Festivalbericht zum Rock Harz 2009

 

Freitag


Den Einstieg zum ersten Konzerttag – den Partydonnerstag haben wir leider verpasst – bildete mit HANGMANS REPUTATION eine punkige Girlie-Group. Mit dem nicht so sauberen Sound und den teils etwas falschen Chören vermochten sie mich aber nicht zu überzeugen, meine Aufmerksamkeit galt demnach vorerst einem kühlen Hellen.
Nachdem auf der Rock-Stage das erste WackenOpenAir-Battle lief, wurde auf der kleineren Dark-Stage Material und Männer von DRONE auf die Bühne gestellt. Mit dem frischen Album „Juggernaut“ im Gepäck freuten sich die Festivalbesucher sichtlich auf eine schöne Show – welche sie auch flugs bekamen. Anschließend rollte der erste Hardcore-Act an. Die Quedlinburger von ISOLATED tollten quietschfidel über die Bretter, und das, obwohl ihr Auftritt nicht gerade mit vielen Zuhörern honoriert wurde - anders bei CRIPPER. Die „Fuckin’-Thrash-Metal!“-Bande lockte. Und zwar nicht nur mit der reizenden Frontdame Britta, nein, auch die musikalischen Aspekte stimmten. Mit dem Ruf zu mehr Toleranz versuchte Okan, seines Zeichens Sänger der Hardcore-Band D.T.A., die Meute unter einer familiären Atmosphäre vor die Bühne zu locken. Die Aufrufe fruchteten nicht, und die meisten gesellten sich lieber zu den Bier- und Essständen.

 

Großes im Gange zu fortgeschrittener Nachmittagsstunde: HEIDEVOLK wurden schon vor dem Konzertbeginn von einer doppelt so großen Menschenmasse erwartet, wie die vorgängige Band insgesamt anlocken konnte. So blickte auch ich einem spaßigen Gig entgegen, welcher auch geboten wurde. Begleitet von allerhand alkoholischen Getränken trollten die Holländer auf die Bühne, hoben Hörner, Bier und Wodka und genossen die Zustimmung der Fans in Form von aktivem Mitgrölen sichtlich. Mit NACHTGESCHREI ward der erste Mittelalter-Rock-Act gesehen. Der auffrischende Wind vertrieb wohl etwas an Zuhörer, tatsächlich fand das Konzert in eher kleinem Kreise statt. Zusätzlich hatte die Technik mit einem nervig anhaltenden Feedback zu kämpfen, die sich stetig weiter bedrohlich aufbauenden Wolken hielten dem nichts entgegen. Eine Band mit interessantem Namen, einem witzigen Sänger und einem Saxophonisten sieht man nicht alle Tage; entsprechend war ich auf TROLLFESTs Auftritt gespannt. Ergänzt von gelegentlich irrem Lacken begleitete Frontmann Trollmannen durch den Gig, spielte Trommel und ergab sich in witzigen und teils absurden Ansagen. Das Outro warf die Zuschauer mit schmissiger Melodie zurück auf das bereits etwas sumpfige Gelände des Ballenstedter Flughafens. Das Mittelalter rollte ein zweites Mal durch die grünen Hügel der Harz. Es bildete sich ein deutlicher Moshpit, das Pub rockte, dem bedrohlich über der Band hängenden roten Augenpaar gefiel´s.

 

Ein Blick auf die zweite Stage stimmte merkwürdig. So gar nicht mochte die Dekoration mit einem Metalfestival harmonisieren. Mein kurzer, skeptischer Blick in das schicke Festivalprogramm vermochte mich weder zu überzeugen, noch aufzuklären: Von Iron Maiden-Klassik und Kammer-Metal war da die Rede, erwähnt wurden Klarinette, Kontrabass und Violine. Kann ja heiter werden, dachte ich mir. Und es wurde! Zwar nicht wetter- (der gute Petrus wollte den Musikfans wohl keinen flotten Auftritt gönnen), aber durchaus audiotechnisch und visuell. Die edlen, im antiquierten Stil gehaltenen Bühnenelemente wurden nun in eine Show eingebunden, welcher ich noch lange gedenken werde. Naja, vielleicht entstand meine Begeisterung auch aus der zu Beginn überdeutlichen Skepsis, auf jeden Fall boten COPPELIUS eine überaus beeindruckende Leistung. Für mich das Highlight des Festivals! Zur nächsten Gruppe finde ich zwei Worte in meinen Notizen: Regen und scheisskalt. Dementsprechend genehmigte ich mir nach ein paar Minuten BATTLELORE den Luxus, mich in unserem auf dem Zeltplatz stehenden Stoffpalast etwas aufzuwärmen und verpasste so das meiste der Show. Schade. Hätte nett sein können. Pünktlich zu HEAVEN SHALL BURN gab es kein Halten mehr und es zog scheinbar auch den faulsten und wasserscheusten Metalhead und Festivalgänger vor die Bühne. Die sympathischen Burschen wurden gebührend empfangen, Sänger Marcus erklärte, dass er sich solches Wetter als richtige Untermalung für ein Metalkonzert wünschte und – recht hatte er! Irgendwie, zumindest. Es passte. Mit der geilsten Wall of Death zum passenden Song „Voice of the Voiceless“ erreichte der HSB-Auftritt seinen Höhepunkt.


