Festivalbericht zum 15. Trebur Open Air 2007

Nachdem sich bereits ab Donnerstag die ersten Camper auf den Weg zum 15jährigen Jubiläum des Trebur Open Air gemacht hatten und Freitag und Samstag bei bestem Wetter ausgelassen zu Bands wie Fotos, Elfmorgen, 4Lyn, Emil Bulls oder Donots gefeiert hatten, findet auch sounds2move am letzten Tag des Festivals den Weg auf das Gelände in unmittelbarer Nähe des Freibades. Nach einem Streifzug über das kleine, aber feine, Areal zeigt sich, dass sich auch zur Geburtstagsfeier wenig verändert und das ist auch gut so. Warum Dinge, die sich seit Jahren bewährt haben, ändern? Die Essensauswahl ist wie jedes Jahr einfach famos: Fallafeln, Tacos, Crêpes, Hot Dogs, Flammkuchen, indische Spezialitäten, Nudeln, Würstchen und Steaks vom Grill zum kleinen Preis lassen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Auch die gute, alte Chillout-Lounge ist wieder da, wo sie sein soll, jedoch ohne die jahrelang eingesessenen, ranzigen Sofas, dafür kann man dort nun Shishas leihen und gemütlich über der ein oder anderen Wasserpfeife einen Plausch halten.

Den ganzen Morgen haben Roots Entertainment entspannt das Frühstück der Camper mit Roots-Reggae untermalt. Auf der KSK-Bühne, der kleinen Nebenbühne, wird es mit den CA$H KOWBOYS um die Mittagszeit um einiges lauter. Das junge Trio aus der Gegend um Groß-Gerau besticht vor allem durch Optik. Sänger Doms Cowboyhut unterstreicht den Country-Einschlag der "Lonesome Riders". Da wird die Mundharmonika ausgepackt, dann wieder wird der Rock bei den Eiern gepackt und hier und da driften die Kowboys in eine krude Ska-Reggae-Richtung ab. Als Zugabe und 'Song für die Mädels' wagen sie sich gar an Placebos "Every You Every Me". Ein Stil-Mischmasch, der deutlich macht, dass die Band noch nicht so recht weiß, wo sie hin will. Ohrwurmcharakter muss man ihnen aber zugestehen; der Refrain von "Mary Jane" ist definitv hängengeblieben.

Ca$h Kowboys Adamas Evil Cavies

Weiter geht es mit den Preisträgern des Bandförderpreises der Sparkassen-Kulturstiftung ADAMAS, die sich nicht scheuen zu ihrem einjährigen Geburtstag alle gängigen Emo-Klischees zu bedienen. Werbung für MySpace inklusive. Neue Buttons sind auch zu kaufen und die T-Shirts nicht zu vergessen. Über all dem Gerede rückt die Musik ein wenig in den Hintergrund. Der Emo-Punkrock der Band, die in Gefilden von Bands á la Taking Back Sunday wildert, kommt mit mehrstimmigem Gesang und recht pubertär daher. "Wer nicht tanzt, ist schwul" heißt es da zu Beginn. Später sieht Gitarrist und Sänger Cornelius Weiß wohl ein, dass so genannte 'Gay-Witze' doch nicht lustig sind. So ist es auch nicht weiter schlimm, dass ihr letzter Song, ein trauriges Liebeslied, vom Soundcheck der Evil Cavies auf der Hauptbühne übertönt wird. Vielleicht hilft es beim Erwachsenwerden.

Den Kindheitsschuhen längst entwachsen, sind die EVIL CAVIES. Die Ska-Punk-Combo aus Friedberg hat heute mit anderen Problemen zu kämpfen: Ausnahmsweise treten sie nur zu sechst auf. Ihrem Keyboarder ist die pralle Sonntagssonne nicht bekommen, so dass er mit Kreislaufkollaps ins Krankenhaus musste. Ex-Mad Munchie Manix und Average Miller-Sänger Jerome kann es egal sein, machen Matze, Philipp und Andi an Trompeten und Posaune doch genug Wumms, um die Leute zum Tanzen zu bringen. Nicht umsonst eilt den Evil Cavies weit über Hessen hinaus der Ruf eine super Liveband zu sein voraus.

Ben*Jammin Montreal .sPout.

BEN*JAMMIN beginnen elektronisch. Immer wieder wabern Synthies durch den stellenweise ultra tanzbaren Funkrock mit deutschen Texten. Bens (Sprech-)Gesang (erinnert doch stark an Künstler wie Roger Cicero) geht bei den Beats leider immer wieder unter. Das Publikum ist sichtlich irritiert von so viel überaus selbstbewusst vorgetragenen Stilen. Funk, Pop, Hip Hop und Electrorock – wo gibt es das schon auf einmal. Ganz klar: Bei Ben*Jammin aus Mainz. Beim letzten Lied "Spring" ist das Publikum dann auch endlich aufgetaut und kommt der Aufforderung eben selbiges zu tun, zu springen, nach.

Weniger Berührungsängste haben die Zuschauer bei MONTREAL. Und dass die Hamburger Punks nicht menschenscheu sind, beweist Bassist Hirsch in dem er sich einmal über den ganzen Platz tragen lässt, um Schnaps zu organisieren. Übrigens wurde nichts verschüttet. Ansonsten lässt man heute auch keine Festival-Eigenart aus: Da gibt es eine Wall of Death, es wird zum Stagediven animiert, ein Circle Pit ist erahnbar und das obligatorische "klatschen ohne zu schreien" gibt es obendrein. Wenn nicht für extrem lauten Deutschpunk und humorige Ansagen, dann wird das Publikum Montreal zumindest auf Ewig für ein wenig Regen aus dem Wasserschlauch dankbar sein. So schnell verwandelt sich ein heißer, staubiger Platz in Little Woodstock.

