Bands:

Volbeat + Stuck Mojo, Serum 114
Location: Capitol Offenbach

Datum:

14.10.2008
Tour: Guitar Gangsters and Cadillac Blood Tour 2008

 

Eins muss man den Offenbachern ja lassen – und dazu muss ich mich als Frankfurter-Fußballvorbelasteter wirklich durchringen - mit dem Capitol hat man wirklich ein regelrechtes Schmuckkästchen auf der falschen Seite des Mains vorzuweisen, das nicht nur einen großzügigen Balkon, sondern auch auf fast allen Plätzen eine gute Sicht bietet. Einzig in Sachen Klimatisierung und Frischluftzufuhr dürfte etwas mehr gehen, was an einem Abend wie diesem noch zum Verhängnis werden soll.

Heute entjungfern die Deutschpunkrocker SERUM 114 die Bühne, die es bei den bisherigen Shows der Tour extrem schwer gehabt haben sollen, wie Volbeat-Gitarrist Thomas Bredahl während der Show seiner Band zu Protokoll geben wird. Heute stehen die Zeichen deutlich besser, denn das Frankfurter Quartett hat heute den Heimspielbonus und entsprechend auch geschätzte knapp 50 Anhänger im Publikum, die ihre Jungs anfeuern, während im Laufe der Show die schmissigen Nummern der Band auch ein paar zuvor neutrale Besucher locken können. Mitsingbares wie „Adrenalin“, „Serum 114“ und das großartige 3-Akkorde-Wunder „Las Vegas“ machen es einem aber auch verdammt einfach das Tanzbein zu schwingen. Das darf ein Fan dann auch beim finalen „Ich mag dich nicht“ gemeinsam mit der Band auf der Bühne, der nach Abfrage seiner Textsicherheit die Leadvocals übernimmt. Szenenapplaus für 30 Minuten Spielwitz, die Sänger Esche auch mal auf den knapp 2 Meter hohen Boxenturm am Bühnenrand führen, ist hier mehr als angebracht. Selbiger fragt während des Sets übrigens, ob und wer sich auf STUCK MOJO freut und erntet dafür eisiges Schweigen. Eben jene sind im Anschluss an der Reihe und werden nach kleinen technischen Problemen während des Umbaus nach Ablauf ihrer 40-minütigen Show als die Gewinner des Abends die Bühne wieder verlassen. Mit dem Rücken zum mit vielleicht 10 eigenen Fans versetzten Publikum starten die Südstaatler geschmacks- und stilsicher mit einer kurzen Pink Floyd Interpretation, bevor das eröffnende „2 Minutes of Death“ die Marschrichtung für die anstehende Show vorgibt. Denn jetzt regiert erst einmal Crossover im ursprünglichen Sinn, der schon innerhalb der ersten 15 Minuten u.a. mit „Open Season“ und „Metal is dead“ klar macht, dass Stuck Mojo nicht nur den fettesten Groove seit RATM auffahren, sondern auch die dicksten Eier des Abends haben. Dabei macht die Band um Frontbulle Lord Nelson nicht etwa viel Wind um nichts, sondern fegt mit einer Spielfreude und authentischen Begeisterung und Hingabe über die Bühne, dass sich die gute Stimmung der Band wie ein Lauffeuer auf das zuvor noch gleichgültige Publikum überträgt. Allein der völlig durchdrehende Rich Ward fesselt nicht wenige Zuschauer mit Flummi-artiger Energie und seinen schelmischen Späßen, wenn er etwa einem der Fotografen die Mütze vom Schädel klaut, sich mit einem Fuß vorsichtig auf der Schulter eines anderen zum Posing abstützt oder er mit Armen und Gitarren den völlig konfusen Security-Beamten, der mit dem Rücken zu ihm steht, in den Arm nimmt. Auf Rap steht hier eigentlich niemand, aber wenn der Lord in Mikro keift und dabei von den klaren Gesangsstimmen der Saitenfraktion unterstützt wird, während hinter den Kesseln Jongleur Nailz die Stöcke abwechselnd kreisen und fliegen lässt und dabei einen Dampfwalzengroove vorantreibt, dann kommt das nicht nur ultra-fett, sondern macht auch richtig Laune. Ebenso wie die Ansagen von Mister Ward, der seine Truppe im Laufe des Abends als „Fleetwood Mac from Seattle“, Duran Duran, „ZZ Top from Texas“ und AC/DC vorstellt, wobei letztgenannte Ansage ein spontanes „Ausverkauft!“ aus dem Publikum erntet. Da wird doch nicht jemand ohne Ticket für deren Tour ausgegangen und jetzt gefrustet sein? Dafür ist dieser Abend nun aber weiß Gott ungeeignet, denn bisher stimmt alles und der Sympathieoskar des Monats ist auch schon vergeben.

