Festivalbericht zum Mera Luna 2008

 

Samstag, 09.08.

 

Die zweifelhafte Ehre, das 9. M´era Luna Festival zu eröffnen hatten DELAIN aus Holland. Zweifelhaft deswegen, weil der Gothic-Metal-Truppe um Ex-Within-Temptation-Keyboarder Martijn Westerholt somit gerade mal 20 Minuten Spielzeit zur Verfügung standen. Dafür lohnt es sich eigentlich kaum die Instrumente aufzubauen. Die Band machte das Beste daraus und rockte die doch schon recht zahlreich anwesenden Zuschauer mit Songs wie „Sleepwalker’s Dream“ oder „Pristine“. Frontfrau Charlotte Wessels sorgte dabei mehr noch als durch ihre Stimme mit ihrem gewagten Dekollete für Aufmerksamkeit. Im Hangar hatten die finnischen Schwermetaller von REFLEXION bereits angefangen und spielten gerade „Weak and tired“ aus ihrem aktuellen Album „Dead to the past, blind for tomorrow“, wobei der Titel der Single keinesfalls Programm war, wie man an Sänger Juha deutlich sehen konnte, der fleißig beim Headbanging war, wenn er nicht gerade ins Mikro textete. Wer die Band kannte, dem fiel auf, dass am Schlagzeug ein ungewohntes Gesicht saß.  Die Band musste mit einem Ersatzdrummer antreten, da Schlagzeuger Reiska mit gebrochener Hand schlecht seine Drumsticks schwingen konnte. Die Ballade „Undying Dreams“ aus dem Debüt „Out of the Dark“ brachte die Mädchenherzen zum Schmelzen, war aber auch der einzige ruhige Song in einem sonst kraftvollen Set. Weiter ging es energiegeladen mit „Rainheart“ und „The One with no Name“. Mit dem temporeichen „The Thousand Nails in my Heart“ beendeten die Finnen ihren Auftritt, der von den Fans mit mehr als nur Höflichkeitsapplaus bedacht wurde.

 

Einen völlig missglückten Start in ihr Set legten im Anschluss ELIS aus Liechtenstein hin. Beim Opener „Show me the Way“ war nur ein einziger Soundbrei und kein Gesang zu vernehmen, weswegen sich Sängerin Sandra Schleret gegen Ende des Songs kurzerhand das Mikro von Teilzeitgrunzer Tom Saxer schnappte und zu retten versuchte, was noch zu retten war. Doch die Band nahm das Malheur gelassen, bedankte sich artig beim Publikum für den Applaus für ihre Pantomimen-Performance und legte danach einen ordentlichen Restauftritt hin, der mit 30 Minuten leider etwas knapp ausfallen musste. Auf „Phoenix from the Ashes”,  “Innocent Hearts” oder “Der letzte Tag” sollten die Fans natürlich trotzdem nicht verzichten. Die LEGENDARY PINK DOTS sind nach über 25 Jahren Bandhistorie und noch mehr Veröffentlichungen inzwischen tatsächlich so legendär, wie ihr Name suggeriert. Die experimentellen Rockklänge von Mastermind Ka-Spel grenzten auch auf dem M’era Luna ans Psychedelische und gingen darüber hinaus. Was die vier Musiker mit Querflöte, Saxophon und diversen anderen, teils selbst gebastelten Instrumenten, sowie Ka-Spels Stimme, die zwischen Wahnsinn und Bedrohung schwankte, für eine Performance ablieferten, ist schwer zu beschreiben, eigentlich muss man es gesehen und gehört haben. Für die frühe Zeit verhältnismäßig viele M’era Luna Besucher ließen sich dieses Highlight dementsprechend auch nicht entgehen und applaudierten begeistert, als die gut 40 Minuten Spielzeit vorbei waren, in denen sich der Saxophonist auch mal unters Publikum mischte, um von dort aus ein Solo zum Besten zu geben. Wie gesagt, man muss dabei gewesen sein. Positiv überrascht wurde ich im Anschluss von RABENSCHREY. Statt wie befürchtet den X-ten peinlichen In-Extremo-Subway-to-Sally-Klon vorgesetzt zu bekommen, gab es echt originelles Entertainment mit akustischem Mittelalter-Pagan-Rock ´n´ Roll, Met, Jack Daniels und Templerschafen. Sänger Donar von Rabenschrey hatte die Menge stets im Griff, animierte sie zum Mitsingen und –blöken. Songs wie „Wir sind Heiden“ (Pipi Langstrumpf), „Dreckstück“ oder „Das Järv“ sind aber auch wirklich wie geschaffen, um live für Stimmung zu sorgen.

