Bands:

Papa Roach + DooA
Location: Tivoli Utrecht (NL)

Datum:

20.06.2007

 

Holland: Tulpen. Flach. Holzschuhe. Dope. Und auch das eine oder andere hübsche Städtchen. Zum Beispiel das im Herzen des kleinen Landes gelegene Utrecht, eine Stadt mit rot-weißem Wappen, etwa 280.000 Einwohnern und einer Musikhochschule. Keine Frage also, dass es hier auch eine aktive (Rock-)Musikszene gibt, die im Club Tivoli eine zentrale Anlaufstelle hat, in der sich die Größen der internationalen Rockszene die Klinke in die Hand geben. Sepultura, Skinny Puppy, Front 242, My Dying Bride, Paradise Lost – oder Papa Roach. Die sind an diesem Abend zu Gast, um eine ihrer wenigen um die europäischen Festivalauftritte platzierten Clubshows zu spielen. Und genügend Fans hat der Sacramento-Vierer offensichtlich auch in der atmosphärischen Stadt mit ihrem beeindruckenden Dom und den malerischen Kanälen, denn im Tivioli stapelten sich bis unters Dach größtenteils junge Fans, um Jacoby Shaddix und seinen Jungs die Ehre zu erweisen.

Für den Slot des Openers hatte der lokale Veranstalter die hierzulande völlig unbekannte Kombo DooA verpflichtet. Völlig zu recht unbekannt übrigens. Wer immer noch den „Imperial March“ als „kreative“ Einlaufmusik verwendet, hat schon vorab einen schwierigen Stand. Und selbst wenn man über einen eher durchschnittlichen DJ im Hintergrund noch hinweg sehen kann, so waren doch nicht wenige Zuschauer etwas perplex, als plötzlich statt einem Sänger 2 Rapper auftauchten, die schon mit den ersten beiden Songs für ein deutliches „Body Count ohne Fuck“ bzw. „Cypress Hill in schlecht“-Gefühl sorgten. Wobei der funkige Crossover der Truppe anfangs noch mit dem Überraschungsmoment und dem versierten Gitarristen der Band punkten konnte. Bis zu dem Zeitpunkt, wo man stolz die Sängerin „Linda“ für ein Stelldichein präsentierte. 1.80 m groß, aufgetakelt bis zur Unkenntlichkeit, Silikonhupen, Botoxgesicht und ein deutlich hörbarer Mangel an Talent und Intelligenz. Zu hüftsteifen Tanzbewegungen beschränkten sich die „Gesangspassagen“ der Klischee-Blondine auf das philosophische „I-I-U-O-A-A“ im Chorus eines Stückes, das DooA wohl für ihren großen Hit halten. Doch plötzlich brandet da trotzdem lauter Jubel auf. Hat den Holländern diese Darbietung etwa gefallen? Ach nee, die Band hat nur verkündet, dass sie nur noch einen Song spielen wird. Auf nimmer wiedersehen.

Da macht es schon mit dem energischen Opener „To be loved..“ um Dimensionen mehr Spaß den Jungs von Papa Roach zuzusehen, die mit „Getting away with Murder“ sogleich den nächsten Gassenhauer nachschoben. Davon haben die US-Boys bekanntlich genug und da fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass Mr. Jacoby Shaddix mit Ansagen durch den Abend führte, die einem von den Auftritten der letzten Wochen merklich bekannt vorkommen. Das verwunderliche dabei: Trotz häufiger Überschneidungen bei den Dialogen seitens des Sängers wirken die Shows stets kraftvoll und dynamisch. Dazu tragen auch die spontanen Aktionen des Frontmanns bei, wenn er etwa wie an diesem Abend das Publikum dazu auffordert sich auf Händen gen Bühne tragen zu lassen und von dort zurück in die Menge zu springen. Das ließen sich die Holländerinnen und Holländer natürlich nicht zwei Mal sagen und so kam einer nach dem anderen per Freischwimmer auf die ziemlich schmale Bühne, um von dort die Belastbarkeit der ersten Reihen zu testen. Nach 2 Songs voller Crowdsufern, Stage-Divern und auch vereinzelten Abstürzen (Aua!) wurde es dann auch dem umgänglichsten Rocker zuviel, sodass der ehemalige Coby Dick mit einem kessen Spruch, aber dennoch bestimmt, das Ende der Anarchie verkündete. Halb so wild, denn zum folgenden Gänsehaut-Rocker „Scars“ lässt sich ohnehin nur bedingt surfen, da man alle Energien für lautstarkes Mitsingen braucht. Nach dieser Verschnaufpause konnte man zum Klassiker „Broken Home“ natürlich Vollgas geben, um nach dem B-Seiten-Intermezzo „Harder than a Coffin Nail“ zu „Between Angels and Insects“ und dem letzten Nachschlag „Last Resort“ das letzte bisschen Flüssigkeit aus seinem durchschwitzten Leib zu pressen. Himmel, was für eine intensive und vor allem schweißnasse Show! Apropos nass: Wer nach diesem 75-minütigen Körpergulasch dachte, dass es nicht noch nasser geht, der wurde 2 Tage später auf dem Graspop Metal Meeting in Belgien eines Besseren belehrt, als der Papa Roach Gig fast über die volle Distanz vom letzten, deftigen Platzregen des Tages begleitet wurde. Wer rocken will, muss wasserfest sein. So wie Mr. Shaddix, der sich auch an diesem Tag nicht zurückhielt, sondern aufgedreht wie der sprichwörtliche Duracellhase über die Bühne fegte, sich zuckend in den Wasserlachen auf dem Bühnenboden suhlte oder wie im Wahn die Hinweisbanner „No Crowdsurfing“ ins Walhalla beförderte. Eigentlich nur logisch, oder? Denn Rock N Roll ist Rebellion und da haben solche Vorschriften (über die sich Stunden später an gleicher Stelle auch Ex-Audioslave Sänger Chris Cornell amüsierte) natürlich nichts verloren.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

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