Festivalbericht zum Metal Female Voices Fest 2007

 

Endlich wieder Oktober, endlich wieder holprige belgische Autobahnen und vor allem: Endlich wieder Zeit für das Metal Female Voices Fest. Bereits im dritten Jahr in Folge gehört das Genrefestival nahe der Metropole Brüssel zum festen sounds2move-Fahrplan. Und auch 2007 sollten die Abgesandten, in diesem Jahr erstmals im Trio angetreten, nicht enttäuscht werden. Zumindest nicht beim Festival an sich, denn die große Absagenwelle gab es bereits im Vorfeld. Krankheitsfälle hier, eine eingeschobene US-Tour dort etc. pp. Unterm Strich mussten die Besucher sich im Laufe der Wochen und Monate u.a. von Theatre of Tragedy („zufällig“ direkt nach der Verpflichtung von Liv Kristine und ihrer Band Leaves’ Eyes schon Monate vor der Veranstaltung unpässlich geworden), After Forever, Autumn, The Gathering oder aber den polnischen Dark Metallern Darzamat verabschieden. Das schmerzt, lässt sich aber leider nicht ändern. Zudem konnte sich das Restprogramm auch ohne besagte Namen durchaus sehen lassen, doch lest selbst.

 

Freitag, 19.10.2007

 

 

Huch, ziemlich schattig hier in unserem Nachbarland. Am Nachmittag des ersten Festivaltages kletterte das Quecksilber gerade einmal auf ungemütliche 7° mit Tendenz in Richtung Gefrierpunkt bei einbrechender Dunkelheit. Auch der Zuschauerzuspruch des ersten Tages hielt sich überraschend in Grenzen, sodass sich unterm Strich maximal 700 Headbanger in der Halle tummelten. Mit leichten Aufwärmübungen war es dann gegen 17:30 Uhr allerdings nicht getan, denn DYLATH-LEEN fielen sogleich mit der Tür ins Haus. Von wegen gemütlicher Einstieg, denn das gemischte Quintett servierte lieber ein Gebräu aus Thrash, technischem Death Metal, Hardcore-Anleihen und düsteren Elementen, während Frontfrau Kathy – zeitweise unterstützt von Gitarrist Igor – die Stücke mit kehligen Grunts ausstattete. Das reicht zumindest für ein erstes Warmwerden und liefert eine gute Vorlage auf die nächsten beiden Acts, kann aber auf der anderen Seite keine großen Stiche machen und verpufft recht schnell. Ähnlich gewaltig, wenngleich technisch deutlich weniger anspruchsvoll führte daraufhin der kurzfristig nachverpflichtete Darzamat-Ersatz TOURETTES durch das Programm. Wirklich brechen konnten auch die Aussis das Eis nicht, selbst wenn immerhin vereinzelter Mattenflug zu verzeichnen war. Zumindest Sängerin Michele Madden zeigt sich mittlerweile optisch um einiges stilvoller, woran auch das Ablegen ihrer noch 2006 zur Schau getragenen Unterarmmatte Anteil hat. An der emotionalen und extrovertierten Show der groß gewachsenen Sängerin hat sich unterdessen nichts getan, sodass man für den gezeigten Einsatz einen Punkt vergeben muss, der allerdings durch noch immer etwas zu austauschbare musikalische Ergüsse wieder egalisiert wird.

 

Musikerstimmen - Liv Kristine / LEAVES' EYES:

Das Publikum und die Bühnenmaße beim Metal Female Voices Festival waren wie geschaffen für unsere DVD-Produktion. Sehr gefreut hat mich auch der warmherzige Empfang der Fans bei der Signing Session. Backstage hatten wir ebenfalls viel Spaß mit den anderen Bands, vor allem unseren Freunden von Battlelore und Elis. Es war für uns eine rundum gelungene Veranstaltung.