 

Weiter ging es im Hangar mit CINEMA STRANGE. Das Trio gilt nicht von ungefähr schon immer als recht eigenwillig. So auch dieses Mal, als sie in altertümlichen Theateroutfits die Bühne betraten und eine Performance boten, die auch schon fast etwas von einem Theaterstück an sich hatte. Dass die Band natürlich die Geschmäcker spaltete, versteht sich von selbst. Von ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO konnte man leider nicht behaupten, dass sie Stimmungskanonen waren. Im Programmheft als „Apocalyptic Pop“ angepriesen, hatte ich zumindest einen stimmungsvoll-emotionalen Auftritt erwartet, leider verbreiteten die Schweden aber nur Langeweile. Und auch die Stimme von Sänger Tomas Pettersson empfand ich als wenig ausdrucksstark. Der Name CHRISTIAN DEATH ist in der schwarzen Szene legendär. Über die Bandgeschichte könnte man Bücher schreiben, die Liste der Ex-Bandmitglieder würde ganze Telefonbücher füllen. Valor Kand, der seit dem Ableben von Bandgründer Rozz Williams vor zehn Jahren nunmehr unumstritten den Bandnamen präsentiert, zeigte sich mit seinen Mannen und Frauen in Pöbellaune und richtet erst einmal einen entsprechenden Gruß an den Bischof von Hildesheim. Ansonsten stellte sich die Performance zwar recht stylisch dar, aber irgendwas Aufregendes oder gar echte  Provokationen durfte man nicht erwarten. Die Gothic-Mucke, oder Death-Rock wie es heute wohl genannt wird, klang auch mehr oder weniger unspektakulär. Von der eher Metal-orientierten Ausrichtung der jüngeren Vergangenheit war  nicht mehr viel zu hören. Insbesondere Valors Gesang klang mir über weite Strecken zu nichtssagend. Spannender wurde es schon, wenn Bassistin Maitri zum Mikro griff. Mit ihrer teils hysterischen Stimme und ihrer schwungvollen Bühnenperformance konnte sie für einige Akzente sorgen. Insgesamt untermauerte der Auftritt aber, warum die Band trotz ihres bedeutenden Namens so früh am Tag auf die Bretter musste.

 

Einen bedeutenden oder zumindest bekannten Namen haben auch die britischen Alternativ-Rocker von RED LORRY, YELLOW LORRY. Der Auftritt der Engländer, die ihren Fans schon seit Jahren kein neues Material geboten haben, lässt sich als unspektakulär beschreiben, was ihn aber deshalb nicht schlecht macht. Im Gegenteil, von den Briten ist man diese schnörkellose „Just us, just music“-Attitüde gewohnt und erwartet sie sogar. Von daher war der Auftritt für die Fans durchaus gelungen. KLIMT 1918 nennen sich die Goth Rocker aus Italien, die als nächstes im Hangar die Aufgabe hatten, das Niveau der vorher aufgetretenen Bands zu halten. Dies gelang ihnen mit ihrem Gitarrensound auch gut, leider war der Hangar aber nur mäßig gefüllt, so dass sich wohl nur die echten Fans an Stücken wie „SkyGazer“ oder „Parade of Adolescence“ erfreuten. Auf der Hauptbühne gab es mit MESH das erste echte Highlight für die Freunde des gepflegten Synthpops. Auch wenn das Duo an diesem Nachmittag nicht ganz das hohe Niveau erreichte, mit welchem sie 2006 das M’era Luna beglückten, war es doch eine wahre Freude, Songs wie „Crash“, „Fragile“ oder „People Like Me“ live zu hören. Im Hangar gab sich zwischenzeitlich FRANK THE BAPTIST die Ehre. Die aus den USA kommende Formation war sichtlich gut gelaunt, wie man nicht nur Sänger Frank anmerkte. Mit ihren Goth Rock Sounds betraten sie zwar keine wirklich neuen Pfade an diesem Tag, hatten aber das Publikum schnell im Griff. Mit „If I Speak“ beendeten die Jungs ihr Set. Nun wurde es auf der Hauptbühne Zeit für Mittelalter Industrial Rock der Spitzenklasse. TANZWUT enterten die Bühne. Teufelchen und Co waren gewohnt gut drauf und starteten gleich mit „Ihr Wolltet Spaß“ ihr Programm. Und das Publikum ging vor der Bühne richtig mit, was auch Teufel erfreute. Teufel ist ja immer glücklich, wenn seine Aufforderung zum Durchdrehen von den Fans in die Praxis umgesetzt wird. Es folgten dann auch die üblichen Verdächtigen mit „Lügner“, „Meer“, „Bitte, Bitte“ und zum Abschluss gab’s noch den „Schattenreiter“ auf die Ohren. Die Fans waren nach dem Auftritt ihrer Helden erschöpft, aber glücklich.

