Bands:

Tomte

Location:

Schlosspark Wiesbaden-Freudenberg

Datum:

29.08.2004

Tour:

"Folklore im Garten"

Autor: Katrin Reichwein

 

Alljährlich heißt es immer wieder 'Folklore im Garten' im schönen Wiesbadener Schlosspark. Drei Tage Musik aus allen Sparten, Kultur, Diskussionen, Workshops, nette Menschen und das alles auch noch für einen super Preis. Damit ist im nächsten Jahr vielleicht Schluss: Nach 27 Jahren hat das Sozialdezernat beschlossen FiG nicht mehr zu finanzieren. Unterstützt dieses vielleicht bedeutendste Festival wie immer ihr könnt. FiG darf nicht sterben!

Von dem drohenden Aus war an diesem letzen Festivaltag aber nicht viel zu spüren. Als ich mit dem Prendelbus ankomme - übrigens die einzige Festivalbusverbindug, die ich kenne, die so gut funktioniert - ist das Gelände schon bis zum Bersten gefüllt.

Das Orchester Bürger Kreitmeier spielt gerade auf der Open Air Bühne. "Aufhören, Müll, aua, schnell weg, nur weg..." - das sind die Dinge, die meiner Begleitung und mir durch den Kopf gehen. Eine Frau (Conny Kreitmeier) mit ihrem Kinderkeyboard schreit dem Publikum Texte entgegen, die kein Mensch versteht. Der Mann an der Gitarre (Norbert Bürger) spielt schief ohne Ende. Vielleicht ist diese Darbietung einfach nur eine neue Art der Kunst, die ich nicht verstehe. Bei einem Teil des Publikums scheint die Message allerdings angekommen zu sein. Es spendet höflich Applaus, bleibt aber auf den Bierbänken vor der Bühne sitzen.

Gut, dass die Vorfreunde schnell die Oberhand gewinnt. Der erste Schock ist bald überwunden, denn in einigen Minuten werden Tomte aus Hamburg auftreten. Eins haben Tomte und ich heute gemeinsam: Es ist für beide Parteien das letzte Open Air des Jahres. Wehmütig habe ich dem entgegen gesehen. Tomte machen es aber zu einem erinnerungswerten Erlebnis.

Schlagartig erheben sich die Menschen von ihren Bänken und begeben sich in Richtung vordere Reihen. Das Eis zwischen Publikum und Band, das oft zu Anfang eines Konzertes herrscht, muss erst gar nicht gebrochen werden. Im Wiesbadener Schlosspark gibt heute jeder so viel Wärme, wie er hat. Sänger Thees Uhlmann plappert wie gewohnt munter drauf los, gibt lustige Anekdoten zum Besten - die Zuschauer lachen herzhaft. Nichts davon ist gespielt oder aufgesetzt. Tomte sind eine grundlegend ehrliche Band. Da kann ein Witz auch schon mal so spröde sein, dass man im Publikum fragende Gesichter sieht. Auch das wird von ihnen gleich aufgegriffen, denn sie halten stets Augenkontakt zu ihren Fans. Freunde im Publikum werden begrüßt, die Crew wird mit in die Show einbezogen.

Tomte schreiben Texte zum Überleben. Auch heute sprechen sie allen Beteiligten aus der Seele. Wir lernen: 1. Jeder, der durch Fulda fährt, verliert dort seine Würde. (Wie Recht Thees hier hat!) 2. "Von Gott verbrüht" sei ein Lied zum Nachdenken. Tomte warten sehnlichst darauf, dass bei RTL endlich mal jemand sagt, dass er keine Ahnung habe und das Maul hält; genauso dass nun jeder etwas gegen Amerika habe, ob begründet oder nicht. Es ist ja Trend.

Dann wird sich noch schnell zum Gruppenfoto aufgestellt, man wollte ja nicht wie all die anderen Bands sein und "Hey Ho" rufen oder andere Dinge tun, die sowieso jeden ankotzen. Arme schwingen sei zwar eine schöne Angelegenheit, aber sie soll doch bitte durch das Publikum selbst entstehen. Tomte müssen sich keine Sorge um die Stimmung bei ihren Konzerten machen. Hits wie "Korn und Sprite", "Die Schönheit der Chance" und auch unbekanntere Songs werden textsicher mitgesungen. Diese einzigartige Atmosphäre kommt von ganze alleine, es ist fast ein bisschen Magie.

Lediglich ein kleines Mädchen mit Blumekranz im Haar kann Tomte heute abend die Show stehlen. Selbstbewusst tänzelt es über die Bühne, zupft an Schlagzeuger Timos Hose und beobachtet genau was in der ersten Reihe vor sich geht.

Tomte wurden vielfach als "Everybody's Darling" tituliert, dies klingt irgendwie sehr negativ, aber ein wahrer Kern steckt doch in dieser Aussage. Tomte sind einfach eine Band zum Liebhaben. Spätestens nachdem man sie ein mal live gesehen hat, ist man mit dem Tomte-Virus infiziert.

Danke, Thees, Dennis, Oliver, Timo und alle anderen Beteiligten für einen unvergesslichen Abend!

 

Katrin Reichwein - sounds2move.de

 

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