Vorwort

 

Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass das dritte Album über den weiteren Weg entscheidet, über das Sein oder Nichtsein einer Band. Und sollte dieses oft zitierte Gesetz nur einen Funken Wahrheit beinhalten, dann wird man von den Schweizern Majesty of Silence wohl noch einiges hören. Ist ihr drittes und mit „Lichtstille“ betiteltes Album doch ein wahres musikalisches Schmuckstück geworden und beinhaltet mit Songs wie „To Eternity“, „Embrace this Way“, „Father Storm“ oder auch „Hasses Schönheit“ so manche Songperle. Doch wer steckt hinter Majesty of Silence, wer sind die kreativen Köpfe, die sich so ein Album wie „Lichtstille“ ausdenken und wo liegen die Anfänge dieser Band? Diese und noch mehr Fragen sollen nachfolgend beantwortet werden und so folgt mir nun in eine Welt voller poetischer Dunkelheit um dort Majesty of Silence zu begegnen.

 

 

Der Reiz des Widersprüchlichen

 

Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk, bin ja schließlich auch ein Schweizer, betrat ich zur abgemachten Zeit den Bandraum von Majesty of Silence. Sofort wurde ich von den anwesenden Gründungsmitgliedern Peter Johann Mahler (Gitarre und Gesang), Christian Michael Geissmann (Gitarre, Bass und Gesang) und Peter Papadimitriya (Schlagzeug), nachfolgend als Peter P aufgeführt, aufs Freundlichste begrüßt. Nach dem obligatorischen Small Talk war es dann Zeit für den offiziellen Teil meines Besuches, wobei ich als erstes die Frage nach dem Bandnamen und wie man auf selbigen gekommen ist in die Gesprächsrunde warf:

 

PETER: Die Kriterien waren, dass der Name nicht dumm wirkt. Ganz am Anfang wollten wir uns Skarabäus nennen, aber wir dachten uns dann, dass der Name doch ein wenig weit hergeholt ist. Auch hatte eine andere Band diesen Namen schon benutzt und wir haben den Namen dann auch als langweilig empfunden...

PETER P: Da klingt Majesty of Silence natürlich viel besser.... *Lacht*

PETER: Wir haben einfach einen Namen gesucht, der zu unserem Sound passt. Wobei wir auf alle Fälle eine zeitlang nach diesem Namen gesucht haben.

PETER P: Oh ja, wir haben ziemlich lange nach diesem Namen gesucht.

 

Es bleibt jedoch im Schatten der Vergangenheit, wer nun genau auf den Namen Majesty of Silence gekommen ist. Nur der Grund, weshalb man sich für diesen Namen entschieden hat, kann noch in erklärende Worte gefasst werden:

 

PETER: Es war der Widerspruch an sich, der uns angesprochen hat. Denn wie kann man eine Majestät der Stille (so die deutsche Übersetzung des Bandnamen; Anm. d. Redakteurs) sein? Wie auch z.B. bei „Darkness has no End“ (Titel des ersten Album; Anm. d. Redakteurs), also „Dunkelheit hat kein Ende“, haben wir immer ein wenig Widersprüche bei uns, was sich auch in unserer Musik und den Texten widerspiegelt.

 

Jedoch stand vor der Namensfindung natürlich erstmals der Akt der Bandfindung und hierzu ist zu berichten, dass sich die damals noch namenlosen Majesty of Silence aus zwei verschiedenen Bands rekrutierten. Doch wieso geschah das? War man nicht genügend ausgelastet oder wo genau muss man den Grund für den Zusammenschluss zu einer Band mit einem „widersprüchlichen“ Namen suchen?

 

CHRISTIAN: Beide Bands waren einfach nicht komplett. Die beiden (er meint damit die beiden Peters; Anm. d. Redakteurs) haben zusammen Musik gemacht...

PETER P: Genau. Wobei wir eigentlich immer zu zweit waren und nie eine dritte Person gefunden haben, die wirklich zu uns gepasst hat.

CHRISTIAN: Und ich habe mit meinem Kollegen zusammen Musik gemacht, wobei wir ursprünglich vier Personen waren. Aber der harte Kern hat aus mir und meinem Kollegen bestanden...