HOLY MOSES hingegen müssen kaum noch jemandem etwas beweisen. Zu lange schon sind Sabina Claasen und ihre Jungs im Geschäft, um sich auf irgendwelche Diskussionen einlassen zu müssen. Ebenso unbestritten ist allerdings auch, dass die Band schon länger keinen Klassiker vom Format eines „The New Machine of Liechtenstein“ mehr abliefern konnte. Was an diesem Abend jedoch egal war, denn die Thrasher waren nicht nur die dritte Band in Folge, deren Sängerin mit einem deftigen, maskulinen Organ agiert, sondern gleichzeitig auch die erste Formation, welche offensichtlich eigene Fans im Publikum hatte. Diese feierten ihre Helden, selbst wenn die Halle an diesem Abend nur einen überschaubaren Mob vor der Bühne beheimatete. Eigentlich schade, denn angesichts des bunten Thrash Reigens zum 25. Bandgeburtstag hätte man den Aachenern mehr Gäste wünschen können. Auch bei DORO blieb die Stimmung dann auf einem soliden Niveau. Genau genommen konnte die Düsseldorferin sogar einige Ausschläge nach oben in der Stimmungsskala verbuchen, etwa für das herrliche schon an 2. Stelle verpulverte „I rule the Ruin“. Dabei handelt es sich natürlich ebenso um einen Standart wie bei „You’re my Family“ oder „Für Immer“. Weniger alltäglich ist da schon „Fight“, das auf vielfachen Wunsch ebenfalls in die Setlist übernommen wurde. Das unvermeidliche „All we Are“ und ein Gastspiel von Doros Busenfreundin Sabina Claasen beschlossen den ersten Festivaltag ganz im Zeichen des Hardrock. Und in 11 Stunden sollte man die Frühaufsteher unter den Besuchern schon wieder an gleicher Stelle treffen.

 

Dylath-Leen Holy Moses Doro Distorted Interria

 

 

Sa. 20.10.2007

 

Die Belgier scheinen ein Volk von Frühaufstehern zu sein. Jedenfalls ist der Beginn der ersten Band am Samstag auf 10:15 Uhr terminiert. Zwar verschiebt sich der Start dann doch 20 Minuten nach hinten (der Grund dafür dürfte sein, dass sich auch Imperia kurzfristig in die lange Liste der Gecancellten einreihen), trotzdem ist es eigentlich noch viel zu früh für den normalen Durchschnittsbanger. Nicht so hier in Wieze. Als VALKYRE – übrigens die einzige belgische Band des Festivals – die Bühne betreten, ist die Halle nicht weniger gefüllt als am Freitag bei den Headlinern. Und die gute Resonanz, die die Jungs und Mädels erhalten, ist ganz bestimmt nicht nur auf ihren Lokalmatadorenstatus zurückzuführen. Der Mix aus Gothic- und Symphonic-Metal zeugt zwar gewiss nicht von Originalität, wird dafür aber mehr als solide vorgetragen. Vor allem einige Bands aus dem Nachbarland Holland lassen grüßen, und mit Geige und eingespielten Chören setzt man auch einige Reminiszenzen Richtung Norwegen. Abgerundet wird der Sound von Valkyre durch einen leichten Folk-Touch, der Parallelen zu den deutschen Lyriel aufzeigt. Der Gesang von Sängerin Mieke ist angenehm unaufdringlich und rundet ein gelungenes Gesamtbild ab. Eine der positiven Überraschungen des Festivals. Kein Wunder also, dass die Band nach dem Gig binnen weniger Minuten fast ihren kompletten Merchandise-Bestand verkauft hat.

 

Musikerstimmen - Tomi Mykkänen / BATTLELORE:

Für uns ist die ganze Veranstaltung exzellent gelaufen. Wir haben viele alte und neue Freunde getroffen, viel Bier getrunken und auch im Hotel schon unseren Spaß gehabt. Das ist eine tolle Veranstaltung und unser Konzert war... mindestens ok, haha. Die Fans waren toll zu uns und die Autogrammstunde hat uns ziemlich überrascht. Wir hätten nicht unbedingt erwartet, dass viele Leute kommen würden. Und Phil (Veranstalter, Red.) hat trotz Handycap und kaputtem Bein alles mit Stil gehandhabt, haha.  

 

