Mercenary – Prelistening Report zu „Architect of Lies“

 

Tatort Thüringen. Irgendwo im mitteldeutschen Niemandsland mit Blickweit auf Örtchen mit so lustigen Namen wie Kyffhäuser hatte sich eine winzige sounds2move-Delegation mit den Dänen von MERCENARY verabredet, um bereits Mitte Januar einen ersten Eindruck vom neuen Album „Architect of Lies“ zu bekommen, welches am 21. März in die Läden kommen wird.

 

Vor den Spaß hat der liebe Gott allerdings die Arbeit gestellt und so war zunächst einmal Kreativität gefragt. Die naive Hoffnung, dass man irgendwo auf dem am gleichen Tag stattfindenden „Bloody Sunset Fest“ eine Möglichkeit zur CD-Wiedergabe ausfindig machen könne, zerplatzte binnen Sekunden wie eine Seifenblase. Doch Kreativität und Improvisationskunst sei Dank, ein Ausweg war binnen 2 Minuten in Sicht. Also schnell Gitarrist Jacob Molbjerg und Bassist / Shouter Rene Pedersen ins bereitstehende s2m-Gefährt gepackt und auf zum Hotel im Dorfkern, wo man eine Wiedergabemöglichkeit in Form von Jacobs iBook vorfand, nachdem der völlig überrumpelte Pensionschef sich nicht für ein Leihgeschäft für seine Kneipenbeschallung begeistern lassen konnte. Dann eben auf Rock N Roller Art, nämlich im rustikal eingerichteten aber gemütlichen Zimmer der beiden Dänen. „Nehmt euch in Acht, der Bassdruck wird euch umpusten“, gluckst ein bestens gelaunter Rene vergnügt, als sein Bandkollege sich an die Inbetriebnahme des weißen Apple-Schätzchens macht. Und nach den ersten Sekunden von „New Desire“ hört man, warum der Bassist noch immer ein selbstironisches Grinsen nicht unterdrücken kann. Aber gleichermaßen darf man der Band an dieser Stelle auch schon das erste Kompliment aussprechen, denn auch wenn man unter diesen Umständen nur sehr wenig von der satten, differenzierten Jacob Hansen Produktion hören kann, hinterlässt „Architect of Lies“ schon jetzt einen wuchtigen Eindruck. „Ich bin mal auf eure Meinung nach dem Durchlauf gespannt, unabhängig davon ob ihr es gut oder schlecht findet. Denn die Jungs von unserer Plattenfirma meinten, dass sie einige Durchläufe gebraucht hätten, da das Material ihrer Meinung nach sehr komplex ist. Das witzige ist, dass wir es für ein sehr direktes Album halten. Da bin ich auf eine dritte Stimme gespannt“, lässt Gitarrist Jakob wissen, der es sich ebenso wie sein Bandkollege nach kurzem unruhigem auf und ab laufen kurzerhand auf seinem Hotelbett bequem macht, während sein anstehender Longplayer durch den Raum schallt.
 

Nach etwas über einer Stunde „Architect of Lies“ – darunter auch der Bonustrack „Death Connection“ (vorläufiger Titel) -  muss der Schreiber den zuvorkommenden Kotlettenträger diesbezüglich allerdings enttäuschen, da es zumindest nach dem ersten Eindruck so scheint, als hätten beide Seiten ein Stück weit recht. Denn Mercenary haben sich in nahezu allen Belangen für mehr Extremen entschieden. So sind die deftigen Passagen deutlich brutaler ausgefallen, während die komplexen Parts an Sperrigkeit und die poppigen Parts an Eingängigkeit zugelegt haben. Fans der letzten drei Alben können unterdessen aufatmen, denn die Dänen gehören weiterhin nicht zu den Bands, die ihren Sound plötzlich radikal verändern. Vielmehr hat man versucht, die Essenz des Mercenary-Sounds weiter herauszuarbeiten und das eigene Profil zu schärfen. Hier kommt auch Bassist Rene Pedersen ins Spiel, für den es der erste Studioaufenthalt mit der Band war, nachdem er kurz vor der Fertigstellung des Vorgängers „The Hours that remain“ seinen Platz in der Band einnahm. Dessen markige Shouts sind zwar nicht gänzlich neu im Klangkosmos von Mercenary, aber die Rückkehr selbiger erfreut neben alten Fans auch Sänger Mikkel Sandager, der nicht abermals alle Vocals notgedrungen selbst einsingen musste, wie noch auf dem Vorgänger.

 

Als es im Anschluss für ein ausführliches Interview (schon bald hier bei uns zu finden!) zurück in  den Schankraum der Pension geht, tauchen auch die beiden Sandager Brüder Mikkel und Morten auf, die sich nach einer fröhlichen Begrüßung ebenfalls für einen Kaffee der Hausmarke entscheiden. Keine glückliche Entscheidung, denn das dunkle Gebräu ist zwar heiß, dafür aber nicht gerade als Gaumenschmaus zu definieren (O-Ton Rene: „Ich weiß natürlich nicht wie Scheiße schmecken soll, aber so stelle ich es mir in etwa vor“). Zur Erleichterung aller Anwesenden haben Mercenary in musikalischer Hinsicht deutlich mehr Grund zur Freude. Denn „Architect of Lies“ meistert souverän die Gradwanderung zwischen deftig und schmackhaft und schafft zudem einen verdauungsfreundlichen Spagat zwischen leichter Bekömmlichkeit und anhaltender Sättigung. Auf diese 10-Gänge-Gaumenfreude darf sich der geneigte Fan schon jetzt freuen. Na dann Mahlzeit!