 

EPICA stehen für erstklassigen Gothic bzw. Symphonic Metal aus Holland. Und dies bewiesen sie einmal mehr in Hildesheim. Mit 60 Minuten hatte man ihnen ordentlich Spielzeit zugestanden, so dass sie nicht nur die Epen des herausragenden letzten Studioalbums „The Divine Conspiracy“ (z. B. „The Obsessive Devotion“ oder „Chasing the Dragon“)  kredenzten, sondern auch jede Menge alte Hits wie „Consign to Oblivion“, „Mother of Light“ oder „Cry for the Moon“ spielen konnten. Was für mich das Besondere an dieser Band ist, sind die teils sehr heftigen Ausbrüche, die für einen in dieser Musikrichtung ungewohnten Härtegrad sorgen. Abgerundet wurde das Konzert durch einen Gastauftritt der amerikanischen Sängerin Amanda Somerville, die in der Vergangenheit schon ein paar Mal für die erkrankte Sängerin Simone Simons in die Bresche gesprungen ist. Für mich eines der Highlights des diesjährigen M´era Luna. Das nächste Highlight stand mit UNHEILIG an. Der Graf kann auf einen steilen kontinuierlichen Aufstieg in den letzten Jahren zurückblicken. Geniale Alben, ausverkaufte Konzerte und begeistertes Publikum. Was will der Künstler mehr? Entsprechend hoch auch die Erwartungshaltung beim M’era Luna Publikum. Und die wurde von der Band und ihrem charismatischen Sänger auch voll erfüllt. Mit der aktuellen EP „Spiegelbild“ im Gepäck gab es auch neues Material zu hören, wie z.B. die Ballade „An Deiner Seite“. Aber auch die großen Hits wie „Die Maschine“, „Astronaut“, „Sage Ja“ und natürlich „Freiheit“ durften nicht fehlen. Der Graf verausgabte sich wie gewohnt völlig und man merkte ihm die ehrliche Spielfreude deutlich an. Zum krönenden Abschluss spielte die Band noch die wunderschöne Ballade „Mein Stern“. Dann war die Stunde Spielzeit, die ihm der Plan erlaubte auch schon um und er verabschiedete sich unter tosendem Applaus von der Bühne, um später den Fans am EMSO-Stand für Autogramme und Fotos zur Verfügung zu stehen. Fannah wie immer, ein echter Vorzeigekünstler. SAMAEL sind so eine Band, die es zwar schon über 20 Jahre gibt, mit deren Sound ich aber nie wirklich warm geworden bin. Weder mit dem Black Metal der Anfangstage und schon gar nicht mit dem klinischen Elektro-Sound heutiger Prägung. Da kann Frontmann Vorph vorne noch so finster wirken, Xy macht im Hintergrund mit seiner Programmiermaschine jeden Eindruck einer stimmigen Metal-Performance zunichte. Einige Songs wie das bösartig-schleppende „Baphomet's Throne“ sind zwar durchaus gelungen, dennoch verlief der rund einstündige Auftritt für mich recht schleppend. Vom Publikum wurden die Schweizer aber recht gut abgefeiert.

