Trivium "Vengeance Falls" / VÖ 11.10.2013
Man
könnte sagen, dass Trivium seit einigen Jahren ein gewisses
"Problem" haben. Sie haben eine beachtliche, sehr respektable
Popularität erlangt und zugleich die Messlatte für die
eigenen zukünftigen Alben enorm hoch gelegt. Die Frage, die man
sich stellen konnte war also: Wie viel höher kann es für die
Jungs aus Orlando noch gehen? Für "Vengeance Falls" hat man sich
jetzt die Dienste von Dave Draiman gesichert, bekannt vor allem als
Frontmann von Disturbed, diesmal allerdings der Mann hinter den
Reglern. Diese Wahl machte mich persönlich zu Beginn zumindest ein
wenig skeptisch, denn Disturbed stagnierten bereits seit Jahren,
standen zumeist für lustlose Shows, und bei allem Respekt war die
letzte Scheibe vor der langen Pause bzw. Auflösung auch eher
ernüchternd. Draimans neue Spielwiese Device konnte auch nur
bedingt für strahlenden Optimismus sorgen, war deren Debüt
zwar namentlich hochwertig besetzt und insgesamt sicher nicht schlecht,
der ganze große Wurf sieht jedoch anders aus, sodass wir "nur"
von gehobenem Mittelmaß sprechen dürfen. Und dieser Mann
soll die bereits mächtigen Trivium auf die nächste Stufe
heben können?!
Wie sich herausstellte: Er kann. So dürfte er wenigstens einen
gewissen Anteil daran haben, dass "Vengeance Falls" ein Album geworden
ist, das sich endgültig komplett in den Dienst guter Songs stellt,
die sich überwiegend im funktionalen Format um die viereinhalb
Minuten bewegen. Die Hitdichte kann mit "Shogun" mithalten, bloß
wurden die Stücke diesmal etwas mehr gestrafft. Abgesehen davon
ist alles vorhanden, was Trivium zu einer der besten modernen
Metalbands unserer Zeit macht. Da ist die maskuline Aura von Metallica,
die Maiden'sche Harmonielehre, die Rassigkeit skandinavischer Melo
Death-Riffs und eine nicht zu überhörende Liebe zum Thrash,
alles vereint zu einem großen Ganzen, dessen Sog man sich nur
schwer entziehen kann. Schon bemerkenswert, dass das hier die gleiche
Band ist, die für ihr drittes Album "The Crusade" noch vielerorts
Kritik einstecken musste, da man vermeintlich etwas zu sehr nach den
eigenen Vorbildern klang. Diese Angriffsfläche wurde Kritikern
schon mit dem folgenden Band-Klassiker "Shogun" komplett genommen, "In
Waves" brachte eine eigenständige Optik und noch etwas mehr
Härte mit (bei minimalem Verlust der immer noch enormen
Eingängigkeit), und so gipfelt die Suche nach dem ultimativen
Trivium-Album jetzt also in "Vengeance Falls". Zum Thema "alles
für einen guten Song" passt auch, dass sich besonders das
Gitarren-Duo Heafy/Beaulieu noch mehr in den Dienst der Sache stellt
und auf eventuell den Fluss des Songs störende Fingerübungen
im Zweifelsfall lieber verzichtet. Doch alles halb so wild, denn
für das eine oder andere geile Solo ist trotzdem noch Zeit, und
außerdem punktet das 6. Album dafür mit derart fantastischen
Gesangslinien, dass man bildlich vor Augen hat, wie sich die Konkurrenz
vor Ehrfurcht in den Staub wirft. So zockt sich das sympathische
Quartett arsch-tight von einem Höhepunkt zum nächsten,
platziert in schöner Regelmäßigkeit erhabene Momente,
fette Moshparts und infektiöse Melodien und versucht sich ganz zum
Schluss sogar an einer vermeintlichen Gänsehautballade ("Wake"),
die sich mit voranschreitender Spieldauer dann doch als
garstig-metallisches Biest entpuppt. Anspieltipps? Jede verdammte Note!
Markus Rutten - www.sounds2move.de