Die süddeutschen Gothic Rocker LACRIMAS PROFUNDERE dürfen mit Fug und Recht zum feinsten gezählt werden, was die deutsche Düsterrock-Szene hergibt. Exklusiv für sounds2move konnte Gitarrist, Bandkopf und Jägermeist-Liebhaber OLIVER NIKOLAS SCHMID für ein Studiotagebuch gewonnen werden. Während der Aufnahmen zum "Filthy Notes for frozen Hearts"-Nachfolger (VÖ Februar 2008) wird sich unser "Freund des Dosenbiers" regelmäßig bei euch und uns zu Wort melden. NICHT VERPASST!

Lacrimas Profundere - Studiotagebuch 2007

03.11.2007 

Die Sonne scheint, der Bandbus ist getankt und die neue The Cult CD ist im Gepäck. Die Amps und Gitarren liegen bereits seit Tagen im Kofferraum, noch schnell die leeren Bierflaschen, Mc Donalds Tüten und das Sandwich von vorletzter Woche aus dem Handschuhfach geräumt und ab zum Flughafen, um unseren guten alten Produzenten John Fryer aufzusammeln! Er landet überpünktlich aus Norwegen, ich natürlich, wie es sich für anständige Musiker gehört, nicht! Die Parkgebühren an Flughäfen werden immer noch krasser. 30  Minuten und 6 EUR ärmer? Hey Leute – was geht? OK, bezahlt ja eh das Label, aber davon hätte man sich besser Schokolade gekauft! Übrigens etwas, ohne das John so gar nicht leben kann. Wir fahren gemeinsam ins Hotel.

Zur selben Zeit bastelt unser Korl schon eifrig am Drumkit rum, auch sein neuer Endorsementpartner „Masterworks“ hält was er verspricht und seine neuen Becken kommen pünktlich auf die Minute am Studio an und klingen einfach nur Hammer! Handarbeit halt! Unser Dank geht hiermit noch mal an das Soundservice Team Berlin! Martin von Lungfull stimmt die Drums und kurze Zeit später dreht Patrick vom Lungfull Studio den passenden Sound rein! Die Bassdrum fetzt dir direkt in die Magengrube, dass einem der Geschmack des morgendlichen Frühstücks kurz wieder ins Bewusstein gerufen wird! Goil! Es gab… ach das tut jetzt ja nichts zur Sache, somit, zurück zu unserem 1. Tag im Studio. Es folgen die wichtigsten Tätigkeiten: Kühlschrank auffüllen, Küche auschecken, schnell noch ein fehlendes Antennenkabel für den Studiofernseher besorgen, beim Getränkemarkt Bier und Jägermeister kaufen und sich sein neues „Zuhause“ für die nächsten 3 Wochen so gemütlich wie nur irgend möglich zu gestalten. Klingt komisch, is aber so! Bis in die Abendstunden steht der Drumsound und alle sind zufrieden! Also geht’s zum gemütlichen Teil über, weshalb wir das ja alles machen: die neuen Songs anchecken, Tempos ändern, Tonarten überdenken und dabei ordentlich Bier in den Hals! Tja Leute, so entsteht: Hangover Music! John hat noch Hunger und wir probieren den Chinesen um die Ecke, der sich in den nächsten Wochen wohl noch zu unserem Stammlokal entwickeln wird! Ich fahre für die nächsten Tage nach Hause um die geplanten DVD Aufnahmen zu koordinieren sowie die Bandmails abzuchecken und immer erreichbar zu sein, falls es Fragen bezüglich unserer Tour mit Apocalyptica, der Listening Session und der Backline gibt!

3 Tage später halte ich es allerdings schon nicht mehr aus und muss wieder zurück ins Studio. Leider hab ich die Party am Vortag verpasst und auch sonst hat sich viel getan! Christian war kurz im Studio und hat ne neue Festplatte besorgt und die Drums sind bereits, bis auf 2 Songs, eingehämmert! Was soll ich sagen: es Rockt, ja Leute, es ROCKT, es ist hart, gothic und rockt! Die letzten 2 Songs werden von John und mir noch mal überarbeitet, andere Teile rein geschnitten, andere wieder entfernt, dort noch die Tonart korrigiert, das Tempo variiert und dann kann sich Korl auch auf den letzten beiden Tracks austoben. Tony, Peter und ich sitzen in der Küche und gehen zusammen mit der Demo-CD noch mal alle Parts gemeinsam durch! Ja, Peter ist der nächste und sitzt daher zu späterer Stunde auch schon ungeduldig in der Lounge beim Fernseher! Morgen fällt der Startschuss für die Bass Recordings und wir sind gut „in time“! Im Studioeingang geben sich derweil die ESP Gitarren, SIT-Saiten, Line6 Tops, Mesa Boogie, Diezel Amps, Marshalls und unsere leeren Bierkästen die Klinke in die Hand! Leute, hier ist Aufräumen angesagt!