 

Auf der Hauptbühne jagte derweil ein Kracher den nächsten. Nach Tanzwut und Unheilig waren es nun die hessischen Gothic Rocker von ASP, die nach einigen Auftritten im Hangar, der zuletzt dabei aus allen Nähten platzte, endlich sinnvollerweise auf der Hauptbühne platziert wurden, die dem Publikum einheizen sollten. Doch schon beim Opener „Sing Child“ wurde deutlich, dass irgendetwas mit der Technik nicht stimmte, denn es war schlicht und ergreifend zu leise. Die „Lauter!“-Rufe der Fans verhallten aber ungehört, auch wenn die Tontechniker im Hintergrund sicher mit kaltem Schweiß auf der Stirn versuchten, das Problem zu beheben. Aber ASP ließen sich dadurch nicht verwirren und zogen ihr Programm mit einer energetischen Bühnenperformance durch. Dazu zählten dann Klassiker wie „Ich bin ein wahrer Satan“ und „Und wir tanzten…“, aber auch ein nagelneues Stück namens „Denn ich bin der Meister“ gehörte zur Setlist. Mit „Ich will Brennen“ gab es auch noch ein paar Pyro-Effekte zu bestaunen, doch leider zog sich das Soundproblem durch den gesamten Auftritt. Aber die Fans waren trotz dieser unfreiwilligen Einschränkungen zufrieden und beklatschten die Band frenetisch. Mein (Alex) ganz klarer Favorit auf dem diesjährigen M´era Luna waren MOONSPELL. Und die Portugiesen konnten meine Erwartungen voll und ganz erfüllen. Mit der Breitseite „At Tragic Heights“ vom neuen Album „Night Eternal“ ging es los. Alte Bandhymnen wie „Opium“ oder „Wolfshade“ folgten ziemlich schnell, so dass die Stimmung im Hangar bald zu kochen schien. Als dann zu „Scorpion Flower“ noch Anneke van Giersbergen  als Gastsängerin die Bühne betrat, hatten die Südeuropäer endgültig gewonnen. „Everything Invaded“ fehlte natürlich genauso wenig in der Setlist wie die Gothic-Hymne „Vampiria“.  Als Rausschmeißer dienten dann erneut „Alma Mater“ und „Full Moon Madness“. Einzig meine Hoffnung, im Zuge der Neuveröffentlichung im letzten Jahr mal einen „Under the Moonspell“-Song live zu hören, erfüllte sich nicht. Dennoch: für mich der beste Auftritt des Festivals. Auf der Main Stage ging derweil das für mich (Steve) mit Abstand beste Konzert des gesamten Festivals ab. Ronan Harris und Mark Jackson, besser bekannt als VNV NATION enterten die Bühne. Und was für ein Auftritt! Angefangen mit „Joy“ und „Dark Angel“ hatten sie die Massen schnell auf ihrer Seite. Und Massen kann man hier ohne Übertreibung sagen, denn es war das Konzert des Festivals, bei dem es schwierig war, noch ein Plätzchen in Bühnennähe zu finden. Die ersten beiden Stücke des 75-minütigen Sets hatten zwar noch mit demselben Soundproblem zu kämpfen wie zuvor Asp, aber mit „Nemesis“ war es den Technikern offensichtlich geglückt, den Fehler zu finden, denn von nun an schallte der Sound so, wie es eines Festivals würdig ist, aus den Lautsprechern. Ronan war gut gelaunt wie immer und wirbelte über die Bühne als bekäme er Kilometergeld. Dabei animierte er auch immer wieder das Publikum und konnte sich den einen oder anderen lakonischen Kommentar auch nicht verkneifen. Das Set war so etwas wie ein Best-Of der bisherigen Band-Historie, zu dem natürlich „Honour“, „Chrome“, „Illusion“, „The Farthest Star“, „Standing“ und „Perpetual“ gehörten. Ein besonderes Schmankerl war die erste Zugabe, bei der Ronan allein am Piano stand und eine Acoustic Version von „Further“ spielte. Das sorgte für echte Gänsehautatmosphäre, die durch die einsetzende Dämmerung und den Sonnenuntergang an diesem wolkenlosen Tag noch verstärkt wurde. Ein unvergesslicher Moment. Zum Abschluss gab es noch wie gewohnt „Beloved“ zu hören, bei dem dann dank der bereits eingesetzten Dunkelheit auch die Lichtshow voll zur Geltung kam. Kurzum einfach das Highlight des diesjährigen M’era Luna, wie auch die verausgabten und begeisterten Fans fanden.     