PETER: Der Sänger von Felony! (Andreas Wildi; Anm. d. Redakteurs)

 

Nachdem dieses Mysterium um den Kollegen von Christian von einem lachenden Peter ans grelle Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurde, wollte ich natürlich wissen, wieso es zu keiner dauerhaften Zusammenarbeit mit dem heutigen Felony Sänger kam. Dabei erfuhr ich, dass der Grund in der Problematik lag, dass man sich einfach nicht auf eine gemeinsame Marschrichtung einigen konnte. Und somit ist Andreas Wildi nur eine Fußnote in der Geschichte von Majesty of Silence, genau wie die verschiedenen Musiker, die in den vergangenen Jahren den Posten des Keyboarders belegt haben:

PETER: Wir haben schon immer Leute gesucht, wir hatten schon zwei oder drei Keyboarder und mit der Zeit haben wir einfach gemerkt, dass die Integration einer vierten Person sehr schwer ist. Entweder haben sie nicht zu uns gepasst oder sie konnten nichts mit unserer Musik anfangen. Ein Kandidat hat z.B. super Keyboard gespielt. Aber das was er gespielt hat, hatte er in seinem Kopf und wir konnten ihn nicht beeinflussen, ihm nicht sagen, er soll mal was anderes versuchen oder hier und da was verändern. Und da haben wir uns gesagt, dass Musik machen so keinen Spaß macht, denn man arbeitet als Band zusammen und er war so, dass er auf seiner Sache bestand. Bei uns klappt es aber so sehr gut, dass jeder seinen Einfluss in die Musik mit einbringt und wir können immer über alles diskutieren.

 

So verging Jahr um Jahr, Tag um Tag und Stunde um Stunde, in denen Majesty of Silence auf der Suche nach dem passenden vierten Mann waren. Bis dieser 2005 in Simon Huber gefunden wurde, wobei er kein Unbekannter für die Band war:

 

CHRISTIAN: Er war schon früher ab und zu auf Besuch im Bandraum und war mit ihm auch zusammen in der Schule, sodass ich ihn schon gut kannte, als er bei uns einstieg.

PETER: Simon ist super am Keyboard, sogar besser als ich. *Lacht*

 

Eine Frage der Definition

 

Man kann natürlich kein halbwegs informatives Gespräch führen, ohne eine Band auf die musikalischen Vorbilder, die so genannte Blaupause für den gespielten Sound, anzusprechen:

 

PETER P: Die erste Band, die uns persönlich auf die härtere Schiene gebracht hat, war ganz klar Dimmu Borgir. Und ich glaube auch, dass man es irgendwo bei uns ein wenig raushört.

PETER: Was wir alle gemeinsam haben, ist die Vorliebe für symphonischen Black- und Dark Metal. Danach weiten sich unsere persönlichen Geschmäcker aus, so höre ich z.B. gerne nur Black Metal bzw. rohen Black Metal, während Christian auch noch Industrial mag und Peter gerne Power Metal hört.

 

So könnte man an dieser Stelle festhalten, dass sich Majesty of Silence auf einen gemeinsamen musikalischen Nenner, nämlich Keyboardunterstützenden Black- bzw. Dark Metal, geeinigt haben. Oder etwa doch nicht?

 

CHRISTIAN: Ich weiß gar nicht, ob wir uns je auf irgendwas geeinigt haben? Es hat sich einfach automatisch so ergeben.

PETER P: Wir haben nie gesagt, dass wir es so machen möchten, sondern es hat sich einfach in diese Richtung entwickelt. Als wir noch zu zweit waren, haben wir z.B. damit angefangen, Nirvana und die Beatles zu covern.

PETER: Das hätte ich aber nicht gerne, wenn Nirvana und die Beatles nun groß im Interview erwähnt würden. Wir waren dort zwölf oder dreizehn Jahre alt, da wir hier schließlich über vierzehn Jahre Zeitgeschichte sprechen. Das war für uns damals noch harter Sound!

 

Von den „Jugendsünden“ weg, hin zu der Definition des eigenen musikalischen Schaffens. Es kam zwangsläufig die Frage auf, ob die Musik von Majesty of Silence nun Black- oder Dark Metal ist. Und wenn es, wie man es auf der Bandhomepage nachlesen kann, doch Dark Metal ist, worin besteht dann der Unterschied zum Black Metal?

 

CHRISTIAN: Ich würde sagen, dass Black Metal ein wenig Negatives an sich hat. Egal ob es nun um Satanismus oder sonst was geht, immer hat es was mit dem Glauben zu tun, du bekommst gesagt, was du glauben sollst und was nicht. Wir wollen nie jemandem sagen, was er zu glauben hat und was nicht. Unsere Musik klingt zwar nach Black Metal, aber die Texte haben nichts damit zu tun.

