Deathbringer from the North - das große sounds2move-Special zu "From Afar" von Ensiferum

GRUPPEN-REVIEW   //   ENSIFERUM-DISCOGRAFIE-SPECIAL

Anlässlich der Veröffentlichung des vierten ENSIFERUM-Drehers "From Afar" haben wir uns dazu entschlossen auch die bisherigen Veröffentlichungen der finnischen Vodka-Freunde noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei herausgekommen ist ein Rückblick über die bis dato veröffentlichten Tonträger der Band. Lediglich auf die alten Demos und die Singles haben wir verzichtet. Viel Spaß mit unserer Geschichtsstunde, vielleicht haben wir ja auch für die Fans unter euch noch ein paar neue Fakten und Anekdoten parat ;-). Enjoy!

 

Es gab eine Zeit im Jahre 2001, in der ich auf der Suche nach melodiegeschwängerter, hymnischer und dennoch kraftvoller Musik war. In diesen Zeiten war der Folk-Sektor bei weitem noch nicht so überfrachtet und ausgebeutet wie zu heutigen Zeiten. Die bekanntesten Herrschaften aus diesem Genre waren damals schon Finntroll, die ihrerseits in diesem Jahre ihr 2. Album „Jaktens Tid“ veröffentlicht haben. Ensiferum mit Finntroll zu vergleichen ist musikalisch nicht in Ordnung, aber im Sinne des Bekanntheitsgrades nicht uninteressant. Denn mit ihrem selbstbetitelten Album „Ensiferum“ begann für Ensiferum ein genresprengender Siegeszug, der bis zum heutigen Tage anhalten sollte. Basis für den Erfolg der Finnen ist und bleibt das Debüt. Ein vor Kraft und Energie strotzendes Debut, welches mehrere so genannte Hits aufweist und dabei dennoch insgesamt nicht an Qualität einbüßt. So ist es unter anderem „Token Of Time“, der mit seiner leichtfüßigen hymnischen und einfachen Melodieführung sofort ins Ohr geht. 4:16 Minuten, die die songwriterische Klasse der Band bereits zu Debützeiten hervorragend präsentieren. Ein Mitsingsong, mitnichten ein Schunkelsong, aber umso mehr ein kleines Meisterwerk, das Fans zu Recht abfeiern und auch heute noch zu einem der stärksten Ensiferum Lieder überhaupt gehört. Von einem ähnlichen Kaliber ist sicherlich „Treacherous Gods“. Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig auf Hymnik. Intensive atmosphärische Momente paaren sich mit einer hervorragenden Melodieführung und münden in einem richtig starken Song. Eine hohe Dynamik, viel Abwechslung und  immer wieder unerwartete Elemente halten den Hörer auf Trapp und sorgen für permanente Spannung. „Guardians Of Fate“ präsentiert sich eher als rockiger und schmissiger Power Metal Song, der natürlich auch von hohen Melodieanteilen getragen wird. Überhaupt muss man der Band hier ein Lob aussprechen: Obwohl die Melodieanteile sehr hoch sind, sich dabei manchmal arg nahe am Kitsch bewegen, so sorgen Ensiferum immer für ein wuchtiges metallisches Fundament und verweichlichen ihre Lieder eben nicht in Keyboardsoße. Weiteres Beispiel? OK: „Battle Song“. Der mächtige Refrain lädt hier sprichwörtlich zur Schlacht ein, mit knappen 3 Minuten Dauer haben Ensiferum einen starken schwermetallischen Song erschaffen. Dabei sollte man nicht verschweigen, dass das hervorragende Debut für Ensiferum zur Bürde werden kann. In meinen Ohren hat die Band die Klasse dieses Werkes nie wieder erreichen können. Erst das neue Album vermag wieder in die Nähe dieser Qualitätsklasse zu kommen. „Ensiferum“ ist ein übermächtiges und starkes Debut, ein Album, mit dem sich Ensiferum ihr eigenes Denkmal gesetzt haben. Auch heute, in Zeiten von kreativer Ausbeutung und immer größer werdender qualitativer Nichtigkeit dieses Genres bleiben sich Ensiferum treu. (CS)

 

Trivia:

- Die auf „Ensiferum“ zu hörenden Keyboards stammen von niemand geringerem als Henri Sorvali, der angesichts seiner Referenzen bei den Szenegrößen Finntroll und Moonsorrow, deren Fronter Ville Sorvali sein Cousin ist, alles andere als ein unbeschriebenes Blatt darstellt.

 

- Als Bonustrack findet sich auf dem Digipak des Albums eine Coverversion des Judas Priest Evergreens „Breaking the Law“. Interpretationen anderer Künstler sollen ab diesem Zeitpunkt fester Bestandteil für die limitierte Erstauflage eines jeden Ensiferum-Longplayers werden.

