Üebermutter "Unheil!" / VÖ 04.04.2008
Üebermutter, das ist vor allem Luci van Org, die 1994 mit bzw. als Lucilectric und dem Song "Mädchen" einen
deutschlandweiten Hit landen konnte,
und die sich nun musikalisch eindrucksvoll zurückmeldet.
Man mag es wohl als Jugendsünde meinerseits abtun, aber ich habe damals als "Mädchen" die Charts
gestürmt hat, den Songs noch so gerne mitgesummt. Daher war ich auch umso gespannter als ich vernahm, dass sich Luci van Org mit
Üebermutter wieder auf breiter Ebene zurückmeldet, vor allem da mir ihr anderes Betätigungsfeld, das Haus von Luci,
musikalisch nicht wirklich liegt. Und siehe da: Üebermutter entpuppt sich als eine gleichermaßen intelligente, inhaltlich
doppelbödige und
musikalisch angenehm zu konsumierende Angelegenheit, an der sich aber auch die Geister scheiden werden. Denn
Üebermutter ist prinzipiell
nicht weniger als eine postfeministische Metal-Band, die sich musikalisch nicht nur auf den Pfaden von Rammstein bewegt, sondern das
Rammstein-Konzept der zelebrierten übertriebenen Männlichkeit ins Gegenteil verwandelt. Soll heißen, dass sich bei
Üebermutter inhaltlich
alles um die Rolle der Frau dreht, eine Art von augenzwinkerndem und bissigem Feminismus propagiert wird, den man zwar nicht bierernst
nehmen sollte, hinter dem aber dennoch eine Botschaft steckt, die durchaus auch zum nachdenken anregen soll. Ganz dem Rammstein-Stil
verpflichtet präsentiert sich die Musik dabei durchwegs Pathos- und Riff-geschwängert, während zusätzlich auch auf eine nicht
zu unterschätzende Eingängigkeit, sowohl inhaltlich wie auch musikalisch, geachtet wird. Der Gesang von Luci van Org erinnert dabei
mehr als nur einmal an Nina Hagen und so würde der unwissende Musikhörer gar nicht vermuten, dass sich hinter dieser Stimme die selbe Frau
verbirgt, die auch "Mädchen" intoniert hat. Dabei denkt Luci van Org nicht im
geringsten daran sich von ihrer musikalischen Vergangenheit
abzuwenden, sondern sie schlägt mit dem Song "Mädchen TeilZwo" gar einen Brückenschlag zu ihrem Hit von anno 1994, auch wenn "Mädchen TeilZwo"
- ganz dem Üebermutter-Konzept verpflichtet - sich entsprechend düster und bitterböse präsentiert. Die andern Songs stehen dem im Übrigen in
nichts nach, wobei vor allem das treibende "Heim und Herd" (schaut euch auf YouTube den Clip dazu an, es lohnt sich!), das wunderbar
zynische "Am Anfang war das Weib", das gefühlvolle "Wein` mir ein Meer", das theatralische "Liebe ist Schmerz", das zweideutige "Krieg!"
oder auch das stampfende "Unheil" es mir persönlich sehr angetan haben.
"Unheil!" ist für mich eines der momentan interessantesten Alben auf dem Markt, da dieses Werk sehr
viel Platz für persönliche Interpretationen lässt. Ob man das Konzept hinter
Üebermutter nun ernst nimmt oder nicht, dass sei hierbei
jedem selber überlassen. Auf alle Fälle sollte man aber nicht den Fehler begehen und
Üebermutter unterschätzen, da hinter dieser Band genug musikalische Power
steckt, um den unbedarften Hörer wie ein Panzer zu überrollen.
Nando
Rohner – www.sounds2move.de /
27.03.2008