Trivium "Silence in the Snow" / VÖ 02.10.2015

 

 

 

Neues aus der Kategorie "Leck mich doch am Arsch!": Trivium haben ein neues Album am Start, mit dem sie ihrer ohnehin schon durchaus beeindruckenden Vita einen echten Meilenstein hinzufügen. Dass der Florida-Vierer zu einer solchen Scheibe im Stande ist, dürfte kaum jemanden überraschen, der den Weg der Band seit ihrem ersten großen Ausrufezeichen "Ascendancy" mitverfolgt hat. Und doch ist "Silence in the Snow" eine dieser Scheiben geworden, bei denen man sich als zur Objektivität angehaltener Schreiberling auch mal hemmungslos dem Fanboytum hingeben darf. Ein Loblied.

 

Die letzten drei Trivium-Alben waren gespickt mit sensationellen Metal-Hymnen, atemberaubender Gitarrenarbeit und einem Händchen für Hits, wie es nur sehr wenige Bands in einer derartigen Selbstverständlichkeit vorzuweisen haben. Somit schaffte man es nicht zu Unrecht vor wenigen Monaten zum Status eines Headliners auf dem Summer Breeze Open Air und legte dabei einen mittelstarken Triumphzug aufs Parkett. Dieser Auftritt war genau die richtige Einstimmung auf die siebte Studioplatte, die es einem verdammt leicht macht ihr hoffnungslos zu verfallen. Großen Anteil daran hat der Umstand, dass Trivium ihre Songs von jedem erdenklichen Ballast befreit haben, man hat die einzelnen Songs gewissermaßen bis auf die Knochen abgenagt. Entsprechend knackig gestalten sich die zehn neuen Songs (plus Intro "Snofall", das übrigens aus der Feder von Black Metal-Legende Ihsahn stammt), von denen keiner die Fünfeinhalbminutenmarke überschreitet. Am wohlsten fühlt man sich diesmal zwischen dreieinhalb und viereinhalb Minuten, was auch zu Folge hat, dass man sich jedes Stück grundsätzlich auch als Auskopplung vorstellen könnte. So ist es "Blind leading the Blind" bereits ergangen, das den Hörer im schönen Galopp augenblicklich mitnimmt und dank fettem Power-Chord einen mächtigen Chorus zu bieten hat, den man schon beim ersten Durchgang direkt vor der heimischen Anlange mitschmettern möchte. So ergeht es einem im Verlauf des Albums in schöner Regelmäßigkeit: Mal schickt die Gitarre eine unwiderstehliche Melodie ins Rennen ("Rise above the Tides"), mal doppelt man Maiden'esk die Leads ("Pull me from the Void") oder man wählt einen komplett anderen Weg und pirscht sich langsam und beschwörend an den Höhepunkt heran. Der ist ein ums andere mal natürlich der überragend inszenierte Chorus, was sogar dann noch zu begeistern weiß, wenn die eigentliche Songstruktur unüberhörbar geläufigen Schemata folgt ("The Thing that's killing me"). Mangelnde Risikobereitschaft kann man Trivium dennoch nicht vorwerfen, denn der Suche nach dem ultimativen Song haben sie auch eine ihrer Paradedisziplinen zumindest teilweise geopfert. So wurden die irren Gitarren-Battles zwischen Corey Beaulieu und Frontmann Matt Heafy auf ein ziemliches Minimum reduziert, was den Eindruck verfestigt, dass man persönliche Eitelkeiten konsequent dem Gesamtergebnis untergeordnet hat. Nicht dass die beiden zuvor aufgeblasene Egos durch die Gegend getragen hätten und dem Soli-Wahn verfallen wären, aber sichtlich Spaß an ihren atemberaubenden Fähigkeiten am Griffbrett hatten neben den Musikern selbst auch nicht wenige Fans. Weniger filigran klingen Trivium dadurch dennoch nicht, denn zum einen liefert Drum-Neuzugang Mat Madiro eine tadellose Leistung ab, zum anderen hat auch Matt Heafy noch mal einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht und muss nun endgültig zur absoluten Referenzklasse der jungen Metal-Vokalisten gezählt werden. Allein in Sachen Gesangstechnik und Vielseitigkeit hat der passionierte Food-Blogger sich in den letzten Jahren ein Repertoire draufgeschafft, vor dem man einfach nur den Hut ziehen kann. Egal ob rau und krächzend ("Dead and gone") oder im auf und ab der Skalen ("Silence in the Snow"): Die Sicherheit mit der sich Heafy inzwischen bewegt ist beeindruckend und das Ergebnis harter Arbeit und eiserner Disziplin. Inzwischen ist der Mann sogar so gut, dass man in der Bridge von "The Ghost that's hunting you" auch schon mal gleich zwei seiner Gesangslinien konträr übereinander legen kann und das Ergebnis immer noch spannend klingt. Gefühlvoll kann es der Mann mit den asiatischen Wurzeln übrigens auch, nachzuhören in "Until the World goes cold", wo er, aber auch der Rest der Band, eine Leistung abliefert, die man zu Zeiten des ebenfalls balladesk angehauchten und sehr gefälligen Klassikers "Dying in your Arms" nur erahnen konnte.

 

Wenn man überhaupt irgendwo Punkte abziehen will, dann beim Artwork, das zwar zum Gesamtkonzept passt, aber trotzdem nicht der Reißer ist und zu einem Booklet gehört, das auf jegliche Texte verzichtet und stattdessen eine reine Sammlung von Fotografien rund um das optische Konzept von "Silence in the Snow" darstellt. Das ist zwar etwas ärgerlich, den Fans aber bereits von Alben wie "Shogun" bekannt und in Zeiten des Informationsüberflusses im Internet auch kein all zu großes Problem. Eine viel größere Schwierigkeit könnte es hingegen für Trivium werden, diesem Album noch mal eins drauf zu setzten. Ich glaube aber, dass ich das schon seit Jahren zu so ziemlich jeder neuen Scheibe der Jungs gesagt habe. Daher halte ich jetzt einfach mal meine Schnauze und lasse euch mit diesem Wahnsinnsscheibchen allein. Ja, es ist Liebe!

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de