Ob die Bierreserven erneut aufgefüllt, der Eingang bald unpassierbar sein wird und ob sich unser Studioaufenthalt negativ auf die CO2 Werte auswirken wird? Verpassen Sie auch nicht die nächste Folge, wenn es wieder heisst: „Rock´n´Sad“, oder: „Was ist hangover music!“

 

23.11.2007

Zack, Slash und Drunk N Roll

Nach langer Autofahrt komm ich endlich wieder am Studio an. Die Bauarbeiten an den Autobahnen hier in Deutschland werden täglich mehr und dadurch die Staus und Umleitungen nicht gerade weniger! Mann war ich schon gereizt als ich gegen 11.30 Uhr den Keller runter stapfe und John Fryer, unser Producer, schon in der Regie an den Takes sitzt! Peter hat für seine Bassspuren nur einen Tag benötigt, der ging zwar bis 3 Uhr morgens, aber der Kerl hat doch glatt so nebenbei 14 Song eingespielt! Der Verzerrer auf dem Bass klingt einfach nur ultracool und Peter hat einen fantastisch Job abgeliefert. Er ist somit schon wieder zu Hause als Tony für die nächsten 3 Tage die Riffs einhämmert! Fuck, Tony legt da einen ordentlichen Teppich auf die Songs! Fett. Denkt Euch Zack Wylde würde mit Ville Valo in der Sauna sitzen und ihre Eier würden zu der neuen Foo Fighters im Takt schaukeln. Alle Rhythmusgitarren sind bereits 4 Mal eingespielt und mit verschiedensten Sounds versehen! So muss harter GothRock klingen. Danke noch mal auch an ESP Guitars und Line6, die uns da super unterstützt haben!

Ok, dann kommen wir also zu den Cleanen Parts unserer Songs. Ich stöpsel die Gitarre ein und such den richtigen Sound! Scheisse denk ich mir, sind diesmal viele Clean Parts zu spielen! Ja, an so etwas denkt man nicht wenn man die Songs komponiert, aber spätestens bei den Aufnahmen wird’s hart. Gegen 18.30 Uhr bin ich mit einem Teil der Arbeit fertig und es wird Zeit Rob vom Bahnhof abzuholen! Anschließend geht’s zum Italiener, da wir nach all den Tagen China-Restaurant doch mal etwas Abwechslung verspüren! Wir arbeiten noch bis 23 Uhr weiter und verschieben die anderen Takes auf morgen. Rob und ich saufen die kompletten Bierreserven weg und feiern bis 3 Uhr morgens! Als wir dann unsanft gegen 10.30 von einem mit einem Hammer bewaffneten John, der an die verschlossene Studiotür hämmert, geweckt werden, bemerken wir, dass wir wohl etwas übertrieben haben. Die Küche und die Lounge sehen aus als wäre die komplette Love Parade mal kurz durchs Studio gezogen und Guns´n´Roses waren als Zuschauer vor Ort! Da hilft nur eine eiskalte Dusche und mal kurz die 30 Bierfalschen, Zigarettenkippen und Sandwichreste aus dem „Couch-Bett“ und vom Tisch gewischt! Schnell noch neue Klamotten unter den Bierbergen gesucht und weiter geht’s! John wartet schon ungeduldig in der Regie und ich stell mich auf die nächsten Songteile ein. Trotz dickem Schädel wird brav die Gitarre gestimmt und weiter geht’s. Bis 20.00 Uhr sind wir mit den Clean Parts durch, alles läuft super und ich bin auch bis 24.00 Uhr mit den Leadgitarren fertig! Noch ein paar Solos? Na klar doch, aber da muss doch gleich noch mal ein Becks her! Und noch eins und... ! Die coolsten spontan Aufnahmen entstehen eben einfach immer mit weniger Druck und mehr Promille! Als auch das letzte „Slash-Gitarren Solo“ aus den Boxen schreit muss doch gleich wieder gefeiert werden.

