Festivalbericht zum Sundown Festival 2008

 

Terminlich gut gelegt und durch die geografische Nähe zum Summer Breeze und dessen Publikum ist die Kochertalmetropole in Abtsgmünd schon zur Mittagsstunde von mehreren Hundertschaften bevölkert, die ihren Brückentag beim Sundown Festival zubringen wollen. Richtig voll ist es bei der ersten Band CHARON’S CALL dennoch nicht, was bei einem Newcomer natürlich nicht ungewöhnlich ist. Dies ändert sich mit HACKENEYED, der zweiten Band des Tages. Als Grund hierfür ist vor allem der Lokalmathadorenbonus der Buben zu nennen und weniger der nicht unbedingt innovative Output der Jungs, die zumindest ihr Handwerk schon passabel verstehen. Der Death Metal der Knaben klingt nach alter Schule und hat ihnen sogar jüngst einen Deal mit Nuclear Blast eingebracht, die damit vermutlich ihren Teil zum schleichenden Jungendwahn der Szene beitragen wollen, die derzeit oft und gern größtenteils minderjährige Truppen signt, solang diese im Bestfall dem Sound ihrer Väter huldigen. Sturm und Drang, Grantig und Co. lassen grüßen. Nichtsdestotrotz sind einige Anhänger vor Ort, die ihren Fünfer mit Mosh-Action und Sprechchören abfeiern. Ob es in der Ferne zu ähnlichen Sympathiebekundungen reicht?

Für DYING JULIA läuft es im Anschluss weniger gut, wenngleich wir es hier auch mit dem krassesten Stilbruch des Tages zu tun haben. Mit schwelgerischen, schwermütigen und Goth-lastigen Songs fällt man nach Knüppel-Death noch deutlich mehr auf, als man es ohnehin neben Bands wie den beiden Headlinern des Tages schon tut. Sänger / Gitarrist Rainier (auch bei End of Green als Gitarrist aktiv) und seine drei Mitmusiker sind sich dessen  jedoch bewusst und ziehen konsequent ihr Programm durch. Das versetzt die Lärmfetischisten im Publikum zwar nicht wirklich in Verzückung, hat aber Tiefgang und eine eigenständige Note, womit man der vorherigen Band wiederum eine Nasenlänge voraus ist. Die folgenden CADAVERES aus Ungarn treffen da schon eher den Geschmack der meisten Besucher, sodass sich das bewegungsfreudige Sextett über soliden Haarflug und zwischenzeitlich ansteigende Zuschauerzahlen freuen kann. Musikalisch an Sepultura und die eigenen Landsleute von Ektomorf erinnernd, versucht die Band ihr noch immer aktuelles Album „Soul of a new Breed“ an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Für eine hierzulande fast gänzlich unbekannte Truppe bei weitem keine schlechte Vorstellung, denn Engagement und Handwerk stimmen. Gleiches gilt für die Melodic Deather DEADLOCK, die noch mal in einer anderen Liga spielen was Spielwitz und musikalische Klasse betrifft. Zudem ernten Joe Brehm, Sabine Weniger und ihre agilen Flitzefinger an den Instrumenten die ersten richtig fetten Mosh- und Pogopits des Tages. Mit ihrem mutigen und modernen Sound, der auch mal Platz für ein reines Electro-Zwischenspiel lässt (nachzuhören etwa auf dem aktuellen Dreher der Band), lockt man natürlich keine Sodom-Kutte hinter dem Ofen hervor, dafür aber einen beachtlichen Teil der übrigen Gästeschar. Nachdem mit dem großartigen „Dark Cell“ frühzeitig die Fronten geklärt sind, können Deadlock mit weiteren Leckerbissen wie dem poppigen „Code of Honor“ oder aber „We shall all bleed“ kräftig punkten und dabei neue und alte Fans gleichermaßen auf seine Seite ziehen. Der späte Zuspruch am bandeigenen Merch-Stand spricht für sich.


