Vic Anselmo "Trapped In A Dream" / VÖ 10.10.2008

 

 

Um zwei Wahrheiten kommt man nach dem Genuss des Debüts der lettischen Sängerin und der Durchsicht des Booklets nicht herum. Erstens: Ihr Friseur ist offenbar geisteskrank. Zweitens: Die Dame hat Talent, und das nicht zu knapp.

 

Die ergreifende Stimme der scheinbar beinharten Pantera-Verehrerin (vergleiche nur den Künstlernamen und die Widmung der Ballade "I Cried" an Dimebag Darrell) trägt den Hörer durch zehn liebevoll arrangierte Pop/Rock-Songs mit Gothic-Einschlag. Das Songwriting ist eine gelungene Gratwanderung zwischen sofort zündender Melodie und der sanften Integration auch unkonventioneller Stilelemente. Besonders herausragend ist meines Erachtens das auf überaus interessanten Melodien fußende "Dead Man Walks".Und selbst wenn die Kompositionen manchmal in Evanescence-Klischees abzugleiten drohen ("Put Your Spell On Me"), kann man dies dem Newcomer nicht übel nehmen: Zu eindeutig reißt der hervorragende Gesang auch Abgedroschenes aus dem Pfuhl des Mittelmäßigen heraus. In den besten Momenten schafft es die Lettin sogar fast, an den emotionalen Ausdruck der unglaublichen Kari Rueslåtten heran zu kommen, wenn auch mit anderen Mitteln. Und so vergehen die leider nur 34 Minuten, die "Trapped In A Dream" vom tollen Eröffnungs-Ohrwurm "Who" bis hin zum Abschluss "Bus Stop" dauert, denn auch wie im Fluge. Hier ist ohne Frage eine Menge Potential vorhanden und es wäre nicht verwunderlich, wenn Vic Anselmo noch eine sehr erfolgreiche Zukunft bevor steht. Wer etwas kitschigen, aber grundehrlichen, von vorne bis hinten durchdachten und erstklassig dargebotenen Pop/Rock mag, muss sich dieses Album jedenfalls geben.

 

Florian Gothe – www.sounds2move.de / 11.10.2008