Bands:

Oomph! + Samsas Traum, A Life Divided

Location:

Hugenottenhalle Neu-Isenburg

Datum:

30.05.2006

Tour:

Glaube Liebe Tod Tour 2006

Autor: Markus Rutten

 

Nach dem Tourmarathon zum Chartbreaker „Wahrheit oder Pflicht“, der die Band gegen Ende ziemlich ausgebrannt zeigte, machten sich Dero, Flux und Crap an die Arbeiten zum neuen Album „Glaube Liebe Tod“ - und nahmen sich zudem eine kleine, verdiente Auszeit in Sachen Livepräsenz. Mit neu getankter Kraft und einem bärenstarken Album im Rücken war die Zeit für eine neue Headlinertour nun mehr als gekommen. Dabei wurde in Sachen Venues dieses Mal in etwas großzügigeren Dimensionen gedacht. Teils zu Recht, teils mit mäßigem Erfolg. Waren einige Konzerthallen voll bis unters Dach, kam es hier und da auch zu Maßnahmen wie dem Hängen von Vorhängen oder dem einziehen von Zwischenwänden (wie in an diesem Abend in Neu-Isenburg) um dem Live-Erlebnis einen intimeren und weniger weitläufigen Rahmen zu verpassen. Der Termin in der Erfurter Thüringenhalle wurde gar gänzlich gestrichen. „Aufgrund medialer Verpflichtungen“ hieß es da von offizieller Seite. Spötter waren natürlich auch schnell bei der Hand, die sogleich anmerkten, dass die Band sich mit dieser Halle übernommen habe. Ob dem so ist weiß man bis dato nicht genau, Fakt ist allerdings, dass auch Apocalyptica und Bullet for my Valentine (die dann auch noch krankheitsbedingt ausfielen) vor einigen Monaten diese gigantische Halle nur zur Hälfe füllen konnten und folglich die Aufzeichnung ihrer geplanten DVD „The Life Burns Tour“, die mittlerweile erhältlich ist, nach Düsseldorf verlegten.

Auch die Hugenottenhalle wurde zur Öffnung der Einlasstüren nicht unbedingt überrannt. Zwar zogen sich zwei lange Menschenschlangen über den Vorplatz des Veranstaltungsortes, aber Ausmaße wie beispielsweise beim 2003er Gastspiel der US-Überflieger Evanescence blieben dem wartenden Publikum (zu deren Glück) erspart. Trotzdem konnten sich A LIFE DIVIDED über einen für die frühe Zeit recht anständigen Mob freuen, der tapfer der Versuchung des Getränkestandes wiederstand. Zum Dank servierte das Quintett Songs von ihren beiden bisherigen Demo-Alben „Visualized“ (2003) und „Far“ (2006). Diese sind musikalisch nur schwer einzuordnen, bewegt sich die Band, in deren Reihen übrigens auch Lacrimas Profundere Drummer Korl Fuhrmann seine Schießbude beackert, doch irgendwo in der Schnittmenge aus Rock und Electronika mit einer Priese an progressiven Einflüssen und einem saftigen Schuss Melancholie und Emotion. Eigentlich die perfekte Wahl für einen Oomph!-Support. Wäre der Sound insgesamt etwas klarer ausgefallen und wäre der Gesang von Fronter Jürgen Plangger etwas lauter abgemischt worden; hätte die Band sicher noch bessere Reaktionen ernten können. Trotzdem ein solider Auftritt, der das Potential der Band deutlich machte. Was auf dem „All Freaks“ Sampler schon durchschimmerte wurde hier erneut erkennbar – den Namen A Life Divided sollte man im Hinterkopf behalten.

Zwiespältiger wurden da schon SAMSAS TRAUM aufgenommen. Zwar machten die angereisten Fans anständig Radau und feierten ihre nicht selten als Kultband titulierte Band rund um Bandkopf Alexander Kaschte anständig ab, doch der Rest des Publikums hatte sichtlich seine Mühe mit den mitunter seltsamen Gebaren des in Wetzlar geborenen Sängers. Als neutraler Beobachter wird man das Gefühl nicht los, dass der passionierte Misanthrop, der seine Band wohl inspiriert von Kafkas „Die Verwandlung“ benannt hat, nicht 100%ig klar im Oberstübchen ist. Das mag bei den Fans ja sichtlich gut ankommen, keine Frage. Aber wer die Band an diesem Tag erstmals zu Hören bekommt und miterleben darf, wie der langhaarige Sänger mit einer Handpuppe spricht, der darf sich zu Recht fragen ob er im richtigen Film ist. Wenigstens haben die ST-Fans in Hessen bessere Manieren als in der Bundeshauptstadt Berlin, wo die Fans des Supports sich darin übten, den unbestrittenen Headliner Oomph! mit Pfiffen zu bedenken. Kindergarten?

Wer der Herr im Haus ist zeigten OOMPH! im Anschluss auf beeindruckende Art und Weise. Auf drei mittelgroßen Videowänden eröffnete die laufende Slotmachine vom Cover des aktuellen Albums den Hitregen. Sänger Dero betrat einmal mehr im Hab-mich-lieb-Jäckchen die Bühne, Flux und Crap hingegen dieses Mal nicht als „Krankenpfleger“, sondern als Männer Gottes in Pfarrerkluft. Mit „Träumst du“, „Unsere Rettung“ und „Keine Luft mehr“ wurden dann sogleich offene Türen eingerannt und die Hugenottenhalle wurde auch im nichtausverkauften Zustand zum kleinen Hexenkessel. Dauerbrenner und Pflichtprogramm wie „Fieber“, „Das weiße Licht“ und „Supernova“ reichten den Hits der Gegenwart wie „Dein Feuer“ und der aktuellen Single „Das letzte Streichholz“ die Hand, der Mob war sofort auf Betriebstemperatur. Nachdem im 2. Drittel die Stimmung leicht abflachte, waren pünktlich zu „Gekreuzigt“, „Niemand“ und dem Überhit „Augen Auf“, die das reguläre Set beschlossen, alle Zuschauer wieder auf der Höhe. Nachdem lautstark ein Nachschlag eingefordert wurde, knallten Oomph! den Fans noch „Brennende Liebe“ und „Gott ist ein Popstar“ um die Ohren, bevor unerwarteterweise „Menschsein“ als letzte Zugabe einen packenden Konzertabend abschloss. 2006 sind Oomph! nach wie vor eine Bank auf der Bühne und müssen unweigerlich zur deutschen Speerspitze gezählt werden. Wenn die Tour im Herbst fortgesetzt wird, wovon auszugehen ist, sollten die Hallen endlich bis zum Anschlag gefüllt sein. Wer sich dieses Spektakel entgehen lässt, ist selbst schuld.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

Setlist Oomph!

1. Intro (Fragment)
2. Träumst du
3. Unsere Rettung
4. Keine Luft mehr
5. Du willst es doch auch
6. Fieber
7. Wenn du weinst
8. Die Schlinge
9. Supernova
10. Sex hat keine Macht
11. Mitten ins Herz
12. Das letzte Streichholz
13. Dein Feuer
14. Das weiße Licht
15. Mein Schatz
16. Dein Weg
17. Gekreuzigt
18. Niemand
19. Augen Auf
---
20. Brennende Liebe
21. Gott ist ein Popstar
---
22. Menschsein

Setlist A Life Divided

1. Intro
2. Isolation
3. Anyone
4. Visualized
5. Ordinary
6. Sounds like a Melody
7. Hand of Healing
8. No World Order

 

- Zurück zur Übersicht -