PETER: Wir wollen einfach nicht diesen Black Metal Stempel aufgedrückt bekommen. Denn wenn man den Begriff „Black Metal“ hört, kommen einem zwangsläufig Sachen wie umgekehrte Kreuze, Satanismus usw. in den Sinn. Mir persönlich ist das zwar egal, da so was zum Black Metal dazugehört, aber wir wollen einfach nicht in diese Ecke gedrängt werden und niemandem unseren Glauben oder unsere Ansichten aufdrängen. Und darum wollen wir uns nicht mit Black Metal schmücken.

 

An dieser Stelle kam Peter dann auf die glorreiche Idee, kurzerhand das Interview umzukehren und mir die Frage zu stellen, wie ich den Sound von Majesty of Silence umschreiben würde, wenn ich den Begriff Black Metal nicht verwenden dürfte:

 

Majesty of Silence
Christian Geissmann  (Gitarre, Bass, Gesang) Peter Papadimitriya (Schlagzeug) Peter Mahler (Gitarre, Gesang) Simon Huber Keyboards)

 

NANDO: Äh, das ist gar nicht so leicht. *Lacht*

PETER: Der Begriff Dark Metal ist doch nahe liegend oder nicht?

NANDO: Ja.....aber...hhhmmm...es ist wirklich schwer, das zu beantworten. Ihr seid nicht leicht in eine Schublade zu stecken.

PETER: Dankesehr. *Lacht*

NANDO: Nehmen wir z.B. euren Song „Father Storm“ vom „Lichtstille“ Album. Der  Song ist nicht nur episch, sondern hat aus meiner Sicht auch eine Art positive Grundstimmung und ist nicht wirklich düster, wie ich finde.

PETER P: Es hat natürlich schon stilistische Wechsel auf dem Album, was einem die genaue Umschreibung schon ein wenig schwer macht.

NANDO: Eben, das meine ich auch. Ich weiß aber dennoch nicht, ob ich euren Sound Dark Metal nennen würde. Aber ich würde sicherlich Schwierigkeiten haben, wenn ich euren Sound ohne die Verwendung des Begriffs „Black Metal“ umschreiben müsste.

 

Bevor ich mich endgültig um Kopf und Kragen rede, erachtete ich es als klüger, wieder die Kontrolle über das Interview zu erlangen. Und so wollte ich von meinem Gegenüber wissen, wie ihre persönliche Definition von Black Metal lautet:

 

PETER: Ich persönlich betrachte Black Metal in vieler Hinsicht als Show und Vermarktung. Es gibt so viele Bands, die mit umgekehrten Kreuzen kokettieren, nur um damit ihr Zielpublikum anzusprechen. Von daher kann ich keine Black Metal Band ganz ernst nehmen, da für mich alles einfach nur Klischee ist. Aber ich höre die Musik sehr gerne, ich liebe Black Metal, aber es ist für mich keine Lebenseinstellung.

PETER P: Wir distanzieren uns ja auch davon, da wir keine solche Texte schreiben, weil wir Black Metal eben nicht als Lebenseinstellung betrachten.

 

 

Der kreative Arbeitsprozess

 

„Wer hat in kreativer Hinsicht in der Band die Hosen an?“ Diese Frage war die nächste, die ich von der gut aufgelegten Gesprächsrunde beantwortet haben wollte:

 

PETER P: Der Ursprung liegt eigentlich immer bei ihm (Peter P. meint damit seinen Namensvetter Peter; Anm. d. Redakteurs)

PETER: Von meiner Seite kommt eine Idee in den Raum. Aber die Ausarbeitung dieser Idee machen wir immer alle zusammen. Wir können an einem Teil, der vielleicht 30 Sekunden geht, drei ganze Nachmittage herumbasteln. Einer von uns kommt mit der Idee für einen Gitarrenriff an, spielt ihn einfach mal vor und es werden Vorschläge eingebracht und ausdiskutiert.

PETER P: Ich sage auch oft, dass mir der Beat nicht gefällt und dass ich gerne was anders machen würde. Aber es liegt dann an mir, da jeder von uns selbst für sein Instrument verantwortlich ist.

 

„Doch wann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem man sagt, dass der Song nun so bleiben kann?“ War meine nächste Frage, die auch prompt mit einer Antwort gewürdigt wurde:

 

PETER: Wir alle zusammen spüren das...

PETER P: Wir merken es einfach.

PETER: Die Situation kommt hundertmal vor, so wie wir es jetzt gespielt haben, so muss der Song bleiben.