Nach hartem Melodic Death bzw. Metalcore schallte von der anderen Bühne die zärtliche Stimme einer zierlichen, hübschen Dame. Ok, die massiven Growls von Gitarrist Mark Jansen waren dann weder zierlich noch hübsch, aber definitiv eine Bereicherung für die sonst etwas trockene Darbietung von EPICA. Die mit Abstand beste Lichtshow des ganzen Festivals durften MOONSPELL für sich beanspruchen. Warum, mag der liebe Gott wissen (oder der bandeigene Techniker), aber was da rot, blau und gelb von der Bühne leuchtete, war definitiv eine Klasse für sich. Obwohl sich die Band, allen voran der Sänger, etwas bemüht böse in Pose warf, war der Sound gut und konnte die Ränge schnell überzeugen. Schöner Auftritt.
Etwas weniger schön ging es mit UNHEILIG weiter. Das muss ein ganz eigenes Völkchen sein, welches dieses inkarnierte Gegenteil an Ideenreichtum derart zu begeistern vermag. Ich verzog mich schnell und schützte meine todesbleiernen Ohren mit Bier und Wurst. Zu bester – sprich, Headliner-Stunde kam, was schon oft und ausdauernd gesehen: SCHANDMAUL. Da es bereits der dritte in diese Kerbe schlagende Act war, hielt sich meine Begeisterung eher, äh, in Grenzen. So verfolgte ich die ersten paar Minuten dieses Gigs, um mich dann einmal mehr voll und ganz der Verpflegung zu widmen. Ja, so ging ein erster, schöner Festivaltag zu Ende. (mk)

 

 

Samstag

 

Die Aufgabe des Einheizers fiel an diesem wettermäßig erneut durchzogenen Tag der jungen Band BLUTSBRÜDER zu. Mit ihrem punkigen Thrash und nicht immer ganz bierernsten Texten sorgten die Jungspunde allerdings für nicht viel mehr als ein leichtes Wippen mit dem Kopf. Mit der WOA METAL BATTLE-Band Nummer drei betrat ein anderes Kaliber die Bühne. Deren Todesblei war geschwängert von knallharten Riffs und Breakdowns. Leider waren etwas viel Höhen in den Gitarren und das Snare war zu leise. Die Schweizer LEGENDA AUREA hinterließen danach einen zwiespältigen Eindruck. Die Freude an der sympathischen Frontfrau, den fetten Riffwänden und gekonnten Soli wurde getrübt durch die Eintönigkeit des Dargebotenen. Einen Farbtupfer in der von Folk und Heavy Metal dominierten Rock Harz-Landschaft stellten die Black Metaller LYFTHRASYR dar. Der Rockstage-Sound war jetzt schon besser, das Snare sauberer und lauter. Das immer noch spärlich vorhandene Publikum wurde sogar noch Zeuge eines eher speziellen „Striptease“, denn Keyboarder Vethys schälte sich im Verlauf des Gigs aus seiner blass-grauen Gummihaut. Nicht unbedingt ein angenehmer, aber sicher nicht alltäglicher Anblick.

 

Die US Teenager-Band AGE OF EVIL lockte dann mit ihrem Power Thrash als erste etwas mehr Leute vor die Bretter. Die Menge wuchs sogar noch, als die Spaßgaranten AOK loslegten. Parodien auf Slayer, Metallica & Co., ungehemmtes Genitalien-Vorzeigen und haufenweise Gelaber sorgten einmal mehr für viel großes Gelächter. Nach ROUGH SILK, die mit Thrash-Elementen angereicherten Heavy Metal kredenzten, war es an SUIDAKRA, die Stimmung wieder aufkochen zu lassen. Das Publikum zog mit, und so war an diesem frühen Abend schon ordentlich was los auf der Rockstage. Die Industrial-Urgesteine MEGAHERZ boten danach eine gute, ziemlich atmosphärische Show. Frontmann Alexander Wohnhaas demonstrierte durch seinen Abstecher auf die Fotograben-Plattform etwas „Volksnähe“. Nach einer geballten Ladung Old School Thrash mit Tankard enterten die trinkfesten Finnen von KORPIKLAANI die Bühne und sorgten mit Schunkel-Metal-Hymnen wie „Happy Little Boozer“ für pure Gaudi. Die feucht-fröhliche Stimmung wurde noch besser, als der hartnäckige Regen nachließ.

 

Mit Heavy Metal-Urgestein GRAVE DIGGER hörte der Regen ganz auf und die Sonne blinzelte sogar kurz durch die dünner gewordene Wolkendecke. Die Mitsing-Refrains hielten die Stimmung auf konstant hohem Niveau, auch wenn die Stimme vom charismatischen Frontmann Chris Boltendahl auch schon stärker war. Es ging gleich flott weiter mit saustarken Live-Bands, denn auch DARK TRANQUILITY zeigten mit ihrem Schwedentod eine mitreißende Darbietung. Wer ARCH ENEMY schon mal live gesehen hat, weiß, wie es da abgeht. Auf dem Rock Harz 09 war das nicht anders, nur das völlig übertriebene Stagediving ging manch einem auf die Nerven. Danach brachten mich ASP mit ihrem elektronisch angehauchten Gothic Rock und einem weitgehend ereignislosen Auftritt vor allem zum Gähnen. Ganz anders der Headliner des Abends, W.A.S.P. Wie es so oft mit altgedienten Heavy Metal-Acts ist, zeigten auch die Kalifornier eine atmosphärisch dichte Show, die geradezu nach Ehrfurcht verlangte. Hiermit ein Kompliment an die Organisatoren für ein gut organisiertes, vom Line-Up her recht abwechslungsreiches Festival, das eigentlich nur durch das triste Wetter etwas getrübt wurde.

 

Micha Kaser & Richard Hänzi – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.rockharz.de