Auf der Nebenbühne geht es da derweil trockener, dafür aber noch härter, zu. Die Österreicher .SPOUT. kehren nach 2005 mit ihrem neuen Album "We’re Going Straight To Hell" im Gepäck zurück nach Trebur. Der wirklich kleine Platz vor der Bühne verwandelt sich binnen Sekunden in einen Moshpit. Stefan Unterweger schreit sich zu Hardcore-Riffs die Seele aus dem Leib. Die Stimmung ist nur von den nachfolgenden DISCOLICIOUS (ehemals Nemo), die hier ihren letzten Gig spielen, zu toppen. Als die zwei Frontmänner Kevin und Tobias "Jump Da Fuck Up" ins Megaphon brüllen, hüpft und tobt die Menge und wirklich ein jeder steht zusammengepfercht vor der Bühne. Die Band, die vor zwei Jahren eines ihrer ersten Konzert überhaupt auf dem Trebur Open Air gab, will ordentlich zu Grabe getragen werden. So entzündet sich ein Nu-Metal Feuerwerk, das seinesgleichen sucht.

Slut

Auch 2005 haben SLUT hier gespielt. Zum Jubiläum lassen es sich die Bajuwaren nicht nehmen erneut aufzuspielen. Es wird das letztes Slut-Konzert für lange Zeit bleiben, da es einen Tag später auf den Weg ins Studio geht, um sich an die Arbeiten für ein neues Album zu machen, von dem es heute abend schon erste Eindrücke zu gewinnen gibt. Das Set sei zwar auf einen Sonntag ausgerichtet, ruhig und langsam, außerdem wolle Slut nicht allzu viel reden. Sänger Chris Neuburger kommt dennoch nicht darum herum die ein oder andere Erklärung abzugeben. "We're Still Number One" macht wohl am Besten deutlich wo die Band steht und wohin sie will. Feinste Indie-Rock-Perlen. Mit Hingabe spielen sie ihr neustes Lied "Better Living" ('Ein trauriges Lied in C-Dur mit einem C-Dur-Thema'), um gleich darauf den noch viel traurigeren und gleichzeitig ältesten Song "Cloudy Day" hinterher zu schieben. Chris schreit seinen Schmerz im wahrsten Sinne des Wortes aus der Seele. So viel Wut und Schmerz würde man ihm gar nicht zutrauen. Wie Slut es nicht schaffen auf Gerede zu verzichten, vergessen sie auch schnell den Vorsatz nach Langsamkeit. Schließlich dürfen "Easy To Love" oder "Why Pourquoi (I Think I Like You)" nicht fehlen. Nach einer guten Stunde ist erst einmal Sense. Dem Publikum dürstet nach mehr. Slut lassen sich nicht lange bitten und kommen zu einer langen Zugabe wieder auf die Bühne. Vor die Zugabe hat der Teufel aber wieder die Erklärungsnot gesetzt: Chris muss erklären, wie und warum sie nicht alle Songs aus Brechts "Die Drei Groschenoper" spielen dürfen. Schlussendlich ist es aber auch ihm egal, ob es nun "Die Moritat von Mackie Messer" oder "des Mackie" heißt. Das Lied wird gespielt. Schlussaus. Soll es doch Klagen hageln. Den Meisten ist es ohnehin wurst, lässt sich zu "Mackie" doch wunderbar pogen. Bert würde sich im Grabe umdrehen, hätte er dies gesehen. Allmählich bekommt man das Gefühl, dass Slut gar nicht mehr von der Bühne wollen. Nach dem gerade mal drei-Tage-altem "If I Had A Heart" (mit dem selbem Rhythmus wie "Mackie") ist dann aber doch Schluss. Uns bleibt nur die Freude auf ein weiteres Mal Slut in Trebur.

Impressionen Bubble Beatz

Es ist dunkel geworden, die Mücken kommen aus ihren Löchern. Jeden dritten Festivalbesucher hört man nur noch Worte wie "Mistviecher" oder "Aua" schreien. Man schlägt um sich und auch sich selbst. Mückensticke als Festival-Erinnerung. Ob das so gedacht war? Als die Schweizer BUBBLE BEATZ die Bühne betreten, sind die lästigen kleinen Tiere jedoch schnell vergessen, waren sie im letzten Jahr als late-night-special mit ihrer Drum and Bass Percussionshow doch eine der Überraschungen überhaupt. In diesem Jahr dürfen Bubble Beatz das Festival als letzte Band beenden. Mülltonen, Regenfässer, Töpfe, Straßenschilder. – All das hat wenig auf einer Konzertbühne verloren. Bubble Beatz jedoch haben aus all diesem "Sperrmüll" die sogenannte Trashmachine gebaut, auf die nun schon seit Jahren mit großem Erfolg die beiden Drummer Christian Gschwend und Kay Rauber eindreschen. Untermalt von elektronischen Klängen aus der Konserve wird der Drumsound sehr tanzbar. Schließt man die Augen, man würde nicht glauben, dass all diese verschiedenen Geräusche natürlichem Urspungs sind. Eine schweißtreibende Show, die in einem Flex-Funken-Feuerwerk endet. Gelungener hätte der Abschluss der Treburer Geburtstagsparty nicht ausfallen können. Auf die nächsten 15 Jahre!

Text + Fotos: Katrin Reichwein - www.sounds2move.de