 

Dagegen konnten PARADISE LOST nichts mehr ausrichten. Auch wenn Moonspell-Frontmann Fernando die Engländer zuvor als großen Einfluss angepriesen hatte und der Hangar gut gefüllt war, kommt man nicht umhin festzustellen, dass die große Zeit der Mannen um Nick Holmes längst vorbei ist. Mit „The Enemy“, dem besten Stück des neuen Albums „In Requiem“, legten sie recht gut los. Und im Gegensatz zum Konzert in Hamburg im letzten Jahr wurde dem Publikum „As I die“ und mit „Embers Fire“ auch Material von „Icon“ nicht vorenthalten. Dennoch fehlten einfach zu viele Hits der Marke „Gothic“, „Eternal“, „Mortals watch the Day“, „True Belief“ oder auch „Forever Failure“. Dafür gab es jede Menge (aus meiner Sicht) öde Songs wie „Erased“ oder „Ash & Debris“ zu hören. Überhaupt nahm das neue Album mit fünf Songs einen etwas zu großen Teil der Setlist ein. Wenigstens blieben einem Songs von „Host“ und „Believe in Nothing“ erspart. Alles in allem ein zwiespältiger Abschluss des M´era Luna-Samstages. Im Hangar war Feierabend, auf der Hauptbühne stand noch der Headliner, die belgischen Urgesteine von FRONT 242, aus. Der Auftritt hatte auch was, doch da die meisten Zuschauer vor der Bühne immer noch unter dem Eindruck der mitreißenden Performance von VNV Nation standen, wollte der Funke zunächst nicht so recht überspringen. Dabei hatten die Jungs mit „Circling Overhead“, „Im Rhythmus bleiben“, „Take One“ und „Religion“ ihre Hits im Gepäck. Doch erst zum Finale, als die Urväter des EBM mit „Headhunter“ loslegten, wurden auch die hinteren Reihen von einem plötzlichen Tanzdrang erfasst. Damit war der offizielle Teil des Samstags beendet und das Publikum machte sich auf den Weg zum Zeltplatz, zu diversen Zeltparties, ins Hotel oder in den Disco-Hangar, wobei natürlich auch der erstmals beim M’era Luna vertretene Mittelaltermarkt stark frequentiert wurde. Der Mittelaltermarkt wurde sehr gut angenommen und wird hoffentlich auch künftig, vielleicht auch in etwas größerem Rahmen, das Gesamtbild des M’era Luna schmücken.  

 

 

Sonntag, 10.08.

 

Der Sonntag begann mit einer schlechten Nachricht. Es regnete – und wie! Das schöne Wetter vom Vortag war Geschichte und der Wetterumschwung sorgte fast für ein kleines Novum in der M’era Luna Historie, dass in der Vergangenheit wettertechnisch eher zu Extremen geneigt hat. Entweder es war so heiß, dass man in der Sonne verdorrte oder es war so verregnet, dass man im Matsch unterging und im Zelt weg schwomm. So ein wechselhaftes Wetter hatte man hier doch eher selten.

 

