Tremonti „All I was“ / VÖ 20.07.2012
Und
plötzlich ging alles ganz schnell: Dass Mark Tremonti schon länger an
einem Soloalbum arbeitet, war hinlänglich bekannt. Auch die Tatsache,
dass dieses durch die aktuelle Alter Bridge-Pause in die heiße Phase
gehen würde, war keine Überraschung. Plötzlich standen dann auch Titel
und VÖ fest, selbiger wurde ich Deutschland keine zwei Tage nach
Bekanntwerden sogar noch mal eben um einen satten Monat nach vorn
gezogen. Tremonti hat es offenbar eilig. Das
trifft auf das Songwiriting zu „All I was“ glücklicherweise nicht zu,
denn das Album des platindekorierten Gitarristen ist in keiner Weise
ein überhasteter Schnellschuss. Der Song steht stets im Vordergrund,
wobei alles andere bei dem bescheidenen Ami auch eine ziemliche
Überraschung gewesen wäre. Jedenfalls will unser Held mit diesem Album
– der Titel verrät es im Grunde schon – primär zeigen wo er her kommt,
wo die eigenen Einflüssen liegen und darüber hinaus auch Ideen
verarbeiten, die zwar gut, aber für seine beiden Hauptbands Alter
Bridge und Creed unpassend sind. Dieses Vorhaben gelingt, man höre sich
nur mal an wie das Schlagzeug bei „Wish you well“ mit ordentlich Dampf
durch die Gassen schrotet. Auf der anderen Seite stellt man aber auch
fest, dass Tremonti einfach nicht aus seiner Haut kann: So sind ihm all
zu ausufernde Schwanzvergleiche an seinem Instrument ebenso zu wider
wie Songs, die einzig dem Selbstzweck dienen, die aber nicht so recht
zu greifen sind. Folglich bewegen sich alle Stücke zwischen knapp über
3 und knapp unter 5 Minuten, die Soli sind kurz und knackig und
generell scheint Understatement einer der Dreh- und Angelpunkte von
„All I was“ zu sein. Wie sehr Tremonti bei seinen beiden etatmäßigen
Kapellen bereits seinem musikalischen Herzen folgt, lässt sich
ebenfalls auf seinem Solodebüt zwischen den Zeilen herauslesen. Wie
sonst ist es zu erklären, dass sich „The Things I’ve seen“, „Giving Up“
oder aber „It doesn’t matter“ auch im Hitarsenal der Brötchengeber gut
gemacht hätten? Gleiches gilt für die Halbballade „New way out“, die
absolut das Zeug dazu hat ein wenig Niveau ins schnöde Radio zu
bringen. Wo
wir eben so schön beim Understatement waren: Auf „All I was“ übernimmt
Mark Tremonti auch den kompletten Gesang selbst und macht dabei eine
überaus gute Figur. Warum er nicht schon früher ans Mikrofon getreten
ist? Vermutlich weil er stets andere hochbegabte Frontmänner in seinen
Bands hatte, denen er nur zu gern den Platz im Rampenlicht überlässt.
Tremonti ist diesbezüglich eher zurückhaltend, was zwischen vielen
aufgeblasenen Egos im Musikgeschäft gleichermaßen sympathisch wie
erfrischend ist. Mit dieser Scheibe wird er hoffentlich über seinen
Schatten springen und sich auch mal selbst ins grelle Scheinwerferlicht
stellen. Würde man „All I was“ nämlich nicht auch live auf die Bühne
bringen, wäre das eine ziemliche Verschwendung, ist das Album doch viel
zu gut, um nur allein zu Hause genossen zu werden. Markus Rutten
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