Der Abend läuft ähnlich ab wie der andere: Saufen, sich über den Mist ärgern der in Deutschland als Musik verkauft wird und gemeinsam mit Rob die Songs durchgehen der noch immer mit Textschreiben beschäftigt ist! Ich möchte mich nach der harten Nacht (die Couch auf der ich seit Tagen nächtige ist 1 Meter 20, das passt halt nicht auf meine 1,82) vergewissern ob auch alles aufgenommen ist und gehe mit John Song für Song durch. Nun kommt der schöne Teil der Arbeiten: checken was man da oder dort noch verbessern oder ausbauen kann und das erste Mal alle bereits aufgenommen Instrumente gemeinsam hören! Gegen Abend kommt Fuhrmann mit einem Kasten Bier bewaffnet und Steinmann, ebenfalls mit nem 6er-Pack, zu Besuch! Ich brauch wohl nicht zu erwähnen wie der Abend zu ende ging oder? Drunk´n´roll eben! Während am nächsten Tag Christopher gegen Mittag staunend über die Alkoholleichen klettert um mit Rob einige Gesangslines durchzugehen, such ich nach der schnellsten Zugverbindung zurück nach Hause! Hangover Music in Vollendung! Keine Ahnung wie wir nach diesem Studioaufenthalt die Apocalyptica Tour überstehen sollen! Mehr dazu im letzten Teil des Studioberichts! Da erfahrt ihr ob Alkoholvergiftungen wirklich behandelt werden müssen, ob wir bis zur Listening Session überhaupt alle Songs fertig bekommen haben und warum es Koks vom Himmel regnet!

 

21.12.2007

Heute ist Pressetermin! Ich war für die letzten 3 Tage zu Hause um Mails zu checken, Anrufe zu erledigen und den ganzen Kram wegen der anstehenden Apocalyptica Tour und der RockFalls Goth Tour zu klären! Heute ist Listening Session für die geladenen Magazine und auch für mich, da ich die letzten Tage von den Vocalrecordings nur sehr wenig mitbekommen habe! Nach ca. 30 Minuten Fahrt in unserem Bandbus geht’s los. Schnee wohin das Auge blickt! Mann konzentriert sich auf die Fahrbahn, überall spritzt einem der Dreck von den vorbeifahrenden Lastern an die Scheibe und plötzlich war es da, das Gefühl eine Koksline auf der verschneiten Autobahn! Mann alter, wach wieder auf und konzentrier dich! Nils, Martin, Wildgänse, was? Gerade brüllt Corey Taylor den neuen Apo Hit aus den Boxen und der Himmel lichtet sich! Endlich kommen die ersten Sonnenstrahlen raus, ich hab den Großteil der Strecke hinter mich gebracht. Keine Ahnung wie, aber die Autobahn liegt bald hinter mir. Dieses Erlebnis sollte aber noch den ganzen Tag in mir weilen!

Beim Öffnen der Studiotür krachen mir schon die Songs entgegen und Rob knallt! Ein besserer Nachfolger für Christopher hätte echt nie und nimmer gefunden werden können. Der Typ hat eine Stimme - leck mich, ist das geil! Gerade im Studio angekommen, klingelt schon das Handy. Wolfgang vom Label ist dran. Die Presse kommt schon eine Stunde früher! Puh, wir sind aber doch noch gar nicht mit den Songs durch und es steht noch kein Mix, ich hab noch gar nicht alles gehört und...! Tja da hilft nur eins. Ab zum Kühlschrank und das erste Bier klar machen! John ist wie immer die Ruhe selbst. Dreht da ein Knöpfchen, schaltet wo anders um und bis 15.00 Uhr sind die kompletten Vox auf Festplatte und ich auf dem Weg die Presseleute vom Bahnhof abzuholen! Sandwiches, Süßigkeiten, Bier... alles da. Um John noch die ein, oder andere Minute einzuräumen, verziehen wir uns in die Lounge des Studios um zu plaudern, zu essen und zu trinken. Langsam treffen auch Filmcrew und Überraschungsgast Alex von Eisbrecher im Studio ein. Gegen 18.00 Uhr ist es endlich soweit und der erste Song „A Pearl“ knallt aus den Boxen, es geht weiter über verschneite Autobahnen zu „The Shadow I once kissed“, dann die Gänsehautnummer – "Oceans" (ist nur der Arbeitstitel) -, weiter zu „Sacrificial Lamb“ und und und. Ein Klassiker jagt den nächsten und erst jetzt wird mir bewusst, welch fantastisches, abwechslungsreiches, melancholisches Album wir hier in 3 Wochen fabriziert haben. Headbangen, Gänsehaut und Rock. Was gibt’s noch zu sagen? Ja, Studio war wie immer hart, lustig und nervenaufreibend. Man ist immer froh es „hinter sich“ zu haben! Die Songs knallen. Koks ist wie immer Mangelware und, ach ja, die neue Platte wird den Titel „Songs for the last View“ tragen! Wir haben es geschafft in der kurzen Zeit 15 Songs einzuklopfen und die Creme de la creme wird’s aufs Album schaffen, inkl. so einigen Überraschungen. Seid also gespannt – ach ja: Alkoholvergiftungen muss man nicht behandeln. Einfach aufs Sofa legen und 2 Tage durchschlafen.

Oliver Nikolas – LACRIMAS PROFUNDERE