 

So bestimmend dieses „Gefühl“ für die perfekten Majesty of Silence auch sein mag, auf eines hat es keinen Einfluss. Nämlich auf die Frage, ob man einen Song nun in Deutsch oder Englisch halten soll?

 

PETER: Wir können uns einfach nicht entscheiden. *Lacht*

CHRISTIAN: Ganz am Anfang hatten wir mal einen Song auf Schweizerdeutsch (Mi Schatetanz vom „but there’s a light“ Album; Anm. d. Redakteurs). Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir diskutiert haben, wieso eine finnische Band in ihrer Landessprache singen darf und wieso wir nicht in unserer. Also haben wir einen Song auf Schweizerdeutsch gemacht und das hat uns gepasst. Denn wieso kann man nicht in einer Sprache singen, die einem näher liegt als Englisch? Man kann ja auch einen deutschen Text dazu bringen, gut zu klingen. Und Schweizerdeutsch war zwar gut, aber das Hochdeutsch hat sich dann einfach durchgesetzt, da es ja auch besser zu verstehen ist.

 

Dabei herrscht im Majesty of Silence Lager auch nicht die Angst, dass ein Album durch solch eine Vermischung der Sprachen uneinheitlich wirken könnte. Obwohl Peter in seiner zusätzlichen Anmerkung für dieses System der zwei Sprachen durchaus auch kritische Töne anschlägt:

 


Majesty of Silcene bei der sounds2move-Visite im Proberaum

PETER: Es ist schon ein wenig unprofessionell von uns...

CHRISTIAN: Das finde ich nicht, da andere Bands das ja auch machen.

PETER: Aber das ist es halt, wo man sagen kann, wir lassen uns in keine Schublade stecken. So haben wir bei einem Song Lust auf die deutsche und bei einem anderen Song auf die englische Sprache.

 

Jedoch, und das verwundert bei einer Band wie Majesty of Silence nicht, liegt der Grund für diese Unstetigkeit der Sprache viel tiefer begraben. Fällt einem doch bei genauem Hinhören auf, dass die deutschen Texte oft viel philosophischer ausfallen als die Englischen. Somit stellt sich die Frage, ob man sich der deutschen Sprache bedient, weil man sich in ihr Emotional besser ausdrücken kann?

 

PETER P: Zum Teil ist das so, es sind viele Texte in Deutsch gehalten, weil sie in Deutsch auch so rüberkommen, dass man sie versteht.

PETER: In Deutsch können wir uns besser ausdrücken als in Englisch.

PETER P: Ich schreibe zwar relativ wenige Texte, aber ich würde sagen, dass wir uns in einer Art Wandel befinden. Wenn man das erste oder auch das zweite mit unserem aktuellen Album vergleicht, fällt auf, dass es immer mehr deutsche und weniger englische Songs werden.

 

Trotz dieser Feststellung eines kreativen „Wandels“ muss aber nicht befürchtet werden, dass es irgendwann keine englischsprachigen Songs mehr bei Majesty of Silence geben wird:

 

CHRISTIAN: Es wird sich immer irgendwie die Waage halten. Die englische Sprache bekommst du nie ganz weg, denn es gibt gewisse Sachen, die man lieber auf Englisch singt.

PETER P: z.B. Darkness klingt in Englisch viel besser, als wenn man auf Deutsch Dunkelheit sagt.

 

Und auch das Thema „Song auf Schweizerdeutsch“ ist eventuell für die Zukunft noch nicht ganz abgeschlossen, da Peter laut eigener Aussage noch zwei Texte in der ureigenen Landessprache in Petto hat.

 

 

Ein zeitaufwendiges Hobby?

 

Wer nun aufgrund des bisher Gesagten den Eindruck gewonnen hat, dass es sich bei Majesty of Silence um eine etwas unorganisierte Band handelt, der könnte mit dieser Vermutung gar nicht mal so falsch liegen:

 

CHRISTIAN:  Also gewisse Sachen sind von der Planung her besser geworden.

PETER P: *Lacht*

CHRISTIAN: Oder wir haben einfach gemerkt, dass es besser kommt, wenn wir mehr planen. Man lernt natürlich auch dazu und wir sind auch nicht eine Band, die ein Album nach Plan macht. Aber wir müssen schon schauen, dass wir in gewissen Sachen vorher einen Plan machen. *Lacht*

 

Komplett planlos ist man also dementsprechend nicht, auch wenn immer noch eine gewisse sympathische Unorganisiertheit vorherrscht. Doch ist Majesty of Silence nun nur ein zeitaufwendiges Hobby oder eine Band mit der Ambition, auch mal über die Landesgrenzen hinweg bekannt zu werden?