Hatten gut lachen: DEADLOCK überzeugen mit viel Schweiß und Spielfreude
 


Und mit weiblicher Front geht es weiter, wenn auch mit beachtlicher Verspätung. DELAIN aus den benachbarten Niederlanden haben kräftig mit der Technik vor Ort zu kämpfen, was den zuvor noch soliden Zeitplan ordentlich in Verzug bringt. Als das Quintett dann endlich mit „Frozen“ starten kann, haben sich allerdings vor allem die vorderen Reihen ziemlich gelichtet – auch die sympathischen Mannen um Sangestalent Charlotte Wessels passen nicht wirklich in das heutige Billing. Ein harter Kern feiert die Band allerdings ab, die sich in gewohnter Spielfreude durch das verkürzte Set spielt und unter anderem „No Compliance“ und „The Gathering“ serviert. Nach eindeutigen Gesten seitens des Stage-Managements und kleineren Verwirrungen bei der Song-Reihenfolge und dem Schlussstrich „Pristine“ war´s das dann leider auch schon mit Delain, die einmal mehr einen professionellen Gig auf die Bühne gebracht haben. Weiter so!


Mussten ihr Set nach technischen Problemen um mehrere Songs kürzen: DELAIN.
 

Der Co-Headliner PAIN hat im Süden der Republik offensichtlich einen Stein im Brett, was nicht nur beim letzten Auftritt beim Summer Breeze zu beobachten war. Auch beim Sundown Festival kann Peter Tägtgren die Halle beachtlich und headlinerwürdig füllen, was der Schwede mit „Same Old Song“ als erstklassigem Opener honoriert. Nach der ersten Breitseite an Gassenhauern (u.a. mit „Zombie Slam“), garniert von frenetischen Reaktionen des wild moshenden Publikums, leidet das Set leider vorübergehend unter einem leichten Hänger, da Songs wie „Suicide Machine“ zwar an sich gut, aber eben keine Stimmungsbomben vom Format eines „On an One“ sind – da scheinen sich die meisten Fans einig zu sein. Zum Glück haben die Techno-Metaller noch genug Hits auf der hohen Kante, um den Auftritt ebenso triumphal zu beenden wie er begonnen hat. „Bitch“, „Nailed to the Ground“ – beide vom aktuellen „Psalms of Extinction“ – und natürlich „Shut your Mouth“ lassen die Kochertalmetropole noch einmal aufflammen, bevor die Band unter tosendem Beifall seiner verschwitzten Anhängerschaft abgeht. Grandios! Während die ersten Anhänger der neueren Schule nach Deadlock und Pain  zufrieden den Heimweg antreten, soll die Zeit für die Sodom-Shirt und Kuttenträger erst noch kommen. Die Ruhrpott-Thrasher SODOM können die gute und fröhliche Atmosphäre ihrer wenige Stunden zuvor absolvierten und gut besuchten Autogrammstunde auf die Bühne retten und dürfen mit einem Greatest-Hits-Set den würdigen Schlusspunkt unter ein gelungenes Festival setzen. Gegen Ende leeren sich die Reihen zwar aufgrund der um sich greifenden Verschleißerscheinungen zusehends, was nach mehreren Stunden Programm aber nicht unüblich ist.

Fest steht, dass das Sundown Festival auch auf einen Tag reduziert eine gute Figur macht und zudem terminlich gut platziert wurde. Für das nächste Jahr sollte man allerdings im Gastro-Bereich nachrüsten, denn 1.) kann nicht jeder Besucher aus der Fremde einen „Lkw“ als Leberkäseweck enttarnen und 2.) darf es ruhig zumindest ein bisschen Auswahl unserer Meinung nach durchaus sein. Auf ein recht baldiges Wiedersehen im Januar – dann zum Winter Freeze. Auf der Speisekarte finden sich dann unter anderem die Headliner Volbeat, die Metalcore-Eidgenossen von Cataract, ihre folkenden Landsleute von Eluveitie, die Modern Rocker Alev und unsere Lieblings-Goth-Rocker von Lacrimas Profundere. Wenn das mal nicht schon jetzt ein gutes Omen für 2009 ist...

 

Markus Rutten & Simone Steinbüchel – www.sounds2move.de

 

Link: www.sundownfestival.de