Uli Jon Roth - "Under A Dark Sky" VÖ 19.09.2008

 

 

Die Scorpions in den Siebzigern, Electric Sun bis in die Achtziger, danach solo mit seiner legendären Sky-Gitarre, zuletzt Improvisationen live mit den Scorpions und den Smashin Pumpkins, das sind einige Stationen des Musikers Uli Jon Roth in den letzten 30 Jahren. "Under A Dark Sky" soll nun das erste "richtige" Rock-Album des Altmeisters seit 25 Jahren sein. Wenn man nun also dem Opener "S.O.S." lauscht, so mag man das nicht recht glauben. Eher erinnert das Ganze an Filmmusik, Peter Pan trifft Piraten, reist ins Märchenland der Eiskönigin und verliert sich im Labyrinth von 30'er-Jahre-Hollywoodliebesfilmen. Die drei Tenöre, Weihnachten, erleuchtete Fenster in verschneiter Landschaft, so in etwa sind meine Assoziationen. Nicht sehr kreativ, das stimmt. Das leicht orientalisch angehauchte, ein wenig "Carmina-Burana"-beeinflusste folkloristische Thema mit dramatischer Zuspitzung am Ende des Tracks ist noch das Auffälligste in dieser Landschaft des pompösen Kitsches.

 

Klassisch geht es weiter, denn ein Intro war das keineswegs: "Tempus Fugit" führt mitten hinein in den Basar, Orchester, Chöre, Baby-Klassik allerorten. Es folgt "Land Of Dawn", intoniert von Marc Boals, welchen wir von Malmsteen und Royal Hunt kennen. Leider klingt nichts nach "The Sails Of Charon", diesem so stark unterschätzten Hit der Scorpions. Die Vocals von Boals klingen nicht austemperiert; er ist kein Dio, kein Toni Martin und auch kein Messiah Marcolin. Plüschig geht es, sämtliche Genremöglichkeiten ausnutzend (Orient, Melodic-Rock, Midtempo, Bass und Drums im Hintergrund, simple Mainstream-Akkorde, buttrige Leads, stets samtweicher Gesang) ohne Höhepunkte hinüber zu "The Magic Word".  Es sollte angemerkt werden, dass Uli Jon Roth vielen Sängern Gastauftritte gewährt; hier ist es eine Frauenstimme, weshalb wir es mit einer Mischung aus älteren Scorpions und Nightwish der neueren Art zu tun haben. Klar, es schneit noch immer, die Augen werden größer, der Gabentisch ist in Sichtweite. Vorher muss noch die unangenehme Pflicht des Singens hinter sich gebracht werden, aber gut, soviel Zeit muss sein. "Inquisition" tönt nach Rainbow zu "Down To To Earth"-Zeiten. Daraus hätte Uli was machen sollen. Dio anheuern, weg mit Chören und Popanzkram, hin zu griffigen Songs alter Rainbow-Bauart; dazu etwas schnittiges "He's A Woman - She's A Man"-Flair. Stattdessen haben wir wieder unechte Klassik, begleitet von schrägen Power Metal-Gesängen und den eigenwilligen Sky-Guitar-Soli des Altmeisters. Irgendwie halbgar, das Ganze, auch eigenwillig dünn produziert, Rock findet in der Kulisse statt, wenn überhaupt. Wie die Untermalung eines bunten Filmstreifens, welcher uns den lieben, lächelnden Buddha, vereint mit Christus und Mohammed zeigt, alle feingestimmt, Glühbäckchen, Weihnachtsapfel, Hexenhäuschen... Womit wir wieder beim Thema wären.

 

Den Rest machen wir kürzer, es treten noch auf: Schneewitchen, Schneeweißchen, Frau Holle, die Eiskönigin und einige weitere eingeschneite Gebrüder Grimm-Figuren. Kurz, es war mal wieder nichts. Von Rock ist das meilenweit entfernt, eher könnte man die Chose als Power-Pomp-Pseudoklassik-Musical bezeichnen. Durch die gruseligen cremigen Gesänge und den permanent überbordenden klassischen Puderzucker ist das Opus nahezu unhörbar. Was waren das für Zeiten: "Dark Light / There Is No Light / In The Realm Of The Black Magic Man..." Wem Nightwish zu hart sind, der kann ja mal reinhören.

 

ME -  www.sounds2move.de / 29.09.2008