Festivalbericht zum Knock Out Festival 2008

Herzlich Willkommen im neuen Jahr. 2008 ist gerade einmal 12 Tage alt, da lädt auch schon das erste hochwertig besetzte Mosh-Fest zum Stelldichein. In diesem Jahr eröffnete das Knock-Out-Festival für mehrere Tausend Headbanger das metallische Jahr, darunter auch zwei Kilometerfresser von der nimmersatten sounds2move-Crew.

Trotz kurz zuvor bekannt gewordener Krankheit bei Sängerin Simone Simons und der damit verbundenen Absage zahlreicher Gigs fungierten EPICA als Opener des Knock-Out Festivals. Schon zur frühen Stunde hatte sich der Platz vor der Bühne gut gefüllt, den ultimativen Epica-Fan konnte man aber nur vereinzelt wahrnehmen, vielmehr wurde das Bild von einer Meute im Durchschnittsalter um die 40 bestimmt. Dass eben diese Epica zum Teil noch gar nicht kannten, merkte man vor allem an der anfänglichen Zurückhaltung im Publikum. Doch das motivierte Sextett aus den Niederlanden konnte wie immer schnell überzeugen und mit einem bunten Mix aus den bisherigen Studioalben (u.a. „The Obsessive Devotion“, „Quietus“ und „Sensorium“) gleich zu Beginn des Abends Akzente setzen. Von der Krankheit der Frontfrau war nichts zu spüren, die Bühnenpräsenz der Band um Simone Simons war wie gewohnt stark. Ein gelungener Auftakt allemal – aber wer Epica kennt, weiß, dass sie vor dem richtigen Publikum wie etwa beim Metal Female Voices Fest noch um einiges mehr bringen können.

Epica Axxis

 

AXXIS waren anschließend die richtige Band vor dem richtigen Publikum. Denn zumindest beim Lederhosentragenden Mittvierziger rannten die deutschen Melodic / Speed Metaller offene Türen ein. Happy Metal at its best, mit Gastsängerin Ana Mladinovic von der zu vernachlässigenden Symphonic Metal-Truppe Magica und einem Frontmann wie Bernhard Weiß, der auf der Bühne schon mal als Gollum auf LSD durchgeht. Das geneigte Publikum feierte die Rocker mit 20 Jahren Bühnenerfahrung ab, während die verbleibenden Headbanger eines schnell feststellten: Auf der Bühne stehen zwei Sänger, die sich gesucht und gefunden haben. Warum? Weil sie zugegeben gut miteinander harmonierten aber auch, weil einem beide binnen kürzester Zeit mit ihren schrillen Organen den letzten Nerv rauben können.  Dennoch wurden die sechs Protagonisten nach 40 Minuten lautstark verabschiedet. In einem anderen Rahmen hätte sich die Euphorie vermutlich deutlich in Grenzen gehalten. Noch mal deutlich lauter wurde es dann bei den Hamburgern GAMMA RAY. Kai „Kajal“ Hansens Truppe gab erst mal vollen Nostalgie-Schub voraus, nämlich in Form des „Heading for Tomorrow“-Doppelschlages „Welcome“ und „Heaven can wait“, bevor der Sprung in neue Millenium und zu „New World Order“ gewagt wurde. Voller Schwerpunkt auf dem neuen Dreher „Land of the Free II“? Fehlanzeige, denn einzig „From the Ashes“ vom aktuellen Longplayer schaffte den Sprung ins Programm. Dafür setzte es etwa mit „Somewhere out in Space“ oder aber „Heavy Metal Universe“ Evergreens am laufenden Band. Das spitzbübig durch das Programm führende Nordlicht Hansen weiß eben was sein zahlreich erschienenes Publikum will. Und dieser Forderung wurde Folge geleistet. Zur optisch wenig opulenten Show der Gothic Metal Urväter PARADISE LOST wurde es im Anschluss nicht nur merklich leerer, sondern auch standesgemäß ruhiger in der Halle. Diese Band fiel – trotz nicht weniger eines angereister Anhänger – etwas aus dem Rahmen des Festivals, was Nick Holmes, Greg Mackintosh und Co. nicht daran hinderte eine erstklassige und intensive Show auf die Bretter zu bringen. Großes Hollywood-Entertainment darf man hier natürlich nicht erwarten, da die Briten eher eine Band für die Seele, denn für die bierseelige Spaßveranstaltung sind. Trotzdem gab Mr. Holmes nach anfänglicher Zurückhaltung den sympathischen Gentleman, der mit kurzen und teilweise humorvollen Ansagen das eigene Publikum erfreute und die ungeduldig auf die folgenden Helloween wartenden Zuschauer bei Laune hielt. Auf „Wurzelgeständnisse“ – sprich Songs von den ersten beiden Alben der Band – wartete man vergebens (gleiches gilt für das vorletzte Werk), was aber mit einigen der stärksten Tracks vom aktuellen „In Requiem“ („The Enemy“, „Ash and Debris“, „Unreachable“, „Requiem“) und einem Kreuzzug durch die Alben nach „Gothic“ wieder gutgemacht werden konnte. Denn „Embers Fire“, „As I die“ und das abschließende, den einstigen Tour-Partnern Within Temptation gewidmete „Say just Words“ stellten sich an diesem Tag als mehr als ebenso bühnentauglich heraus.

