Bands:

APOCALYPTICA + Sturm & Drang, Stamina

Location:

Schlachthof Wiesbaden

Datum:

25.10.2007
Tour: "Worlds Collide Tour 2007"

 

Finnischer Abend im Schlachthof Wiesbaden. Gleich 3 Formationen aus dem Land unter der Führung von Tarja Halonen tingeln derzeit durch mittelgroße Konzerthallen, darunter auch die hierzulande noch ziemlich unbekannten STAMINA. Und der Underdog verkaufte sich vom ersten Ton an hervorragend, denn der wuchtige Thrash mit finnischen Texten glänzte nicht nur mit recht klarem Sound, sondern auch die Herren Musiker waren durchwegs zu Späßen aufgelegt. Dass es mitunter für einige Lacher sorgen kann, wenn sich Finnen an deutschen Texten versuchen, ist nicht erst seit Eläkeläiset ein offenes Geheimnis. Somit belustigten sich die Anwesenden an Aussagen wie „Meiner Mutter ist nicht da“, „Manchmal sind Kartoffeln das beste Brot“ oder dem Versuch „Einer geht noch rein“ zu intonieren. Das macht Laune, verschafft Sympathiepunkte und lässt die vorgegebenen 30 Minuten wie im Flug vergehen, nach deren Ablauf das Quartett noch schnell sein Equipment leicht demolierte und sofort abging. Die erste angenehme Überraschung.

Ebenfalls für einen positiven Eindruck konnten dann STURM UND DRANG sorgen, deren Debüt „Learning to Rock“ unterm Strich doch eher unspektakulär oder sagen wir besser „schon zu oft anderswo gehört“ ausgefallen ist. Dabei hatten der blutjunge Fünfer (Durchschnittsalter 15 Jahre) anfangs einen schweren Stand beim Publikum, von dem sie sich vereinzelte „Tokio Hotel“ Rufe gefallen lassen mussten, die sie – zumindest hoffe ich das für sie – vermutlich nicht wirklich verstanden haben. Dafür verstehen die Buben angesichts ihres Alters ihre Instrumente schon überraschend gut, wobei vor allem Sänger / Gitarrist Andre Linman bereits so etwas wie Bühnenausstrahlung vorweisen kann, während seine Mitstreiter noch merklich mit ihrer Schüchternheit zu kämpfen haben. Dennoch wirken Hardrock-Stücke wie „Rising Son“ live um einiges druckvoller und agiler als auf der vielleicht etwas zu bodenständig produzierten ersten Platte. Auch das langsame „Indian“ wurde mangelfrei vorgetragen und mit dem in Sachen Tempo etwas angezogenen Iron Maiden Cover „Fear of the Dark“ konnte man sogar zwischenzeitlich für gute Stimmung sorgen. Allerdings war es fast schon erschreckend, dass verhältnismäßig wenige Zuschauer wirklich textsicher wirkten. Unbedingt noch mal üben! Einen Fehler haben Sturm und Drang zum Ende hin doch noch begangen, nämlich den Versuch auf den Evergreen der Eisernen Jungfrau noch eine Eigenkomposition folgen zu lassen. Denn „Forever“ wurde zwar solide vorgetragen, fiel im Vergleich zu einem Gassenhauer wie „Fear of the Dark“ aber unfreiwillig ab.

Von Abfallen konnte im Anschluss keine Rede sein, selbst wenn die Umbaupause auch 10-15 Minuten kürzer hätte sein dürfen. Denn die live zum Quintett angeschwollenen APOCALYPTICA zeigten vom ersten Ton an, wer der Chef im Ring ist. Nach warmem Empfang und dem ersten Kracher in Form des vielseitigen „Worlds Collide“ beschränkten sich die Fans allerdings weitestgehend auf gespanntes Zuhören, denn auf körperliche Bewegung und schweißtreibende Extase. Eigentlich ein Jammer, denn Eicca Toppinen, Mädchenschwarm Paavo Lötjönen und Perttu Kivilaakso posten in gewohnter Weltmeisterform und schraubten sich mitunter fast die Köpfe vom Schädel, während Mikko Siren auch an diesem Abend bewies, was für ein begabter und vielseitiger Schlagzeuger er ist. Einzig Antero Manninen machte seinem Ruf als Eisblock mal wieder alle Ehre – hier greifen auch die Finnen-Klischees von Zurückhaltung vorzüglich. Da sind seine Bandkollegen schon die besseren Anheizer, die „I’m not Jesus“ kraftvoll präsentierten, „S.O.S. (Anything  but Love)“ und „Bittersweet“ mit viel Gefühl und Hingabe spielten oder aber mit „Seek & Destroy“ metallisch zu den eigenen Wurzel zurückkehren. Mit dem geschmackvollen Bühnenbild, dem ansprechenden Backdrop und der erstklassigen Lichtshow ergibt das in der Summe einen absolut wunderbaren Abend, der sogar unter der Woche vor einem fast ausverkauften Schlachthof dargeboten werden konnte. Finnland ist und bleibt eben eine treibende Kraft im harten Musikgeschäft.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

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