Vorbericht zum Ragnarök 2010

Es war Zeit für Veränderungen! Nachdem beim letztjährigen Ragnarök Festival einige organisatorische Probleme deutlich sichtbar wurden (woran wohl die wenig entgegen kommende Haltung der Behörden in Lichtenfels zum großen Teil mitverantwortlich war), haben die Organisatoren die Konsequenzen gezogen. Das siebte Ragnarök findet demnach nicht mehr in der Stadthalle Lichtenfels, sondern in der Ostbayernhalle in Rieden/Kreuth statt. Ein größeres Fassungsvermögen sowie bessere Campingmöglichkeiten stehen hier zur Verfügung. Neu ist dieses Jahr auch, dass sich das Festival erstmals über drei Tage erstreckt – stilecht rund um die Walpurgisnacht vom 29. April bis zum 1. Mai 2010. 

 

Wenige Veränderungen sind dagegen bei der musikalischen Ausrichtung des Ragnarök zu verzeichnen, wenngleich man doch den Trend ausmachen kann, dass die Zahl der „reinen“ Pagan Metal Bands geringer und das musikalische Angebot vielschichtiger wird. So gibt es in diesem Jahr eine starke Black Metal Seite. Allen voran GORGOROTH. Bei den Norwegern darf man immer gespannt sein, was einen auf der Bühne erwartet: tote Tiere, nackte Gekreuzigte oder einfach nur ein Black-Metal-Feuerwerk der alten norwegischen Schule. Doch es geht noch oldschooliger. Ihre Landsmänner SARKE (mit dabei Nocturno Culto von Darkthrone) lassen den alten Geist von Celtic Frost und Possessed wieder aufleben. Dass das live durchaus funktioniert, konnte man letztes Jahr auf dem Wacken Open Air sehen. Ebenfalls aus Norwegen kommen VREID. Die Windir-Erben sind auf dem Ragnarök alte Bekannte und versprechen für dieses Jahr eine noch nicht näher spezifizierte Special Show. Das norwegische Black-Metal-Quartett komplettieren RAGNAROK, die schon seit über 15 Jahren ihr heidnisch-satanisches Unwesen treiben und dieser Tage nach langer Schaffenspause ihr sechstes Album auf den Markt schmeißen. Gar teuflisch geht es auch in unserem Nachbarland Österreich zu. Sie schicken mit BELPHEGOR nicht nur einen der Vorreiter des knüppelharten Black/Death Metals mit provokanten Texten, sondern auch eine sehr gute Live-Band ins Rennen. Moralische Unterstützung erhalten sie von den bereits Ragnarök-erfahrenen HELLSAW, die 2008 trotz später Stunde mit ihrem true Black Metal mächtig abräumen konnten. Ebenfalls aus Ösiland reist Martin Schirenc (ex Pungent Stench) an, um mit HOLLENTHON seine ausgefallenen Klangcollagen – von Klassik bis Death Metal – darzubieten. Dass aus dem beschaulichen Alpenland auch klassischer Pagan/Viking Metal kommen kann, beweisen die Newcomer von HEATHEN FORAY.

 