Weniger gut ging es im Anschluss mit INTERRIA aus Frankreich weiter. Die Franzmänner stehen offenkundig auf modernere Klänge, was sich unter anderem an den Korn-artigen Gitarren (allerdings in der schwachbrüstigen Ausgabe) fest machen kann. Dabei nehmen die sechs Herrschaften ein Klischee über ihre Landsleute offensichtlich gern mit – nämlich die Tatsache, dass man derart stolz auf die eigene Sprache ist, dass man sich strikt weigert auch nur einen Brocken englisch zu sprechen (oder seine Website auch in der Weltsprache Nr. 1 anzubieten). Dies kostet an diesem Vormittag auch beim auswärtigen Publikum in Wieze Sympathiepunkte, ebenso wie das Abba-Gedächtnis-Outfit von Sängerin Jenni Signorino, die mit ihrem Oberleibchen problemlos als wandelnde Discokugel durchgehen würde. Wenn man dann noch musikalisch auf dünnem, oder besser gesagt belanglosem Eis wandelt, kann der Schuss schnell nach hinten los gehen. Und das tut es auch – vollkommen überflüssige Formation. Dann doch lieber die Israelis von DISTORTED. Selbige klingen deutlich düsterer als die Band, die vor ihnen auf den Brettern des Metal Female Voices Fest stand und können zudem mit deutlich mehr Ausstrahlung glänzen. Entsprechend zeigt auch die Stimmungskurve wieder weiter nach oben, da sich nicht nur unter den Musikern, sondern auch unter den Fans ganz offensichtlich einige Fans von Formationen wie Opeth, Orphaned Land, The Old Dead Tree und Co. befanden. Da sich auch Sängerin Miri Milman mit ihrem recht tiefen Organ stimmlich keine Blöße gab, kann man wohl mit Fug und Recht von einer positiven Überraschung sprechen. Somit kann man sich schon einmal auf das 2. Album der Band freuen, welches im nächsten Jahr über Candlelight erscheinen wird. Dem Auftritt von DRACONIAN wurde vielerseits mit großen Erwartungen entgegen geblickt, da die Schweden leider nur sehr sporadisch live spielen. Und etwas Unbeholfenheit im Stageacting macht sich auch prompt bemerkbar. Sängerin Lisa hat jedenfalls ihren ganz eigenen Stil in der körperlichen Darstellung des Draconian-Sounds (Miss Roboter 2007 oder so). Doch kann diese putzige Randerscheinung in keinem Falle den positiven Gesamteindruck des Auftritts schmälern. Der Doom-Death mit Gothic-Anleihen weiß vollauf zu überzeugen. Hatte Sängerin Lisa beim Opener („Heaven laid in Tears“) noch leichte gesangliche Probleme, steigert sie sich kontinuierlich. Insbesondere bei dem erstmals der Öffentlichkeit vorgestellten Stück vom im Januar erscheinenden neuen Album kann sie Akzente setzen. Den Kontrapart verkörpert Bandleader Anders Jacob mit seinen tiefen Growls und den klagenden gesprochenen Passagen. Der Rest der Band kreiert dazu den passenden Klangteppich – ein Gewand, das zum Träumen und Trauern einlädt und in dem man nur allzu gerne versinkt.

 

 

 

Draconian Battlelore Delain

 

BATTLELORE haben im Anschluss einige technische Probleme. Der Sound klingt zu Beginn des Auftritts wie in Watte gepackt, bessert sich aber zusehends. Mitten im Set fällt dann auch noch Marias Keyboard aus. Der guten Stimmung tut dies jedoch keinen Abbruch. Die finnischen Fantasy-War-Metaller werden vom belgischen Publikum nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Sängerin Kaisa zeigt sich stimmsicher und Front-Uruk Tomi hält mit seinem Schwert die ersten Reihen in Schach. Die Auswahl der Songs ist sehr auf das neue Album „Evernight“ fokussiert, weswegen einige Hits wie „The War of Wrath“, „Journey to Undying Lands“ oder „Storm of the Blades“ leider fehlen. Doch den sympathischen Finnen kann man einfach nichts übel nehmen, und so werden sie als erste Band des Tages vom Publikum zu einer Zugabe („Pallando“) „überredet“. Den Stimmungslevel können SERAPHIM im Anschluss nicht halten. Das kann daran liegen, dass die Band aus Taiwan, die in den letzten sechs Jahren immerhin schon vier Alben veröffentlicht hat, in Europa ein noch relativ unbeschriebenes Blatt ist. Technisch spielt sich der vorgetragene Metal mit Operngesang jedenfalls auf allerhöchstem Niveau ab. Ein wenig klingen die Asiaten wie Nightwish zu Oceanborn-Zeiten – nur ohne Keyboard und Bombast. Sängerin Pay Lee legt sich jedenfalls mächtig ins Zeug – vom Publikum gibt es anerkennenden Applaus.

 

Im Anschluss werden die Holländer DELAIN mehr als gut aufgenommen. Nachdem die blutjunge Band um Keyboarder Martijn Westerholt und Sängerin Charlotte Wessels im vergangenen Jahr beim Metal Female Voices Fest noch recht schüchtern und uneingespielt wirkte, konnte davon in diesem Jahr keine Rede mehr sein. Die Songs sitzen, der Kontakt zum Publikum ist selbstbewusst und beinahe ungebrochen, der Sound stimmt, zumindest meistens. In Belgien kennt man Delain mittlerweile und so konnte die Band mit Songs wie „Frozen“, „No Compliance“ oder dem abschließenden „Sever“ einen Glanzpunkt im Billing des Tages landen. Bravo und weiter so!

