Transsylvanians „Fél és Egész“ / VÖ  12.01.2007

 

 

Ungewöhnliche Kost jenseits der ausgetretenen musikalischen Pfade wird uns von den  Transsylvanians aus Berlin geboten. Mit „Fél és Egész“ (dt. „halb und ganz“) liefert die deutsch-ungarische Gruppe um Teufelsgeiger András Tiborcz ihr bereits fünftes Studio-Album ab, und dieses gleich als Doppel-CD.

 

Der Sound der Transsylvanians wird hauptsächlich von drei hervorstechenden Elementen geprägt: dem virtuosen Geigenspiel von András Tiborcz, dem markanten, fast ausschließlich auf ungarisch vorgetragenen Gesang von Isabel Nagy und die für das Retro-Rock-Feeling sorgende Orgel von Andreas Hirche. Ungarische Folklore und Rock in all seinen Facetten bilden die Basis der Musik. Oftmals liegen den Songs alte überlieferte (etwa Béla Bartók) oder modernere Vorlagen zu Grunde. Auch textlich orientiert man sich zumeist an ausgewählten literarischen Werken. Vor allem ungarische Dichter aus dem 19. Jahrhundert dienten der inhaltlichen Inspiration. Auf CD 1 präsentiert die fünfköpfige Band ihre rockige, „modernere“ Seite und beweist ihre enorme musikalische Vielschichtigkeit. Alleine der Opener "Három arany" konfrontiert den Hörer zunächst mit sehr funkigen Klängen, um dann in den bandtypischen Folk´n´Roll überzugehen und als flotte Ska-Nummer auszuklingen – und dies alles in nicht einmal zwei Minuten! Weitere Highlights sind das eingängige „Hidegen“, die ein sehr authentisches 70er-Jahre-Gefühl verbreitende Jimi-Hendrix-Coverversion „Fire“ und "István és Koppány", die fast 20-minütige, an eine ungarische Rockoper angelehnte epische Vertonung der Krönung König Istvans, dem ersten christlichen Herrscher Ungarns. CD 2 wirkt als Ganzes wesentlich homogener, und es geht deutlich ruhiger und traditioneller zur Sache. Von ein paar rumänischen Volkstänzen („Román táncok") abgesehen, regieren hier ruhige, traurige Folk-Balladen über Liebeskummer, Heimatliebe und die ungarische Natur. Der Höhepunkt der Schwermut ist mit dem in gleich in zwei Versionen vertretenen "Szomorú vasarnap“ („Gloomy Sunday“) erreicht. In dem Text von 1932 geht es um einen Mann, der nach dem Tod seiner großen Liebe des Lebens überdrüssig ist. Das Lied wurde seinerzeit mit vielen Selbstmorden in Verbindung gebracht, worauf die BBC über ein Aufführungs- und Ausstrahlungsverbot nachdachte. In der Umsetzung der Transsylvanians hat das Stück nichts von seiner bedrückenden Atmosphäre eingebüßt.

 

Fazit: „Fél és Egész“ bietet einige außergewöhnliche Hörerfahrungen. Alleine der ungarische Gesang (hätte man mir gesagt, es wäre japanisch, ich hätte es auch geglaubt) sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert. Für Freunde nicht alltäglicher Klänge mit Hang zu Folk- und traditioneller Rock-Musik lohnt es sich auf jeden Fall, sich mit dem neuen Werk der Transsylvanians, die sich auch als sehr gute Live-Band einen Namen gemacht haben, auseinander zu setzen.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de / 11.01.2007