Alles andere als grün hinter den Ohren sind die Finnen ENSIFERUM, die sich in den letzten Jahren zu den bekanntesten Acts des Pagan Metals hoch gearbeitet haben und mit ihren Live-Qualitäten sicher eine der Headliner-Positionen einnehmen werden. Mindestens genauso lange im Geschäft, aber nicht ganz so erfolgreich sind ihre Landsleute von CATAMENIA. Dennoch wird es sicher genug Fans geben, die sich auf den melodischen Black Metal des Quintetts aus Oulu freuen werden. Was haben ARKONA, Russlands Pagan-Export Nummer 1, und MIDNATTSOL, die deutsch-norwegische Gothic-Folk Koproduktion gemeinsam? Richtig: Beide haben nicht nur charismatische, attraktive Frontdamen, sondern beide Bands mussten im letzten Jahr ihren Auftritt auf dem Ragnarök absagen und holen nun Versäumtes nach. In beiden Fällen darf man sich uneingeschränkt darauf freuen. Hier die geballte Pagan-Energie, dort die ruhigen Zwischentöne, die so einem Festival nur gut tun können. Und Abwechslung ist dieses Jahr mehr denn je gefragt. Aus Island kommen die durchgeknallten Jungs von SóLSTAFIR. Angefangen als handelsübliche Pagan Band (die sich allerdings die unvergessene Hymne „Bitch in Black“ auf ihre Fahnen schreiben kann), ist man inzwischen in Bereiche des psychedelischen Rock vorgestoßen. Sehr abgefahren dürfte auch der Auftritt der US-amerikanischen Avantgarde Metaller WOLVES IN THE THRONE ROOM werden, die in ihrem Extrem Metal so ziemlich alles verwursten, was ihnen gerade in den Kram passt. Wesentlich traditioneller sind da die Letten SKYFORGER, alte Bekannte auf dem Ragnarök. Die Balten dürfen in diesem Jahr sogar zweimal auf die Bretter. Ein klassischer Set, in dem auch das lang erwartete neue Album präsentiert werden soll, sowie ein spezielles Akustik-Konzert, wo all die originalen alten Folkinstrumente erst so richtig zur Geltung kommen werden. Keinen Folk sondern symphonischen Black Metal versprechen dagegen CARACH ANGREN aus den Niederlanden, die erst kürzlich ihr Zweitwerk unter das Volk gebracht haben.

 

Natürlich dürfen auch die deutschen Vertreter beim internationalen Heidenfest nicht fehlen, im engeren Bereich des Pagan Metal stellen sie sogar den Löwenanteil. Mit Riger sind erneut die großen Vorreiter dabei. Die Jungs aus Frankfurt an der Oder überzeugten schon, als die meisten Headbanger beim Begriff Heathen Metal nur verständnislos mit den Schultern zuckten. Gleiches gilt für SUIDAKRA. Arkadius Mannen sind bereits seit über 15 Jahren am Start und bereichern ihren Death Metal seit jeher mit folkigen und keltischen Einflüssen. Noch erfolgreicher sind EQUILIBRIUM. Die Bayern sind nicht nur wegen eines gewissen Fernsehbeitrags auf dem Ragnarök Kult. Auch HELRUNAR sind keine Ragnarök-Frischlinge. Die Band um Mastermind Skald Draugir möchte sicher an ihren erfolgreichen 2008er-Auftritt anknüpfen. Das Heidenheer wird komplettiert durch das bayerische Gespann KROMLEK, HELFAHRT (mit frisch eingetütetem dritten Album), VARG (ebenso mit neuem Langeisen), THORMESIS (mit Zweitwerk am Start), den Baden-Württembergern SLARTIBARTFASS sowie den räudigen OBSCURITY aus Nordrhein-Westfalen.

 

Thüringen ist dagegen wie im letzten Jahr nur mit den alles andere als orthodoxen FJOERGYN vertreten. Doch es muss ja nicht immer die reine Lehre sein. Auch andere Stilrichtungen haben einiges zu bieten. So will das Mini-Metal-Orchester HAGGARD seinen triumphalen Auftritt von 2008 wiederholen. Auch die A Cappella Metaller VAN CANTO haben sich einiges vorgenommen. Die Fun-Metaller GRAILKNIGHTS werden dafür mächtig Showelementen auffahren, um die Zuschauer in ihre Fantasy-Welt zu entführen. Und THE VISION BLEAK werden mit ihren Gothic-Klängen sicher den ein oder anderen Düsterheimer anlocken. Dass in Deutschland auch hart geholzt wird, zeigen die Black Metaller von IMPERIUM DEKADENZ und CTULU. Etwas melodischer geht es bei den alteingesessenen AGATHODAIMON zu. Den Death-Metal-Part übernehmen in diesem Jahr AKREA, eine vielversprechende Band, die, wie in diesem Zusammenhang nicht anders zu erwarten war, aus Bayern kommt. Erstmals gibt es diesmal auf dem Ragnarök auch Mittelalter Rock/Metal zu hören. Vertreten wird diese Richtung durch die Spielleute von INGRIMM, NACHTGESCHREI und RAGNARÖEK. Nicht nur diesbezüglich gilt: Man darf gespannt sein!

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de