Dennoch fanden sich bemerkenswert viele Interessierte um 11 Uhr zur ersten Band in Regenkleidung vor der Hauptbühne. MONO INC., die erst kurz vor dem Festival angekündigt wurden, freuten sich dann auch sichtlich über den Zuspruch.  Für nur vier Songs lohnt es sich eigentlich kaum, die Instrumente aufzubauen, doch die Band, die auch schon seit den Neunziger Jahren existiert, bot mit ihrem Gothic Rock, der stellenweise ein wenig an die Sisters of Mercy erinnerte, derart hörenswertes Material, dass man hoffen darf, die Combo demnächst vielleicht auch an etwas späterer Stelle zu einer längeren Performance sehen zu dürfen. Schlagzeugerin Katha lieferte ein schönes Duett mit Sänger Martin ab und zum Abschluss hatten sie mit der neuen Single „Sleeping the Day Away“ einen Song mit echtem Hit-Potential im Programm, der die Zuschauer auch gleich zum Mittanzen und Mitsingen animierte. Kurz gesagt, ein gelungener Einstieg in den zweiten Tag. Im Hangar eröffneten IRFAN das Programm. Die vierköpfige Band aus Bulgarien bot eine interessante Mischung aus Weltmusik und Folk und erinnerte vom Stil her stark an Dead Can Dance, was nicht nur an Sängerin Vladislava Todorovas Stimme lag. Denn als letztes Stück spielten sie mit „Svatba“ eine Coverversion der Kultformation. Das Publikum war begeistert und gab sich der fast magisch erscheinenden Stimmung hin. Also auch hier ein optimaler Auftakt.

 

Dann war es an END OF GREEN, dem Publikum draußen die verregnete Stimmung zu vertreiben, was den Goth Metallern auch mühelos gelang. Ein solider Auftritt der Jungs. Mit DIN (A) TOD schallte Minimalelectro im Stile von 80er-Ikonen wie Human League aus dem Hangar. Das Trio spielte neben Songs vom Debüt-Album „The Sound of Crash“ auch ein nagelneues Stück mit dem Titel „Clockwork“ und verzichtete natürlich auch nicht auf die Clubhits „Creation Crucifixion“ und „Living Dead“. Die Resonanz der recht zahlreichen Zuschauer war durchweg positiv. Auf der Hauptbühne gab es dann mit THE OTHER echten Horror Punk aus den Vereinigten Staaten zu hören. Wobei nicht nur die Musik, sondern vor allem auch das Outfit der blass geschminkten Combo die Aufmerksamkeit des Publikums errang. Weiter ging es mit PAINBASTARD. Das Electro-Duo aus Leipzig sorgte nicht nur für einen gut gefüllten Hangar, sondern mit brachialem Electrosound und verzerrtem Schreigesang auch für Stimmung. Neben bekannten Titeln wie „Nervenkrieg“ spielten sie mit „Seele in Not“ auch einen bis dahin unveröffentlichten Song, der von der Menge sehr gut aufgenommen wurde. Mit „Sternentanz“ beendeten sie ihren halbstündigen Auftritt und ließen eine Fanschar zurück, die sich eine längere Spielzeit der Jungs gewünscht hätten. BLITZKID schlug auf der Hauptbühne in dieselbe Kerbe wie The Other, sowohl was die musikalische Komponente (Horror Punk) als auch das entsprechende Outfit angeht. Die Band erwies sich daher für die Fans dieser Stilrichtung als ideale Weiterführung. Dass die Band ebenfalls aus den USA stammt, ist dabei nur eine weitere von vielen Gemeinsamkeiten. Wem das alles zu gruselig war, konnte im Hangar ein wenig bei gepflegtem Synth-Pop entspannen. Die legendären Schweden von ELEGANT MACHINERY, die nun auch schon seit 1988 mit ihrer Musik die Szene bereichern, sich in den Neunzigern trennten und 2005 wieder zusammenfanden, lockten auch entsprechend viele Neugierige an. Das Quartett um Sänger Robert Enforsen legte mit der Single „Feel the Silence“ los und hatte die Fans sofort in ihrem Bann. Analoge Klänge und die eingängigen Melodien lösten in Verbindung mit der warmen Stimme des Sängers auch sofort Retro-Feeling bei den älteren Besuchern jenseits der 25 aus. Das Sänger Robert wie ein gewisser anderer bekannter deutscher Synth-Pop-Sänger Probleme hatte, sich seine Liedtexte zu merken und zur Unterstützung ein kleines Textbook dabei hatte, sorgte allenfalls für ein verschmitztes Grinsen im Publikum und machte die Jungs nur noch sympathischer. Zumal die Fans mehr als gerne aushalfen und zu den Stücken „Words of Wisdom“ und „Black Town“ den Refrain selbst übernahmen. Schon wieder Gänsehautfeeling pur. Mit „Save Me“ beendeten Elegant Machinery ihren genialen Auftritt und wurden begeistert gefeiert.

