Todtgelichter “Rooms“ / VÖ 26. 02.2016

 

 

Todtgelichter waren schon immer etwas anders als andere Black Metal Bands. Nicht zuletzt durch ihr Bühnen-Outfit, das frei nach Roy Black „ganz in Weiß“ gehalten ist und mit dem man mancherorts nicht nur auf Gegenliebe im Publikum gestoßen ist (bei meinem ersten Kontakt mit der Band auf dem Ragnarök Festival 2011 wurden sie mit Bierbechern beworfen). O.K. mit Black Metal im eigentlichen Sinne haben die Hamburger schon eine ganze Weile nichts mehr zu tun. Nach den eher klassisch ausgerichteten Scheiben „Was bleibt...“ (2005) und „Schemen“ (2007) folgte bereits 2010 mit „Angst“ eine erhebliche Kurskorrektur in Richtung Avantgarde Black Metal. Seitdem kommt auch Sängerin Marta eine tragende Rolle im Sound der Hanseaten zu. Der Nachfolger „Apnoe“ (2013) schraubte dann die Aggressivität nochmals deutlich zurück und war mir insgesamt deutlich zu seicht (wurde aber durch den absoluten Ohrwurm „Tiefer Fall“ gerettet). Nach weiteren drei Jahren liegt mit „Rooms“ also der fünfte Longplayer der Todtgelichter vor. Wieder mal hat sich das Bandkarussell gedreht. Neben den Gründungsmitgliedern Tentakel P. (Drums) und Frederic (Gitarre) sowie Marta sind nun Floris (Gitarre), Guntram (Bass) und Frieder (Keyboard, Orgel) mit an Bord. Auf einen männlichen Leadsänger hat man diesmal verzichtet. Bereits der achtminütige Opener „Ghost“ macht deutlich, dass man das Konzept der letzten beiden Alben weiterführt. Verspielte Arrangements irgendwo zwischen Metal und Art Rock, melodische Gitarren, leichte Härten und Martas Gesang, der zwischen ihrer eindringlichen Klarstimme und Gekeife wechselt. Erstes Highlight ist dann der Achteinhalbminüter „Schrein“ bei dem endlich wieder ein paar Black Metal Ausbrüche in Erscheinung treten und der mit seiner Botschaft “Jedes Bewusstsein erzeugt eine Realität“ in Erinnerung bleibt. „Lost“ ist ein fast vierminütiges Orgelintermezzo, das gegen Ende ins Sphärische abgleitet. Sehr relaxt beginnt dann „Shinigami“, bevor es auch hier kleinere brutale Eruptionen gibt. Im Mittelteil folgen noch ein paar schöne (Gitarren)Melodien, bevor gegen Ende wieder mehr Aggression ins Spiel kommt. „Necromant“ klingt im Anschluss fast schon nach Trip Hop, ist aber auch eher ein gut dreiminütiges Zwischenspiel, das mit vielen Experimenten (z. B. Glockengeläut) aufwartet. Bei „Zuflucht“ ist dann doch männlicher Leadgesang zu hören, eine schöne Nummer zwischen Punkrock und Avantgarde Metal mit vielen Stimmungswechseln, einem langen Orgel-Outro und der einprägsamen Textzeile „Wenn du gestorben bist, bist du allein“. „4JK“ geht in der Folge insgesamt wieder schneller und aggressiver zur Sache ohne aber echte BM-Ausbrüche zu bieten. Sängerin Marta zeigt sich hier vielschichtig wie nie und probiert sich auch an „richtigem“ Gesang. „Origin“ versprüht mit seiner dominanten Orgel jede Menge 70th-Feeling. Gegen Ende geht es hier wieder sehr brachial zur Sache (allerdings nur kurz). „Pacific“ ist dann erneut sehr sphärisch und wohl eher ein Outro als ein klassischer Song.

 

Auch wenn diesmal ein echter Ohrwurm wie „Tiefer Fall“ fehlt, gefällt mir „Rooms“ deutlich besser als sein Vorgänger. Das liegt zum einen an der wiedergewonnenen Härte, zum anderen an den noch ausgereifteren Songstrukturen. Zudem kann sich Marta als alleinige Frontfrau mehr ausleben. Ihre Stimme ist sicher eines der herausragenden Alleinstellungsmerkmale der Band. Fans, die die Entwicklung der Todtgelichter mitgetragen haben, können bei „Rooms“ bedenkenlos zugreifen. Auch andere aufgeschlossene Hörer machen mit diesem Stück intelligenter Musik nichts falsch.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de