 

Nach den Aufsteigern folgt nun eine Formation nach dem Umbruch. Nachdem die Musiker von ELIS im letzten Jahr an gleicher Stelle ein Kondolenzbuch überreicht bekamen, waren sie nun zurück gekehrt, um den Fans abermals zu danken und zu zeigen, dass Elis zurück sind und in die Zukunft schauen wollen. Mit ihrer neuen Frontfrau Sandra Schleret im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und den starken neuen Songs vom Album „Griefshire“ legten die Liechtensteiner sogleich mit „Tales from Heaven or Hell“ los. Wieze empfing die Band dabei herzlich und mit offenen Armen. Ihre neue Sängerin scheinen die Musiker schon komplett integriert zu haben und auch gesanglich machte die gute Sandra bei Stücken wie „Phoenix form the Ashes“ oder dem Überhit „Der letzte Tag“ einen guten Eindruck. Bevor die Band die in Kürze erscheinende Single „Show me the Way“ zu besten gab, zollte die Sängerin noch einmal ihrer Vorgängerin und zugleich auch der Texterin des aktuellen Albums Sabine Dünser Tribut, der sie das Stück widmete, während sie sich sicher war, „dass Sabine heute Abend bei uns ist“. Solche Augenblicke jagen dem Zuschauer einen eiskalten Schauer über den Rücken und trieben nicht wenigen für einige Sekunden die Tränen in die Augen. Ohne Zweifel der emotionale Höhepunkt des Tages. Die nachgerückten FLOWING TEARS aus Deutschland hingegen wurden weniger euphorisch aufgenommen, was wohl vor allem daran lag, dass es um die Band in den letzten Jahren mehr als ruhig war. Umso überraschter waren viele, dass Flowing Tears im Programm der diesjährigen Veranstaltung auftauchten. Musikalisch bot das Quartett um Sängerin Helen Vogt nur Altbekanntes, trug dieses aber solide vor und konnte somit am Ende auch ohne neue Songs in Wieze überzeugen.
 

Musikerstimmen - Alexander Krull / LEAVES' EYES:

Das Metal Female Voices Fest ist einzigartig in der ganzen Welt. Von daher kommen die Bands und Fans aus allen Herren Ländern zu diesem Event und das internationale Flair kennt man sonst nur von den ganz großen Sommerfestivals. Dass wir dieses Jahr dort auch noch als Headliner unsere spezielle Show aufzeichnen konnten, war eine großartige Sache und hat uns natürlich sehr gefreut. Ein großer Dank geht an die Veranstalter, das tolle Publikum und alle Leute, die uns dort geholfen und unterstützt haben. Die Crew von unseren Lightech Leebee, die das Schiff gebaut und die Bühnenshow inszeniert hat, hat wirklich ganze Arbeit geleistet!

 

Einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt der Auftritt von SIRENIA. Ist die Songauswahl mit drei Songs von „An Elixir For Existence“, dem überragenden „Meridian“ und den besten Tracks vom neuen Album („Downfall“, „The Other Side“ und „My Mind's Eye“) durchaus gelungen, trüben doch einige Soundprobleme und andere Absonderlichkeiten den Gesamteindruck. Offenbar gibt es einige Sorgen mit der Gitarre von Björn Landa. Dies führt zu einer über fünfminütigen Verspätung, die zu Lasten des Sirenia-Gigs geht. Als Morten gerade den letzten Song ankündigen will, wird ihm gesagt, dass dies nicht mehr möglich sei. Allerdings fragt man sich, wie es seitens der Organisatoren zu solchen zeitlichen Engpässen kommen kann, wenn eigentlich zwei Bands weniger als geplant spielen (Imperia und Autumn). Aber auch abgesehen vom unvermittelten Ende machen Sirenia keinen guten Eindruck. Morten röhrt seine Growls teilweise wie ein Hirsch in der Brunftzeit, Monikas Gesang klingt ziemlich quäkig und wird teilweise aus der Konserve unterstützt. Außerdem wirkt ihr Stageacting – insbesondere während der Songs in denen sie nur wenig zu tun hat – etwas zu überengagiert. Trotz allem wird die Band vom Publikum ziemlich abgefeiert, was auch der sonst etwas unnahbare Mortend dankbar zur Kenntnis nimmt.

