schon während des Change-Over ungeduldig der Name des Headliners skandiert wurde. Die optisch nach wie vor jung gebliebenen Thrasher um Dreadlockwunder Mark Osegueda (die amerikanische Antwort auf Tomi Joutsen) können schon beim Opener „Lord of Hate“ die ersten Stage-Diver verzeichnen, die sanft laden, da es vor der Bühne wie im gesamten Turock mittlerweile brechend voll ist, was für sich selbst spricht. Wie der personifizierte Jungbrunnen fegen Death Angel durch die ersten Songs, zu denen auch „Dethroned“ zählt, das jüngst mit einem Videoclip veredelt wurde. Spätestens ab diesem Zeitpunkt regieren endgültig Schweiß und Ekstase im Pott, denn Death Angel kommen, sehen und siegen, was angesichts von Brechern wie „3rd Floor“ und dem Rausschmeißer „Thrown to the Wolves“ niemanden verwundert. Ach so: Das Endspiel hat der BVB übrigens denkbar knapp in der Verlängerung verloren. Allerdings macht diese Tatsache das Grinsen im Gesicht der zu später Stunde nach Hause wankenden Ruhr-Mosher nur noch breiter, schließlich hat man sich an diesem Abend für das eindeutig richtige Spektakel entschieden.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

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