 

PETER: Also unser Ziel ist es schon, dass man uns kennt. Ob es ein Hobby ist?

PETER P: Es ist kein Hobby.

PETER: Wir sind fast zuviel in unserem Bandraum, als dass man es noch als Hobby bezeichnen kann.

CHRISTIAN: Das Glückliche daran ist, dass es noch ein Hobby ist, denn wenn es kein Hobby wäre, wäre es eine Pflicht und das ist es nicht. Trotzdem investieren wir so viel Zeit, dass man es nicht als reines Hobby bezeichnen kann.

PETER: Genau. Gut gesagt.

CHRISTIAN: Wir wären natürlich schon gerne ein wenig populärer, aber wir verkaufen nicht unsere Seele dafür, um berühmt zu werden. Es muss uns passen, wir müssen unseren Spaß daran haben und wir gehen nur soweit, so lange bei uns gesichert ist, dass wir noch Spaß an unserer Musik haben.

PETER P: Wir machen Musik, die uns gefällt. Wie oft haben wir schon Kritiken zu hören bekommen, dass unser klarer Gesang furchtbar wäre. Aber das ist uns egal. Wir versuchen ihn zwar zu verbessern, aber wir lassen ihn nicht gänzlich weg. Und man hört es am neuen Album auch, dass wir uns solche Kritiken zu Herzen nehmen, auch wenn gewisse Leute immer noch nicht zufrieden sind.

 

Es ist alles eine Frage des persönlichen Geschmackes, wobei ich, der Schreiberling dieser Zeilen, mich anfangs auch an den klaren Gesang gewöhnen musste. Unterdessen möchte ich ihn nicht mehr missen, was wiederum für eine vorhandene Qualität spricht. Doch dies sei nur am Rande erwähnt, da abermals die Bandvergangenheit zum Thema des Gespräches wurde, genauer gesagt die Frage, ob man heute abgebrühter bzw. weniger nervös ein Album veröffentlicht, als es früher der Fall war?:

 

PETER: Ja das ist so.

CHRISTIAN: Wobei eine gewisse Nervosität immer vorhanden ist.

PETER P: Es ist aber nicht dieselbe wie beim ersten Album.

PETER: Das ist so wie bei unserem ersten Konzert. Wir hatten da das Gefühl, dass sich nach diesem Abend unser Leben um 180 Grad drehen würde und in Wirklichkeit ist gar nichts passiert *Lacht*. Und das ist beim ersten Album auch so, man denkt, man hätte DAS Album erschaffen, obwohl es total veraltet ist und wir aus heutiger Sicht alles anders machen würden.  Beim zweiten Album haben wir uns dann gesagt, es wird irgendwann auf den Markt kommen und auch ein gutes Album sein. Während wir beim dritten Album definitiv gewusst haben, dass die Hörer entscheiden werden, wie das Album ankommt.

CHRISTIAN: Beim ersten Album haben wir einfach Sachen erwartet, die total Überrissen waren, die ganz klar nie passieren würden. Man hat zwar noch einen Traum, aber keine Erwartungen mehr. Auf der professionellen Ebene ist man vielleicht auch ein wenig desillusioniert, vor allem wenn man sieht, was bei anderen so abgeht. Aber wir haben es trotzdem lustig *Lacht*.

 

Eine Frage der Länge

 

Majesty of Silence sind definitiv nicht gerade die produktivste Band der Szene, wird man laut eigener Aussage auch nie im Jahrestakt ein Album von ihnen erwarten können. Doch woran liegt es, dass sich die Arbeiten an einem Album immer so in die Länge ziehen, oder handelt es sich dabei gar um puren Perfektionismus?

 

PETER: Also wenn wir Perfektionisten wären, dann hätten wir wohl auch den perfekten Sound auf dem Album und das haben wir nicht.

CHRISTIAN: Mit all den Ideen, die wir haben, könnten wir schon jedes Jahr ein Album raus bringen, auch wenn wir immer wieder gewisse Lieder über Bord schmeißen. Aber was viele unterschätzen ist die Zeit, die es braucht, bis das Ganze aufgenommen ist, vor allem wenn man von A bis Z alles selbst macht. Das dauert länger als die eigentlichen Songs auszuarbeiten, wenn man es so gut machen möchte, wie es auf dem letzten Album der Fall war. Denn wenn man dem allgemeinen Echo glauben darf, haben wir damit eine Qualität erreicht, mit der wir uns geradeso mit der Konkurrenz messen können.

