Bands:

Saosin + Longing For Tomorrow

Location:

Underground Köln

Datum:

29.05.2007

 

Einige Bands packt man schnell in eine bestimmte Genre-Schublade und übersieht dabei, dass besagte Band eigentlich so gar nicht in diese Schublade passen mag. Saosin gehören ganz bestimmt zu diesen Bands. Zwar ist „Emocore“ sicherlich eine passende Kategorie, doch gibt es bei dieser Band noch so viel mehr zu entdecken wie etwa Ausflüge in Richtung Prog und Alternative. So sah man im Publikum nicht nur Emos und Metalcore-Kids, sondern auch Leute, die sich sonst mutmaßlich eher bei Muse, Placebo oder Mando Diao aufhalten. Doch bevor alle gemeinsam den US-Senkrechtstartern von Saosin lauschen durften, mussten sie sich erstmal die deutsche Hardcore/Screamo-Band Longing For Tomorrow zu Gemüte führen. Auf der Bühne hätte auch die Schülerband eines bayrischen Landgymnasiums stehen können: Fünf unscheinbare Jungs, die vielleicht Anfang 20 sind und mehr nach Omas braven Enkeln als nach Hardcore aussahen. Auch musikalisch war das gebotene eher bescheiden. Der Gesang erklang viel zu gequält und auch die klare Stimme war nicht wirklich das Gelbe vom Ei. In Sachen generelle Ausrichtung kann man etwa Days In Grief als passenden Vergleich heranziehen. Nur das Longing For Tomorrow auf Deutsch singen – was man allerdings nur schwer raushören konnte. Nach 30 viel zu langen und regungslosen Minuten war dann Schluss und man verabschiedete sich brav wie man es von Oma beigebracht bekommen hat.

Nach einer relativ schnellen Umbaupause stürmten die fünf Jungs von Saosin auf die Bühne und legten vor einem gut gefüllten Club mit „It’s Far Better To Learn“ und „Sleepers“ los. Sofort ging ein kleiner, aber feiner Moshpit vor der Bühne los. In Interviews sagen die fünf oft, dass sie froh sind kein bestimmtes Image zu haben – genau wie Underoath. Und genau das merkte man auch. Egal ob von den Songs oder vom Stageacting, wo vor allem Sänger Cove heraus stach, sang er doch genau wie Underoath-Sänger Spencer Chamberlain oft mit Blick nach oben oder zu Seite hinweg. Selbiger ist überhaupt ein etwas komischer Vogel: Er packte gerne die Köpfe der ersten Reihe an, laberte sich verwirrtes Zeug zusammen und dann gab es da noch den „High Five Song“, bei dem ein kindisches Riff zelebriert wurde und Cove den Fans die Hände schüttelte. Das tat der Stimmung natürlich alles keinen Abbruch, ganz im Gegenteil wurde so auch für einige Lacher gesorgt. Aber wieder zur Musik: Es wurden alle Hits vom Debüt gespielt, egal ob „Follow And Feel“, „Bury Your Head“, „I Never Wanted To“ oder der Übersong „Voices“ und auch „Lost Symphonies“ und „Seven Years“ von der Debüt-EP „Translating The Name“ gab es auf die Ohren. Jeder Song wurde abgefeiert und lautstark von jeder der gut 350 Kehlen mitgesungen. Das erzeugte natürlich auch eine gewisse Gänsehaut schon beim bloßen Zuhören, selbst wenn der Gesang teilweise etwas zu leise abgemischt wurde. Sonst gibt es absolut nichts an der Band oder der Show auszusetzen und eigentlich verdient sie hierzulande den gleichen Erfolg wie in den Staaten oder anderen Ländern wie Indonesien, wo sie kurz zuvor vor 5000 Menschen spielten. An mangelnder Livepräsenz kann es nicht liegen, dafür waren sie schon recht oft bei uns in Europa. MTV sollte aufwachen – und zwar schnell.

Sebastian Berning – www.sounds2move.de / 08.06.2007

 

- Zurück zur Übersicht -