 

- Es sollen Pressungen des Albums im Umlauf sein, bei denen „Goblins’ Dance“ ebenfalls als Bonustrack gelistet ist. Diese Kennzeichnung ist eine Falschinformation, da es sich dabei um den 12. und letzten Song des regulären Albums, nicht aber um einen Bonustrack handelt.

 

Ensiferum „Ensiferum“ / VÖ 07.01.2001


Ensiferum „Iron“ / VÖ 17.05.2004

Ensiferums 2. Album „Iron“ hat meiner Meinung nach ein großes Problem: Es erschien nach dem saustarken Debüt „Ensiferum“ und muss dieses Niveau nun mindestens halten können. Meiner Meinung gelingt dies nicht, ich tue mich mit „Iron“ recht schwer. Der Titeltrack „Iron“ bietet zwar die stilistischen Merkmale, die das Debut so stark gemacht haben, allerdings packen mich die Melodien, die hymnischen Momente hier deutlich weniger. Der „Power-Metal“ Anteil wurde etwas erhöht, der schwermetallische Faktor ist also immer noch recht hoch. Versteht mich nicht falsch: Der Song „Iron“ ist gut, aber chancenlos gegen alles, was Ensiferum vorher veröffentlicht haben. „Sword Chant“ steht dem Titeltrack qualitativ in nichts nach; es handelt sich um einen recht lockeren und melodiegeschwängertem Brecher, der phasenweise von cleanen Vocals untermalt wird. Für genügend Abwechslung wird gesorgt, eine gewisse Spannung zieht sich durch das ganze Lied. „Into The Battle“ ist eine wirklich gute Schlachthymne geworden, die nicht ganz so kitschig pathetisch einher kommt. Grundsätzlich im Ensiferum-typischen Stile gehalten, zieht sich das Lied ein längeres Solo, welches aber stimmig integriert wurde. Heraus die Schwerter, ab in die Schlacht. „LAI LAI HEI“ ist nicht so aggressiv metallisch wie die anderen Lieder aufgebaut, das Tempo ist zumindest zeitweise reduziert. Während der 7:15 Minuten verarbeiten Ensiferum hier viele ruhigere, aggressivere und hymnische Momente. Dieses Lied funktioniert dennoch als Ganzes, ohne zu zerfahren oder strukturlos zu wirken. Hier muss man der Band ein deutliches Kompliment aussprechen, dieses Lied ist definitiv starke Kunst. „Tear“ beendet das Album würdevoll. Es handelt sich dabei um ein ruhiges, akustisches und von recht kräftigen Female Vocals getragenes Lied, dem ich sehr viel abgewinnen kann. „Iron“ ist sicherlich gut geworden. Dabei ist es leider nicht so gut wie das Debut, aber dennoch sind Ensiferum qualitativ eindeutig im grünen Bereich. Ich halte es für sehr schwierig, das Debut „Ensiferum“ zu toppen – diese Bürde hat „Iron“ natürlich zu tragen. Stilistisch hat sich die Band ein klein wenig mehr dem Power Metal als musikalisches Grundfundament zugewandt, aber dennoch gelingt es ihnen, alle stilistischen Merkmale zu wahren. (CS)

 

Trivia:

 

- Da Sänger Jari Mäenpää mit seiner eigentlich als gleichberechtigtes Nebenprojekt geplanten Band Wintersun und der für selbige gebuchten Studiozeit mit dem Tourplan Ensiferums nach dem Release von „Iron“ kollidiert, steigt Mäenpää noch 2004 kurzerhand bei Ensiferum aus.

 

- Mit „Tale of Revenge“ ist die erste offizielle Singleauskopplung der Bandgeschichte auf dem Album enthalten.

 

- Zweites Album, zweite Coverversion als Bonustrack und zum zweiten mal ein Metal-Klassiker. Diesmal fällt die Wahl auf „Battery“ von Metallica.


 

Der Zwischensnack in der Discographie der Nordlichter. Komplett eigener und neuer Stoff ist jedoch nicht im großen Stile enthalten, bietet die EP doch lediglich eine frische Nummer, nämlich den Titeltrack. Rückblickend ist dieses Scheibchen wohl eher als kleiner Einblick für die Außenwelt zu sehen, um einen ersten Eindruck vom neuen Line-Up nach der Verpflichtung von Norther-Sänger Petri Lindroos (denen er noch bis März 2009 erhalten bleiben soll), Bassist Sami Hinkka und Drummer Janne Parviainen (Sinergy, Ex-Waltari) zu vermitteln. Da zudem zwei von sechs Tracks lediglich verschiedenes traditionell-finnisches Liedgut aufgreifen, muss man hier nicht von einem Must-Have sprechen. (mr)

 

Trivia:

 

- „Warrior’s Quest“ und das großartige „White Storm“ sind Neueinspielungen zweier Songs, die schon auf dem 1999 entstandenen zweiten Demo der Finnen zu finden waren.