Publikum Helloween

 

Um zu erkennen, dass anschließend der heimliche Headliner des Abends auf die Bretter steigt, musste man kein Prophet sein. Denn nicht nur die Zahl der HELLOWEEN-Shirtträger war auffällig hoch, sondern auch der Innenraum der Europahalle war beim Konzert der Veteranen mit Abstand am besten gefüllt. Herzlich willkommen zu einem waschechten Heimspiel! Allein die Anwesenheit von Sänger Andy Deris, einem echten Karlsruher Jung, versetzte die lokale Anhängerschaft in Verzückung und der braungebrannte Andy – ganz Entertainer – lies natürlich nicht das geringste anbrennen, während er souverän und stets freundlich durch das Programm führte. Auf selbigem Vermerkt: Was wohl? Hits am Fließband. “If I could Fly”, “Perfect Gentleman”, das eröffnende “Halloween” oder die jüngste Single “As long as I fall” – jeder Schuss ein Treffer. Karlsruhe ist Helloween-Town, daran besteht kein Zweifel. Zwischendurch war sogar Zeit für regelrechtes Kasperletheater geblieben, als sich die Bandmitglieder als ZZ-Top-Lookalikes aus einer Pappbude auf der Bühne in das (übrigens absolut überflüssige) Drumsolo von Dani Löble einmischten. Spaßig, aber auch unerwartet kindisch. Beifall gab’s natürlich trotzdem. Aber wenn ich jetzt noch mal einen Bang Your Head-Besucher rumflennen höre, dass Edguy unseriöse Spaßvögel sind, dann rappelts in der Kiste! Der erwartete Schmelztiegel des gesamten Abends folgte dann im Zugabenblock als die absoluten Überhits „Future World“ und „I want out“ geschmettert wurden, noch dazu als Kollektivvorstellung von Helloween und Gamma Ray in trauter Eintracht. Nach minutenlangem Beifall setzte dann die erste Abreisewelle ein, was zur Folge hatte, dass die letzte Band des Abends nur noch vor halbvollem Haus spielen durfte. Anschließend war es Zeit für den eigentlichen Headliner des Abends. WITHIN TEMPTATION sind im Rahmen einer kleinen (Ost-)Europa-Tour auch in Karlsruhe zum Halten gekommen, um ihren deutschen Fans einen Besuch abzustatten. Nicht dabei war Gitarrist Robert Westerholt, der sich durch einen unglücklichen Unfall den Daumen verstaucht hatte und dadurch momentan nicht in der Lage ist, Gitarre zu spielen. Nachdem die blonde Technik-Frau das wartende Publikum einmal mehr mit ihren Drum-Übungen zur Verzweiflung gebracht hat, starteten die Niederländer mit dem Hit „Jillian (I´d give my Heart)“ ins 90-minütige Set. Sichtlich gut aufgelegt zeigte sich vor allem Frontfrau Sharon den Adel, die nicht nur stimmlich, sondern auch mental voll auf der Höhe zu sein schien. Dass Gitarrist Ruud Jolie an diesem Abend die doppelte Arbeit hatte, schien ihm – abgesehen von vereinzelten Anflügen von Abwesenheit - nicht sonderlich viel auszumachen und so funktionierten Nummern wie „The Howling“, die Mitsing-Nummer „What Have You Done“ oder der Klassiker „Mother Earth“ auch ohne Robert hervorragend. Große Freunde der Abwechslung waren Within Temptation zwar nie, heute hatten sie aber eine Überraschung in Form von „The Promise“ im Gepäck, das Dank des anstehenden Orchester-Gigs zu Übungszwecken seinen Platz auf der Setlist fand. Ansonsten blieb alles beim Alten, doch das macht gar nichts, denn alleine die Anwesenheit der sich in Deutschland eher rar machenden Band ist eine helle Freude, und wenn sie dann auch noch mit einer solchen Spielfreude daher kommt, könnte man die Enttäuschungen der letzten Monate schon fast vergessen.

Paradise Lost Within Temptation

 

Was bleibt ist die Erkenntnis, dass dieses Jahr vortrefflich eröffnet wurde und das Programm durch abwechslungsreiche Ausrichtung und vorbildliche Spielzeiten ebenfalls positiv in Erinnerung bleiben wird. Bei einem ähnlich starken Line-Up im kommenden Jahr könnte sich das Knock-Out Festival schnell als schwermetallischer Startschuss etablieren. Wenn man es dann noch schafft die Lage an der Gastromoniefront etwas zu entschärfen (trotz zahlreichem Personal waren die Wartezeiten teilweise einfach zu lang), dann kann man mit Fug und Recht von einem echten Lichtblick im sonst so grauen und ungemütlichen Winter sprechen.

 

Markus Rutten & Simone Steinbüchel – www.sounds2move.de

 

Setlisten Knock Out Festival 2008


Within Temptation:

Jillian (I´d give my Heart)
The Howling
The Cross
What Have You Done
Hand of Sorrow
The Heart of Everything
Forgiven
Our Solemn Hour
Stand My Ground
The Promise
Angels
Mother Earth
The Truth Beneath The Rose
---
Deceiver of Fools
Ice Queen

 


Paradise Lost:

The Enemy
Ash and Debris
Erased
No Celebration
As I die
Enchantment
Requiem
Unreachable
One Second
Embers Fire
The Last Times
Say just Words

 


Helloween:

Helloween
March of Time
As long as I fall
A Tale that wasn’t right
(Drumsolo)
Eagle fly free
If i could Fly
Dr. Stein
Medley
---
Future World
I want out

 


Gamma Ray:

Welcome
Heaven can wait
New World Order
From the Ashes
Rebellion in Dreamland
Heavy Metal Universe
Ride the
Sky
Somewhere out in Space
Send me a Sign