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

 

Höreindrücke zu „Architect of Lies“ von Mercenary (VÖ 21.03.2008)

 

 

„New Desire“

Bei Hörprobe Nummer eins bleibt auf den ersten Blick alles beim Alten. Klassischer Mercenary-Stoff, der auch auf „The Hours that Remain“ gepasst hätte, ohne jedoch dabei abgehangen zu klingen. Den Refrain dominiert Mikkels Klargesang, im letzten Viertel glänzt man mit den schon immer gern verwendeten flotten Gitarrensoli. Das inbrünstig gebrüllte „Save yourself!“ jagt die erste Gänsehaut über den Rücken. Die Message des Songs: „My life is failing“.

 

 

„Execution Style“

Die Begrüßung fällt äußerst düster und Death-lastig aus, die Gitarren zeigen sich ruppig. Der Chorus bringt willkommenes Licht ins Dunkel, bevor der Frontmann der Band im Mittelteil erstmalig andeutet in welche Höhe er gesanglich theoretisch vordringen kann. Außerdem kommt ein Sprachsample zum Zuge, welches von einem amerikanischen Serienkiller („The Iceman“) inspiriert ist. Das Finale bricht noch einmal aggressiv und räudig über den Hörer herein. Ein Textauszug diesmal: „You’re taking all my Dreams away“.

 

 

„Embrace the Nothing“

Der erste Song, der auf mySpace vorgestellt wurde. Entwickelt sich nach ruhigem Beginn zu einem vortrefflichen Ohrwurm, der sich auf viele Trademarks der Dänen bezieht. Eines der eingängigsten, wenn nicht sogar das eingängigste Stück auf „,Architect of Lies“. Aufbau, Dramaturgie und die gefühlvoll inszenierte Gitarrenarbeit machen diese Nummer zur waschechten Hymne.

 

 

„This Black And Endless Never“ 

Einer der Songs, der den Albumtitel in seinen Texten führt und somit den roten Faden von „Architect of Lies“ aufgreift. Jacob Hansen hat hier für eine äußerst breite und vielschichtige Produktion gesorgt. Das Instrument von Keyboarder Morten Sandager driftet teilweise in Orgel-artige Gefilde ab, was recht bald den Namen Deep Purple in den Hinterkopf schießen lässt, selbst wenn der Song im Ganzen natürlich überhaupt nicht nach den Altrockern klingt. Das Ende fällt abrupt aus.

 

 

„Isolation“

Midtempo eröffnet diese gefühlsbetonte Nummer, die ein balladeskes Aroma nicht verleugnen kann. Nach einem Piano-Intermezzo entwickelt sich „Isolation“ zu einer Art Power-Ballade – jedenfalls im Mercenary-Kontext. Das Keyboard ist im Hintergrund fast allgegenwärtig und lockert unterschwellig das eher zweckmäßige Riffing auf. Mikkels verzweifelte Seele verspricht „I’ll be by your side“, was sich jetzt deutlich kitschiger liest, als es effektiv klingt. Gegen Ende darf sich dann noch einmal die Leadgitarre austoben, die bis zum letzten Ton ausklingt.

 

 

„The Endless Fall“

Thrash til Death! Hier gibt es mit einer Mischung aus Sepultura und Slayer mehrheitlich einen auf die 12. Basser Rene Pedersen darf zeigen was er kann und brüllt sich fast die Seele aus dem Leib. Um nicht zum völligen Hassbrocken zu verkommen wird das Stück zwischendurch immer wieder aufgelockert. Die „Hey, Hey, Hey“-Gangshouts schreien im wahrsten Wortsinne nach einer Live-Umsetzung inklusive Interaktion mit dem Publikum.

 

 

„Death Connection“

Die schlechte Nachricht vorab: Aus diesem Stück wird vermutlich nur der Bonustrack für die limitierte Edition des Albums. Ein guter Grund sich selbige zu sichern, denn man kann mit Fug und Recht von akutem Hitalarm sprechen! Ein klagendes „I lost my faith tonight“ stellt die Nackenhaare auf, bevor „Don’t try to save me“ all zu großes Mitleid in die Schranken weißt. Zeitweise beschränkt man sich nur auf Piano und Gesang, was dem emotionalen Tiefgang noch einmal in die Karten spielt. Großes Kino!

 

„Bloodsong“

Drummer Mike Park gibt direkt mal die Richtung vor: Volle Fahrt voraus. Eine dynamische Nummer, die den Fans sicherlich gefallen wird. Auch in diesem Stück halten die Screams das Zepter in der Hand. Hier wurde wohl für die Bühne komponiert.

 

 

„I Am Lies“

Aufmerksame Zuhörer entdecken hier abermals den Albumtitel in den Screams, zudem bereitet erneut Schlagzeuger Mike den Weg für ein Stück, das von vorn bis hinten nach Mercenary klingt, vom ersten Eindruck her aber zwischen den anderen Songs eher unauffällig bleibt. Zum Ende hin beschwört das Sixpack noch mal eine gespenstige Atmosphäre herauf.

 

 

„Public Failure Number One“

Im die Vorführung abschließenden „Public Failure Number One“ dominiert noch einmal der klare Gesang. Das Credo lautet „Atmosphäre statt Tempo“. Der Alleingang der Gitarre auf dem Höhepunkt gestaltet sich mit viel Virtuosität und Gefühl. Alles in allem ein sehr episches Stück Musik, das glücklicherweise nicht unnötig in die Länge gezogen wird.

 

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