 

Und um gerade beim Thema „Länge“ zu bleiben, wollte ich als nächstes erfahren, wieso alle drei Alben eine Länge von über 60 Minuten aufweisen? Und das, obwohl ein normales Album grundsätzlich mit einer Spielzeit von ca. 45 bis 50 Minuten zu Buche schlägt:

 

CHRISTIAN: Halt! Was heißt hier normal? Früher waren Alben mit 45 Minuten noch Singles. Es ist immer die Frage, was erachtest du als normal? Als ich angefangen habe CDs zu kaufen, ging ein Album mindestes 60 Minuten und das war damals normal. Heute machen sie aus dem ganzen Material zwei CDs, packen vielleicht noch ein oder zwei neue Songs drauf.

PETER P: Bei uns steckt einfach kein Marketing dahinter, das aufs Geld machen abzielt...

PETER: He, ich habe gerade eine super Idee! Das nächste Album machen wir nur 30 Minuten lang *Lacht*.

PETER P: Wenn wir uns selbst ein Album kaufen, dann haben wir es auch gerne, wenn es nicht nur 30 Minuten geht. Und wir versuchen halt auch immer, ein perfektes Album hinzubekommen, das auch eine dementsprechende Lauflänge besitzt.

CHRISTIAN: Auf eine gewisse Weise können wir uns auch nicht kurz fassen.

PETER P: Genau, vor allem unsere Einleitungen werden immer wieder kritisiert, dass sie viel zu lang wären.

PETER:  Vor allem beim „but there’s a light“ Album ist das viel kritisiert worden. Aber beim Neuen hat sich das gebessert, jetzt kommen die Songs viel schneller in die Gänge.


 

Lichtstille

 

Genau schon wie beim Bandnamen oder dem „Darkness has no End“ Albumtitel, suchten Majesty of Silence bei der Titelwahl des neuen Albums den Gegensatz. Wobei nicht absichtlich ein deutscher Titel ausgewählt wurde:

 

CHRISTIAN: Es war einer der besten Titel, der uns in den Sinn kam. Aber wenn wir auf einen englischen Titel gekommen wären, der ähnlich gut geklungen hätte, dann hätten wir wohl den genommen. Wir haben also nicht explizit einen deutschen Titel ausgewählt, sondern es ist einfach ein deutscher Titel geworden.

PETER: Einfach ein Titel, der kurz und bündig ist.

PETER P: Mir war es auch wichtig, dass es nicht wieder so ein langer Titel werden würde.

 

Neben „Lichtstille“, standen aber auch noch andere Titelvorschläge zur Diskussion. So hatte Christian die Idee das Album „Ammenmärchen“ zu taufen, was aber den restlichen Mitgliedern nicht sonderlich gefiel. Und so einigte man sich also auf „Lichtstille“, wobei die Arbeit am Album selbst ganze drei Jahre in Anspruch nahm:

 

PETER: Man kann sagen, wir brauchten 1 ½ Jahre um die Lieder zu machen und 1 ½ Jahre um die Songs so zu formen, wie sie schlussendlich nun klingen. Denn es kommen halt immer wieder Ideen dazu, die wir dann kurz aufnehmen und auf dem PC abspeichern. Und dann arbeitet jeder diese Ideen im Kopf aus.

CHRISTIAN: Das ist auch das Problem. Meistens entwickeln sich die Songs erst bei den eigentlichen Aufnahmen, da jeder von uns immer wieder zusätzliche Ideen hat. Auch vom Sound her wollten wir das Album auf ein hohes Niveau bringen und dass wir stundenlang am Mischen usw. waren, war das Schwerste an allem.

PETER P: Wenn du einfach in ein Studio gehst, da kannst du dich hinhocken, deine Sachen einspielen und wieder gehen. Und wir haben eben alles im Alleingang gemacht.

PETER: Aber wir haben dazugelernt. Wir werden soundtechnisch immer wie besser.

 

Da drei Jahre aber eine lange Zeit sind, in der man in der schnelllebigen Szene leicht in Vergessenheit geraten kann, darf die Frage erlaubt sein, wieso man in der Zwischenzeit nicht z.B. eine EP als Lebenszeichen auf den Markt gebracht hat. Vor allem, da nach eigenem Bekunden genug Songideen für so ein Projekt vorhanden wären:

 

CHRISTIAN: In einem gewissen Maße haben wir das gemacht, wir waren nämlich mit Rohversionen von zwei Songs auf Samplern vertreten. Zum einen war das Heavy Metal Nation I und zuvor noch The Grim Compilation, einem gratis Sampler, der an Magazine usw. verteilt wird.

