Xandria „Neverworld’s End“ / VÖ 24.02.2012
Fast fünf
Jahre seit dem letzten Album „Salomé – The seventh Veil“. Das muss man
sich erst mal trauen. Die Bielefelder Xandria haben es gewagt und
drängen jetzt mit dem Nachfolger „Neverworld’s End“ zurück auf die
Bildfläche. Dass der Weg dahin unerwartet hart und steinig war, zeigt
nicht nur die lange Wartezeit, sondern auch der Umstand, dass seit dem
Ausscheiden von Sängerin Lisa Middelhauve gleich zwei neue Sängerinnen
ihr Glück versucht haben.
Die Erste,
Kerstin Bischof, hat es gerade mal ein Jahr in der Band gehalten. Die
Neue, Manuela Kraller, hat sich hingegen etabliert und nun auch ein
Album mit ihren Kollegen aufgenommen. Verglichen mit ihrer
Vor-Vorgängerin, die vor allem im mittleren Stimmbereich
uneingeschränkt überzeugte, bewegt sich Manuela am liebsten im höheren
Bereich und kratzt an der Schwelle zum Sopran. Verbunden mit der
passenden Genre-Schublade Symphonic Metal dauert es da natürlich nicht
lange, bis etwaige Vergleiche mit artverwandten Künstlern bei der Hand
sind. Kritikern wird es da vor allem angesichts der ersten Single
„Valentine“ überaus leicht gemacht Öl ins Nachahmer-Feuer zu schütten.
Wer hier keine Parallelen zu Nightwish in seligen Tarja-Zeiten
heraushört, hat wohl Tomaten in den Ohren wie man so schön sagt. Ob
Hommage oder Plagiat sollte uns dabei aber eigentlich gar nicht
interessieren, denn dafür ist „Neverworld’s End“ in der Summe zu gut
gemacht. In den letzten Jahren ist nämlich scheinbar viel Gothic auf
der Strecke geblieben, dafür wurden gleich mehrere große Kisten Metal
aufgeladen, sodass die fünfte Scheibe die unbestritten härteste im
Backkatalog Xandrias ist. Klar, schon „India“ vom gleichnamigen
Langspieler hatte ordentlich Tiger im Tank, gegen die Wucht und
Heaviness eines „Soulcrusher“ kommt man aber dennoch im Traum nicht an.
Zumal das Quintett überhaupt klangtechnisch dick aufträgt: Viel
Bombast, Chöre, Orchester, eingestreute Violinen, Keyboardteppiche,
dazu der Druck der gelungenen Produktion und der grundsätzlich
ausgebaute Anteil an Gitarren. Hier wird einiges geboten, was natürlich
auch dafür sorgt, dass sich die Hits nicht ganz so schnell
herauskristallisieren wie in der Vergangenheit. Mal ganz abgesehen
davon wie weit man sich über die Jahre vom betörenden, im positiven
Sinne nebulösen Debüt „Kill the Sun“ entfernt hat. Da treffen Welten
aufeinander, oder wer hätte vor fast 10 Jahren damit gerechnet von
Xandria mal eine fast schon an Hammerfall erinnernde Powerballade wie
„The Dream is still alive“ zu hören? Als Krönung wird uns anno 2012 ein
großes Epos wie „The Nomad’s Crown“ vorgesetzt, das man mit seinen neun
Minuten nicht mal so eben im Vorbeigehen konsumiert, denn dafür
passiert schlicht zu viel. Fordernd, aber gelungen.
Das könnte auch das generelle Resümee für „Neverworld’s End“ sein. Xandria melden sich mit dem längsten, epischsten und herausforderndsten Album ihrer bisherigen Karriere zurück. Mit neuer Härte und neuer Stimme hat man zudem auch noch die theoretische Chance auf neue Hörerschichten. Damit wäre der erste Schritt getan – macht was draus!
Markus Rutten - www.sounds2move.de