 

Auf der Hauptbühne schien das Thema des Nachmittags „Blass geschminkte Musiker mit interessanten Outfits und origineller Performance“ zu sein, denn THE VISION BLEAK reihten sich nahtlos in dieses Konzept ein, auch wenn sie musikalisch mehr in Richtung Dark oder Horror Metal gehen. Mit ihrer vor Pathos triefenden Performance sorgten sie visuell aber dennoch für Abwechslung und Songs wie „Can you say Cthulhu?“ oder „Caparthia“ fanden bei der Metal-Fraktion im Publikum auch großen Anklang. Vom Ambiente her hätten die Jungs aber besser in die Dunkelheit gepasst, da bei Tageslicht nicht wirklich die von den Herren gewünschte Atmosphäre aufgebaut werden konnte. Im Hangar machte sich erstmals an diesem Tage das althergebrachte Problem bemerkbar, dass mehr Leute in den Hangar wollten, als eigentlich reinpassten. Entsprechend blieb den Security-Leuten nichts anderes übrig, als einen Einlassstopp vorzunehmen. Die Band, die diesen auslöste, war AGONOIZER. Das Trio aus Berlin ist für Electro-Kost der härteren Gangart bekannt und sie enttäuschten ihre Fans nicht. Mit „Glaubenskrieger“ eröffneten sie gewohnt brachial ihr Set. Danach folgte mit einer Coverversion von Beastie Boys’ „You Gotta Fight for your Right to Party“ ein echtes Highlight. Der Song hatte in der Agonoize Version noch mehr Pep als die Originalfassung. War die Lautstärke auf der Hauptbühne zu leise, galt im Hangar jetzt das Gegenteil. Ein paar Dezibel weniger hätten es auch getan. Wie dem auch sei, die Berliner legten mit „Femme Fatale“ und „Sacrifice“ ein gutes Set hin, dass auch ein neues Stück beinhaltete. Selbiges hat den Namen „Schaufensterpuppenarsch“! Ernsthaft, ich dachte auch erst, ich hätte mich verhört, aber so lautete der Titel tatsächlich. Den Abschluss bildete eine weitere Coverversion, und zwar „I was made for loving you“ von Kiss, die auch sehr interessant klang. Den Hangar zu verlassen, erwies sich als schwierig, so dass man von LACRIMAS PROFUNDERE auf der Hauptbühne nicht mehr viel mitbekam. Nur noch „My Mescaline“ war zu vernehmen, aber wie man von den Leuten, die die Band komplett gesehen haben, hörte, war auch dieser Auftritt sehr solide und hörenswert.

 

Der Hangar war immer noch (oder besser schon wieder) wegen Überfüllung blockiert, so dass man nun halb draußen stehend die Jungs von EISBRECHER nur hören konnte. Sänger Alexx zeigte von Anfang an „Kein Mitleid“, hatte mit „Leider“, „Phosphor“, „Antikörper“ und „Schwarze Witwe“ ein gutes Gespür dafür bewiesen, was die zahlreichen Fans hören wollten und stellte mit „Kann denn Liebe Sünde sein“ einen neuen Song vor. Dass er sich ständig mit dem Publikum unterhielt, war auch positiv zu vermerken. Die Münchner rockten den Hangar kräftigst. Auf der Hauptbühne waren inzwischen die Spielleute von SALTATIO MORTIS dabei, die zahlreichen Fans mit lupenreinem Mittelalter Rock zu beglücken. „Salz der Erde“, „Koma“, und „Uns gehört die Welt“ brachten das Publikum auch zum Tanzen. Mit dem „Spielmannsschwur“ verabschiedeten sich die sympathischen Acht, die leider auch von der mäßigen Tonabmischung betroffen waren. Im Hangar luden die Norweger von COMBICHRIST um Andy LaPlegua zur vollen Dröhnung Techno Body Music. Wieder zum Bersten voll, hauten Combichrist ihren Jüngern „This is My Rifle“ und diverse andere Stücke um die Ohren. Mich kann man mit dieser Musikrichtung allerdings jagen, entsprechend tummelte ich mich dann noch vor der Hauptbühne und wartete entspannt auf APOPTYGMA BERZERK. Die Skandinavier legten dann auch gleich mit ihrem Hit „Love Never Dies“ los. Interessanterweise wollte bei den alten Elektro-Hymnen wie „Starsign“ oder „Unicorn“ nicht so recht Stimmung aufkommen. Erst die neueren, rockigeren  Stücke wie „Shine On“ oder „Until the End of the World“ brachten das Publikum in Bewegung. Sänger Stephan hatte an diesem Tag Geburtstag und bekam während des Gigs eine große Torte gereicht und ein „Happy Birthday“-Ständchen der Fans, was ihn sichtlich freute. Mit „Non-Stop Violence“ beendeten sie ihren Auftritt zehn Minuten zu früh und die Fans, die gehofft haben, dass die Band noch einmal zu einer Zugabe auf die Bühne kommt, wurden enttäuscht. Aber wenn man halt auch nicht lautstark „Zugabe!“ fordert, braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn man keine bekommt.