 

- Mit „Into Hiding“ von den Landsleuten Amorphis ist auf „Dragonheads“ die vorerst letzte Coverversion eines Metalsongs zu hören.

 


Ensiferum „Dragonheads“ EP / VÖ 31.03.2006


Ensiferum „Victory Songs“ / VÖ 20.04.2007

Das dritte Ensiferum-Album „Victory Songs“ steht rückblickend für die Öffnung eines neuen, und die Schließung eines alten Kapitels in der Bandeigenen Chronik. Erstmalig verewigte sich Neu-Fronter Petri Lindroos, nach dem Ausstieg von Ur-Sänger Jari Mäenpää (seither Chef bei Wintersun) anno 2004 von Norther zur Band gestoßen, auf einem vollwertigen Studiowerk der Folk Metaller. Andererseits handelt es sich dabei auch um das letzte Tondokument, das unter dem Mitwirken von Keyboarderin Meiju Enho entstand. Im September des  selben Jahres wird die Finnin nämlich nach immerhin sechs – O-Ton: „absolut unvergesslichen, aber auch rauen“ - Jahren von Deck gehen. Ihre Nachfolgerin Emmi Silvennoinen ist heute, zwei Jahre nach ihrem Einstieg als Live-Musikerin und inzwischen zum festen Bandmitglied aufgestiegen, gerade einmal 21 Jahre jung und damit nicht nur die einzige Frau in der Band, sondern auch mit Abstand die Jüngste im Team.

 

Musikalisch bedarf es wohl eher weniger Erklärungen zu „Victory Songs“, knüpfen Ensiferum doch genau dort an, wo „Iron“ drei Jahre zuvor aufgehört hat. Das heißt in der Schnittmenge aus Folk, Power und Melodic Death Metal, großzügig angereichert mit jeder Menge Chören und Epik, was absolut überzeugt, jedoch – und da sind sich Anhänger und Medienschaffende im großen und ganzen einig – wieder nicht ganz an das Niveau des heute als Klassiker gehandelten Debüts „Ensiferum“ heran kommt. Trübsal muss trotzdem niemand blasen, da sich die Qualität und Trinkkompatibilität von großen Hits wie „Deathbringer from the Sky“, „Wanderer“, „One More Magic Potion“ und dem an finnische Mythologie, genau gesagt an den vor allem als Gott der Seefahrer bekannten und nach ihm benannten „Ahti“, trotzdem sofort als solche zu erkennen gibt. Das merkt man auch an der Live-Front, an welcher Ensiferum seit jeher äußerst umtriebig sind. Nur mit dem Unterschied, dass die Finnen spätestens jetzt auf den besten Slots zu Hause sind und allerorts den Mob zum toben bringen. Vor allem das junge Publikum liegt der Band zu Füßen, den Bandmitgliedern nachempfundene Kriegsbemalung bei Shows ihrer Helden inklusive. (mr)

 

Trivia:

 

- Als Bonustrack für die limitierte Erstauflage von „Victory Songs“ wurde die bis dato ungewöhnlichste Coverversion eines Ensiferum-Albums aufgenommen, nämlich „Lady in Black“ von den Prog Rock Dinos Uriah Heep.

 

- Anhänger, die das Album auf der britischen Insel erwarben, bekamen zum Nulltarif die im restlichen Europa separat veröffentlichte „Dragonheads“ EP als Bonus-CD zum regulären Album dazu.

 

- In Europa wiederum erscheint knapp ein Jahr nach der Erstauflage eine Tour-Edition von „Victory Songs“, ebenfalls mit einer Bonus-CD ausgestattet. Inhalt: „Dragonheads“, „White Storm“, „Warrior’s Quest“ und das Amorphis Cover „Into Hiding“ (alle von der „Dragonheads“ EP), dazu der bekannte „Victory Songs“ Bonustrack „Lady in Black“ sowie Metallicas „Battery“, der Bonustrack vom Vorgängeralbum „Iron“.

 

- Seit knapp einem Monat vor der Veröffentlichung von „Victory Songs“ sind Ensiferum auch in den weiten des Weltraums zu finden. Im März 2007 hat ein Fanclub aus Russland einen Stern nach den trinkfesten Finnen benennen lassen.

 

Christian Stiewe & Markus Rutten - www.sounds2move.de

 

Link: www.ensiferum.com