Richtig gehört, denn der Autor hat schon jetzt seinen Tagessieger gekürt. Warum? Weil VOLBEAT zwar auch abräumen wie die ganz Großen, es vor quasi vollständig eigenem Publikum aber auch verdammt einfach haben und sich nichts wirklich erkämpfen müssen. Dabei macht schon das Stage Setup eine klare Ansage wer hier heute die Herren im Haus sind: Großes Backdrop, lange Fahnen im Design des aktuellen Albums flankieren die Bühne, auch die Boxenwand in deren Mitte Drummer Jon Larson thront greift das optische Thema der Band auf, was insgesamt ein gleichermaßen pompöses wie stimmiges Bild ergibt. Zusammen mit dem klassischen Ambiente des Capitols darf hier und heute von einem optisch herausragenden Konzert gesprochen werden. Und musikalisch? Welche Frage! Volbeat sind nicht umsonst als absolute Live-Macht bekannt und werden ihrem Ruf auch an diesem Dienstagabend wieder vollends gerecht, da sie schon mit dem Eröffnungsschlag „Guitar Gangsters & Cadillac Blood“ / „Back to Prom“ die unangefochtenen Herren im Ring sind. Zwar wirkt Band-Alleinherrscher Michael Poulsen zu Beginn noch nicht ganz so fröhlich wie sonst, aber spätestens mit der zweiten, dritten Ansage ist der Entertainer wieder auf Betriebstemperatur. Natürlich kennt man die Spielchen mit Poulsens satanischer und seiner christlichen Gitarre und auch die 20 Euro, die der Sänger an einen weiblichen Fan zum Erwerb eines neuen Volbeat-Leibchens verschenkt, wären wohlmöglich noch besser angekommen, hätte ihm sein Roadie das Scheinchen nicht vorher unfassbar offensichtlich zugesteckt. Ist aber alles halb so wild und spätestens dann vergessen, als der Däne vor der letzten Zugabe „Still Counting“ seine Begeisterung für die Liebe der deutschen Fans für seine Band zum Ausdruck bringt und im gleichen Zug die lahmarschigen Franzosen abwatscht, bei denen der Tourtross wenige Tage zuvor Station gemacht hat. Mit dem auf „Counting all the Assholes in France“ umgedichteten Text schaffen es Volbeat dann noch einmal die letzten Reserven bei ihren Anhängern zu mobilisieren, die sich vorher schon bei Hits wie „Radio Girl“, „Sad Man’s Tongue“, „Light a Way“, „I’m so lonely I could cry“, „The Garden’s Tale“ und „Maybelenne I Hofteholder“ feuchte Schlüpfer und klatschnasse Hemdchen geholt haben. Eines steht mal fest: Volbeat haben derzeit wirklich die schmissigsten Singalongs zu bieten und stehen zu recht in der Zuschauergunst und in den Charts verdammt weit oben. Wohlgemerkt ohne künstlichen Labelhype, gekaufte Kritiken und ebensolche Festival- und Tourslots (Sonic wer?). Das Quartett setzt dafür lieber auf den guten alten Weg, der da lautet: Einsatz, Touren bist der Arzt kommt – auch mal in winzigen Clubs und auf kleinen Festivals -, Fannähe (auch an diesem Abend zeigt sich die Band eine halbe Stunde nach Showende geschlossen ihren Anhängern) und natürlich noch ein eigenständiger musikalischer Ansatz. Volbeat haben sich jahrelang den Hintern aufgerissen und ernten jetzt lediglich die verdienten Früchte ihrer harten Arbeit. Bisher alles richtig gemacht kann man da nur zusammenfassend sagen.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

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