 

Im immer noch vollen Hangar war die vorletzte Band des Festivals an dieser Stelle bereits voll dabei. Die Mexikaner von HOCICO hatten sich für diesen Auftritt etwas Besonderes ausgedacht, um die Bühnenperformance ihres brachialen Electrosounds interessanter zu gestalten. Sie haben drei Indios von der „Grupo Calli“ engagiert, die um den Sänger Erk Aicrag ganz im Stile einer aztekischen Zeremonie herumtanzten. Mit traditionellem Schmuck und Accessoires bekleidet, verpasste diese Maßnahme dem Auftritt eine besondere visuelle Note. Definitiv sehenswert! Auf der Hauptbühne gaben sich die Urgesteine von NEW MODEL ARMY ein Stelldichein. Die Band hatte mit den ganz alten Hits auch einiges im Angebot und stieg mit „Here comes the War!“ auch gleich mit einem Paukenschlag ein. Die Briten, die nun schon gut 30 Jahre unterwegs sind, hatten mit ihrer Mischung aus Punk, Folk und Rock ihre unzähligen Fans schnell beglückt. Keine Schminke, keine große Show, kein Schnickschnack, nur ein paar alte Herren, die mit viel Hingabe bodenständige Musik spielten und von ihren Fans dafür geliebt werden. „Green & Gray“ wurde sogar mit Akustik-Gitarre gespielt und Sänger Justin Sullivan zeigte sich von seiner besten Seite, als er eingangs sich und seine Band als „Inselaffen“ vorstellte. Im Hangar setzte das legendäre Duo von DAF einen perfekten Schlusspunkt auf das dortige Programm. Mit „Verschwende Deine Jugend“ eröffneten sie das erneute Reunionkonzert und gaben eine gelungene Show zum Besten, die die Fans begeisterte. Den Abschluss des M’era Luna 2008 machten weitere Legenden. FIELDS OF THE NEPHILIM um Sänger Carl McCoy gaben sich die Ehre. Die einzige Goth Rock Band, die statusmäßig mit den Sisters of Mercy mithalten kann, machte ihrem Ruf alle Ehre. Es gab wie immer jede Menge Nebel und die Band trug wieder ihr verstaubtes Western-Outfit. Die genialen Gitarrenriffs der Band waren vor allem eines: Laut! Man konnte die Band vom Zeltplatz aus fast so gut hören, wie manche der vorhergehenden Bands von direkt vor der Bühne. Aber die Jungs schafften es, in der Dämmerung eine mystische Atmosphäre zu kreieren, was neben den Melodien aber auch an McCoys markanter Stimme lag. Ein gelungener Abschluss des M’era Luna 2008, dass mit einigen Neuerungen aufwartete und vor allem verdammt viele Legenden im Line Up hatte.

Das M’era Luna 2009 kann kommen. Und zwar am 8. & 9. August 2009. Man darf gespannt sein, welche Legenden sich dann im Line Up wiederfinden werden.

 

Steve Palaser (gothisches) und Alexander Dontscheff (metalisches) – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.meraluna.de