PETER: Der Song auf The Grim Compilation war aber noch in Englisch, während die Version auf „Lichtstille“ nun auf Deutsch ist.

 

Bei diesem erwähnten Song handelt es sich im Übrigen um „Hasses Schönheit“, der damals aber noch mit  „The End of an Andor“ betitelt war. Doch wieso wechselt ein Song einfach so sein sprachliches Gewand?

 

PETER P: Wieso haben wir das überhaupt geändert?

PETER: Ich weiß es gar nicht mehr *Lacht*. Der Song hat für mich relativ aggressiv geklungen und die Texte kommen bei uns meistens eher spät, wir lassen uns oft durch den Song selbst inspirieren. Und bei diesem Song habe ich den englischen Text einfach nicht als angemessen empfunden, zu einem aggressiven Lied passt „Hasses Schönheit“ perfekt. Das wird dann wohl auch der ausschlaggebende Punkt gewesen sein, um die Sprache zu ändern.

 

Die Trilogie des Sturmes

 

Beim Durchhören von „Lichtstille“ wird man zwangsläufig über das Zwischenstück „Before the storm“ stolpern, mit dem man in filmreifer Manier auf einen kommenden Sturm vorbereitet wird. Mal davon abgesehen, dass dieses Zwischenstück von Majesty of Silence selbst eingesprochen wurde, es sich also nicht um ein Sample handelt, verbirgt sich dahinter noch viel mehr:

 

CHRISTIAN: Als wir die Songs geordnet haben, ist uns aufgefallen, dass wir mit „Embrace this Way“ und „Father Storm“ zwei Songs über das Wetter bzw. einen Sturm hatten.

PETER: Im Dialog in „Before the storm“ geht es darum, dass der Sturm von hinten aufzieht und die Truppen werden zusammengerufen. Ziemlich episch eben. „Embrace this Way“ fängt ja dann mit einem Donner an, wobei der Song den Weg durch ein dunkles und gefährliches Tal beschreibt, mit all seinen Gefahren usw., aber schon ein Sturm darin erwähnt wird. Und dann folgt ja der Song „Father Storm“, bei dem es um den Sturm selbst geht, um die Kraft die er hat, die sich ein Mensch nicht vorstellen kann. Darum haben wir uns gedacht, wir versehen das Ganze mit dem Intro „Before the storm“ und bauen es sozusagen zu einer Trilogie aus.

 

Nun, wenn man aber schon so eine „thematische“ Trilogie auf dem Album hat, wieso gibt man sie nicht auch als solche zu erkennen? Oder dient das Ganze eher als Bonus, um den Hörer dazu anzuregen, den Zusammenhang zu entdecken?

 

PETER: Ja das gefällt mir, dass man so was entdecken muss...

PETER P: Wir haben im Allgemeinen sehr viele solche kleine Bonussachen. Wir haben ja viele lange Songs, die man bis zum Schluss genau durchhören muss, um auch das letzte Detail zu entdecken.

CHRISTIAN: Man kann die Songs zusammenhängen, wenn man Lust dazu hat. Ansonsten ist „Before the storm“ einfach eine kurze Auflockerung, die ungefähr in der Mitte des Albums kommt.

PETER: He, jetzt haben wir aber ein Geheimnis verraten, wir müssen wohl langsam damit aufhören. *Lacht*.

NANDO: Oder mir das Aufnahmegerät wegnehmen...*Lacht*.

 

Das Aufnahmegerät haben mir Majesty of Silence glücklicherweise nicht weggenommen, womit dieses „Geheimnis“ der „Sturm Trilogie“ seinem Mysterium beraubt wurde. Kein Geheimnis hingegen soll die Frage bleiben, welche Songs auf „Lichtstille“ den einzelnen Mitgliedern am besten gefallen?

 

PETER: Also „Lichtstille“ ist das erste Album von uns, bei dem mir jedes Lied passt.

PETER P: Ja das ist auch bei mir so.

PETER: Sehr gut gefällt mir „Father Storm“.

PETER P: „Father Storm“ finde auch ich sehr gut.

CHRISTIAN: „Embrace this Way“, „Under the Forest“...

