Unheilig „Grosse Freiheit – Winter Edition“ / VÖ 19.11.2010

 

 

Es soll ja immer noch Leute geben, die das aktuelle Unheilig-Album nicht zu Hause haben oder noch nicht kennen. Eigentlich kaum vorstellbar, denn was Der Graf in diesem Jahr und mit „Grosse Freiheit“ hingelegt und erreicht hat, verdient Respekt und Anerkennung. Keine Frage: Dem Mann mit dem signifikanten Bart erging es auch in den Jahren zuvor bei weitem nicht schlecht, denn in weiten Teilen der Metalszene, und der Gothic Szene sowieso, genoss er bereits einen exzellenten Ruf als tiefgründiger Texter und feste Größe an der Livefront. Schon das Vorgängeralbum „Puppenspieler“ schwang sich auf einen respektablen 13. Platz in die deutschen Albumcharts, damals allerdings nicht ganz so lang und vom Mainstream quasi komplett unbemerkt. Dann kommt das Jahr 2010 und vorangetrieben von dem Gänsehaut-Single-Katalysator „Geboren um zu leben“ brettert „Grosse Freiheit“ nicht nur direkt auf die Nr. 1 (was schon beachtlich genug wäre), nein, Unheilig gefällt es da so gut, dass der Platz an der Sonne auf Wochen nicht mehr abgegeben wird. Das ist inzwischen weit über ein halbes Jahr her und der Silberling macht nach wie vor keine Anstalten sich aus dem Top 100 zu verabschieden. Kein Wunder, dass Der Graf mittlerweile gern gesehener Gast in alle Talkrunden und auf Preisverleihungen ist. Meinen Segen hat der Mann mit der fleischfarbenen Badekappe definitiv, denn intelligente und zugleich authentische Charaktere wie der Unheilig-Frontmann tun der weitestgehend niveauentleerten TV- und Radiolandschaft richtig gut.

 

Bevor ich aber noch mehr abschweife schnell zurück zum Kernthema. „Grosse Freiheit“ wurde noch einmal aufgehübscht und erscheint jetzt als „Winter Edition“ mit einigem Zusatzmaterial. Damit richten sich Unheilig einerseits an die eingesessen Die Hard-Fans, andererseits an diejenigen, die sich bisher noch nicht zum Kauf der Scheibe entschieden haben. Sicherlich steckt auch ein gewisses Kalkül dahinter, wie bei allen Veröffentlichungen dieser Art. Weihnachten steht schließlich vor der Tür und die CD im silbernen Schuber passt garantiert prima zu Muttis Lametta. Wer zugreift macht auch sonst nicht all zu viel falsch, immerhin legen Unheilig sechs neue Stücke in Form einer Bonus-CD bei. Darunter befindet sich auch die neue Single „Winterland“, eine der Jahreszeit angemessen besinnliche Nummer zwischen Pop, Rock und getragener, nie zu aufdringlicher Elektronika. Ähnlich stimmungsvoll kommen zwei Pianoversionen bekannter Songs daher (natürlich inkl. der nach wie vor erfolgreichen ersten Auskopplung) und zum Abschluss liest Der Graf noch, untermalt von einer sphärischen Klangkulisse, das Märchen „Dornröschen“ vor und schafft damit den Brückenschlag zum Hörspiel. Apropos Brückenschlag: Durch ihren Erfolg haben Unheilig die Brücke zwischen Untergrund, Mainstream und sogar hin zu den Niveauverweigerern von RTL 2 geschlagen und damit ihr längst sehr breit gefächertes Publikum noch erweitert. Dieser Erfolg ist jedoch mitnichten über Nacht vom Himmel gefallen, sondern das Ergebnis jahrelanger Bemühungen. Ok, ein bisschen Glück gehört auch immer dazu aber selbiges scheint dem Grafen dieser Tage hold zu sein, wie er es sich selbst nicht zu träumen gewagt hätte.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 17.11.2010