 

Der heimliche Headliner des Abends ist bereits zum vierten Mal Gast des Metal Female Voices Fest. Schon den ganzen Tag über war nicht zu übersehen, dass EPICA aus dem belgischen Nachbarland mit Abstand die meisten Fans mit nach Wieze gebracht haben. Das merkte man dann auch beim Gig der Holländer, die über die vollen 60 Minuten euphorisch abgefeiert wurden. Unterstützt von einer nett anzusehenden Pyroshow (eher selten für Epica) performte man hauptsächlich Songs des neuen Albums, darunter die Single „Never Enough“ sowie das verträumte „Chasing The Dragon“, das von Sängerin Simone Simons als ihr Favorit angekündigt wurde. Verständlich, denn der Song stellte sicher nicht nur für mich (Simone) das musikalische Highlight des ganzen Festivals dar. Doch auch bei den übrigen Songs zeigt sich die junge Frontfrau, die seit einiger Zeit in Aachen lebt, stimmlich absolut auf der Höhe und liefert mit ihren Jungs (darunter Langzeit-Ersatzdrummer Ariën van Weesenbeek) eine mehr als beeindruckende Show ab.

 

 

Musikerstimmen - Helen Vogt / FLOWING TEARS:

Nachdem das MFVF2 im Jahre 2004 schon eine sehr beeindruckende Erfahrung für uns war, sind wir natürlich mit einigen Erwartungen in Richtung Belgien aufgebrochen. Und wir wurden nicht enttäuscht, im Gegenteil! Es war ein Konzert mit einer fantastischen Stimmung, was wohl vor allem dem außergewöhnlichen Publikum zu verdanken war. Ich habe selten so viele Leute auf einem Haufen getroffen, die sich so sehr für die Musik und die Bands, die sie mögen, begeistern. So war nicht nur das Konzert, natürlich auch wegen der riesigen Bühne und der technischen Professionalität, sondern vor allem auch der Kontakt mit vielen Fans eine sehr große Freude für uns! Also noch mal ein großes Dankeschön an die Veranstalter und an das Publikum! Es war uns eine Ehre für euch zu rocken!

 

Nach dieser schon beeindruckenden Kür der „Epicanten“ (Gruß an den Kollegen Wops an dieser Stelle) war die Messlatte schon enorm hoch gelegt. Doch zunächst musste sich das Publikum noch gedulden und damit zwangsläufig auch wieder etwas abkühlen. Denn die Umbaupause dauerte notgedrungen länger als geplant, da unter anderem überengagierte Brandschützer extrem kurzfristig das komplette Pyrokonzept über den Haufen werfen und die Band somit Improvisieren bzw. neu Konzeptionieren musste. Zum „Vinland Saga“ Intro ist dann aber alles an seinem (neuen) Platz und stimmiges Licht und erwartungsvolle Projektionen kündigen LEAVES´ EYES an, die unter tosendem Applaus mit „Farewell Proud Men“ sofort das erste Ausrufezeichen setzen können. Nach zwei äußerst stressigen Vorbereitungstagen zeigten sich die Musiker dabei scheinbar unbeeindruckt von Schlafmangel und Stress in guter Form. Trotz der späten Stunde und der über langen Umbaupause ist die Halle zu diesem Zeit noch sehr gut gefüllt, was ein tolles Gesamtbild ergibt, welches sicher auch auf der in etwa 5 Monaten erscheinenden DVD wunderbar zu Geltung kommen wird. Erst zur Mitte des Sets sollte sich die Halle dann langsam, aber merklich leeren. Die Gründe bedürfen aber einer genaueren Analyse, denn an der Show, die mit Flammenwänden, Feuerwerk und sogar Schneefall bei „Leaves’ Eyes“ aufwarten kann, dürfte es nicht gelegen haben. Eher sind die Gründe zum einen bei Verschleißerscheinungen nach 12 Stunden Festival zu suchen, wobei auch das vom Veranstalter ins Boot geholte Busunternehmen sich nicht gerade mit Ruhm bekleckerte, da die Firma sich auch auf Drängen und Bitten der Verantwortlichen nicht dazu überreden lies nach Veranstaltungsende noch Busse einzusetzen. Dafür gab es zu Recht Schelte von vielen Fans, die auf ihren Transfer in Richtung Brüssel angewiesen waren. Somit konnten viele das gelungene Set (unter anderem mit „The Thorn“, „New Found Land“, „Into your Light“, „Ocean’s Way“ etc.) nicht in voller Länge genießen. Apropos Länge: Kleinere Fehler und technische Probleme sorgten hier und da für temporäre Funkstille, was zwar mancherorts für Verwunderung sorgte, bei einer solch ambitionierten und umfangreichen Show zu erwarten war. Zum finalen Zuschlag in Form von „Legend Land“ und „Elegy“ mobilisierten Fans und Musiker dann noch einmal letzte Reserven, bevor Alex „Der Mann, der durch’s Feuer geht“ Krull zu seinen Bandkollegen zurück auf die Bühne spurtete, um im Konfettiregen einen wohlverdienten, zufriedenen Abschied zu geben. Aber nur einen Abschied auf kurze Zeit, denn unmittelbar nach dem Auftritt machten sich Leaves’ Eyes auf den Weg vor die Bühne, wo man – wie versprochen – direkt zum Meet & Greet bereit stand, Autogramme gab und für allerlei Schnappschüsse zu haben war. Viel mehr Fannähe geht wohl kaum.