PETER: Ja die sind auch gut. Alle Songs sind gut, wie ich finde. Wenn bei der Arbeit zu einem Album einer von uns sagen würde, dass ihm ein Song gar nicht passt und er es nicht mag, würde dieser Song auch nicht aufs Album kommen.

 

 

D wie Dimmu Borgir, L wie Lordi

 

 

Für das Mastering von „Lichtstille“ haben sich Majesty of Silence die Dienste der Cutting Room Studios in Skandinavien gesichert, wo auch schon Dimmu Borgir ihr Material hingeschickt haben. Doch wer nun denkt, dass Majesty of Silence absichtlich auf den Pfaden der Black Metal Legende wandelten, der hat falsch gedacht:

 

CHRISTAIN: Wir haben uns erst im Nachhinein darum gekümmert, welche Band dort schon mal gewesen ist. Wir haben uns also nicht wegen Dimmu Borgir für Cutting Room entschieden, sondern weil es uns empfohlen wurde.

PETER P: Wir haben einfach gewusst, dass sie unsere Art von Musik abmischen können..

CHRISTIAN: Wir wollten es nicht in einem Schweizer Studio machen, wo auch andere Musik wie z.B. Country abgemischt wird. Die Schweizer können so was einfach nicht, oder nicht richtig. Ich weiß nicht ob es die Mentalität ist oder ein Mangel an Erfahrung. Man merkt es einfach, wenn so was aus dem Norden kommt.

PETER: Die schicken ja auch eine Band wie Lordi auf den Song Contest ...*Lacht*.

CHRISTAIN: Vielleicht können wir ja mal für die Schweiz antreten *Lacht*.

 

Mit der Erwähnung von Lordi gab mir Peter das perfekte Stichwort, um das Gespräch abschließend noch in diese Richtung zu lenken. Dabei wollte ich wissen, ob es überhaupt legitim ist, wenn eine Metalband am ansonsten biederen Song Contest teilnimmt:

 

PETER P: Ich fand das geil. Ich fand es so oder so scheiße, dass immer die gleichen Länder den ersten Platz belegt haben.

PETER: Als ich gehört habe, dass Lordi dran teilnehmen werden, habe ich mir gedacht, die werden sicherlich himmelhoch verlieren...

CHRISTIAN: Ich habe mich echt gefreut, als ich erfahren habe, dass Lordi gewonnen haben...

PETER: Das nächste Mal sollen Dimmu dort antreten *Lacht*.

CHRISTIAN: Wobei ein Grund dafür, dass Lordi gewonnen haben, auch sein könnte, dass Lordi so gar nicht ins herkömmliche Schema passten, sondern etwas anderes boten, als die anderen Ländern, die immer die gleiche Schiene fahren. Und auch darum haben Lordi so gut abgeschnitten, weil sie einfach nicht ins Konzept gepasst hat.

PETER P: Es scheint mir auch so, dass Metal ganz langsam wieder im Kommen ist.

 

Und mit dieser Feststellung, dass „unsere Musik“ wieder an Aufwind gewonnen hat, möchte ich dieses Gespräch beenden. Wobei der ursprüngliche Dialog, der sich durchgehend unterhaltsam und angenehm gestaltete, noch viel länger war, als an dieser Stelle niedergeschrieben. Doch würde eine vollständige Wiedergabe den Rahmen dieses Artikels sprengen. Und so möchte ich nun nur noch festhalten, dass Majesty of Silence definitiv die Aufmerksamkeit der Szene verdient haben und wer die Band noch nicht gehört hat, sollte dies schleunigst nachholen. 

 

Nando Rohner - www.sounds2move.de

 

 

 

Nachtrag

 

Quizfrage: Wie viele Versuche braucht mein werter sounds2move Alessandro “Beule Keule“ Bertolotti um mit Hilfe des Selbstauslösers ein Foto von den Anwesenden inkl. sich selber zu machen?

 

Etwa einen Versuch?

 

 

Schein wohl nicht der Fall zu sein. Dann aber vielleicht zwei Versuche?

 

 

Auch nicht ganz, wobei die Anwesenden ganz schön amüsiert aus der Wäsche schauen. Wie heißt es so schön? Alle guten Dinge sind drei.

 

 

Und da ist er ja auch schon und wie unschuldig er in die Kamera lächelt. (Ich bin mir bewusst, dass ich für diese Zeilen 100% „Beule Keule“ bekommen werde; Anm. d. Autors)

 

 

Link: Majesty of Silence