 

Sirenia Leaves' Eyes Epica Elis

 

 

Wo wir gerade bei Fans und Nähe sind: Nach dem dritten unterm Strich gelungenen Metal Female Voices Fest kann man jedem Genrefan nur einmal mehr Nahe legen auch eine längere Anfahrt in Kauf zu nehmen. Denn trotz einiger Widrigkeiten und Schwächen war Wieze bisher noch immer eine Reise wert. Das dürfte auch 2008 der Fall sein, wenn nach jetzigem Stand unter anderem Midnattsol, Visions of Atlantis, L’âme Immortelle, Atargatis und Edenbridge der Anhängerschaft einheizen werden. Die sounds2move-Delegation wird sich das Festival sicherlich auch 2008 nicht entgehen lassen, denn das MFVF ist vielleicht nicht perfekt, dafür aber die erste Adresse für jeden Anhänger des Female Fronted Metal.

 

Markus Rutten, Alexander Dontscheff & Simone Steinbüchel – www.sounds2move.de

 

 

Pro:
+
Draconian (Gänsehaut), Elis (Gänsehaut², schön die Jungs wieder auf der Bühne zu sehen), Battlelore und Epica (fett!) und Leaves’ Eyes, die trotz einiger Widrigkeiten eine absolut sehenswerte und imposante Show auf die Bretter gezaubert haben.

+
Distorted sind die positive Überraschung des Festivals.

+ "Unkaputtbar"-Alex trotzt auch in Nächten nah der Gefriergrenze im Auto schlafend der Kälte - SO sieht Einsatz aus! Rock N Roll! :-)

Contra:
- Die Auswahl an Speisen ist immer noch zu mau.

- Einige VIP / Pressepass-Besitzer, welche deutlich zu weit gehen und die einige Musiker etwa nicht einmal in Ruhe aufs Klo gehen lassen. Miserable Kinderschule.

- Sirenia ohne Feuer, dafür im Halbplayback – was für ein Trauerspiel.

- Flowing Tears verpasst.

- Die Bühne zu tief, dadurch kam das Wikingerschiff des Headliners nicht in vollem Umfang zur Geltung.

Pro:
+
Valkyre (Neuentdeckung des Festivals), Draconian (wussten musikalisch zu überzeugen), Elis (haben mich fast zum Heulen gebracht), Epica (einfach bombastisch), Leaves´ Eyes (ich habe ihnen so einen gigantischen Auftritt und die Headlinerrolle nicht zugetraut – ich wurde eines Besseren belehrt).

Contra:
- Die vielen Absagen.

- Die Organisation (Zeitnot trotz zweier fehlender Bands, unzureichende Kommunikation mit dem Publikum).

- Die Preise (dagegen ist Wacken ein Schnäppchenparadies).

- Teilweise auch das Publikum (zu wenig Action, bei Leaves´ Eyes verschwinden die meisten schon frühzeitig).

Pro:
+
Epica mit sehr beeindruckender Show + Pyros.

+ Souveräne Shows von Elis und Delain.

+ Die Leaves´ Eyes Show, trotz der zu langen Wartezeiten.

Contra:
-
Sirenia bringen wieder nur Mittelmaß und Monika zappelt weiterhin zu viel.

- Die VIP-Tickets, eine schwachsinnige Idee.

- Die Essensauswahl in der Halle ist zu klein.

- Leaves´ Eyes bekommen kurz vor der Show Teile der Pyro verboten bzw. alle Planungen ruiniert.